Der moderne Fuhrpark

Die Deutschen lieben Dienstwagen, rund jede fünfte Neuzulassung ist ein Firmenwagen. Warum ist das eigentlich so?
Der moderne Fuhrpark
Illustration: Friederike Olsson
Interview: Klaus Lüber Redaktion

Wie steht es beim Thema alternative Antriebe? Und welche Bedeutung hat der Trend zu immer mehr IT im Fahrzeug für Fuhrparkmanager? Ein Gespräch mit dem Automobilexperten Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer. 

 

Herr Dudenhöffer, es heißt, die Deutschen wären ein Volk der Dienstwagenfahrer. Können Sie das bestätigen?

 

Zumindest was die Zahlen der Zulassungen angeht, stimmt das sicherlich. Ungefähr jedes fünfte Fahrzeug in Deutschland ist ein Firmenwagen. Wir sprechen hier von 650.000 Neuzulassungen im Jahr.

 

Woran liegt das?

 

Für deutsche Arbeitnehmer ist und bleibt der Firmenwagen eines der beliebtesten Incentives. Das Auto ist immer noch ein beliebtes Statussymbol. Man darf sich von der immer wieder geäußerten These nicht täuschen lassen, wonach das Auto als Statussymbol gegenüber anderen Produkten, zum Beispiel teuren Smartphones, ins Hintertreffen gerät. Besonders im Geschäftsbereich hat ein teurer Dienstwagen immer noch eine große Strahlkraft, auf die die wenigsten verzichten wollen.

 

Meinen Sie mit Incentives auch die Möglichkeit, Mitarbeiter quasi mit einem Dienstwagen auszuzahlen?

 

Natürlich, das ist ja schon seit Jahren eine gängige Praxis. Statt einer Lohnerhöhung bietet man Führungskräften ein Fahrzeug an, das sie auch privat nutzen können. Möglich wird dies durch die hohen Steuererlässe, mit denen der Staat Dienstwagen subventioniert. In Deutschland können Arbeitnehmer die private Nutzung von Firmenwagen als geldwerten Vorteil versteuern.

 

Mit welcher Antriebstechnologie haben wir es denn bei Firmenwagen zu tun?

 

Zum allergrößten Teil mit Dieselmotoren. Aktuell tanken 80 Prozent der deutschen Firmenwagen Diesel. Und das ist ja auch kein Wunder. Gerade für Fahrzeuge, die stark beansprucht werden und viele Kilometer leisten, sind Dieselfahrzeuge aufgrund des geringeren Verbrauchs und der niedrigeren Kraftstoffpreise im Augenblick konkurrenzlos.

 

Daran wird auch der VW-Skandal nichts ändern?

 

Nein. Die Tatsache, dass VW vorsätzlich Gesetze bricht, heißt ja noch lange nicht, dass Diesel per se ein schlechter Kraftstoff ist. Es gibt technische Herausforderungen bei der Emissionsbegrenzung, das stimmt. Es ist bei Dieselmotoren relativ anspruchsvoll, schädliche Stickoxide aus den Abgasen zu filtern. Bei Benzinern übernimmt das der Drei-Wege-Katalysator. Doch diese Möglichkeit gibt es beim Diesel wegen des höheren Luftanteils nicht. Dazu kommt, dass Turbodieselmotoren prinzipiell wesentlich mehr Stickoxide erzeugen als Ottomotoren, weil sie mit höheren Verbrennungstemperaturen arbeiten.

 

Wie versucht man, dieses Problem in den Griff zu bekommen?

 

Vor allem, indem man die Fahrzeuge mit sogenannten SCR-Katalysatoren ausstattet, die den Anteil der Stickoxide im Abgas reduzieren. Hierzu wird eine spezielle Harnstofflösung, auch als AdBlue bezeichnet, in den Abgasstrang eingespritzt. Das dabei entstehende Ammoniak bindet dann die Stickoxide. Obwohl sie relativ kostenintensiv ist, wird diese Technologie bereits von vielen Herstellern eingesetzt. Nur bei VW wollte man scheinbar sparen und hatte nach anderen Möglichkeiten gesucht, die Grenzwerte zumindest bei den offiziellen Tests einzuhalten.

 

Wir haben noch gar nicht von alternativen Technologien gesprochen. Inwiefern spielen denn Elektro- und Hybridantriebe schon eine Rolle bei den Firmenflotten?

 

Im Augenblick noch so gut wie keine, das muss man leider so hart sagen. Erst rund ein Prozent der Firmenwagen fallen in die Kategorie alternative Antriebe. Obwohl es natürlich wünschenswert wäre, diesen Anteil zu erhöhen. Grundsätzlich ist es für Unternehmen ja möglich, zu einem ökonomisch und ökologisch optimalen Mix aus konventionellen Antrieben, Plug-in-Hybriden und batterieelektrischen Fahrzeugen in den Fuhrparks zu kommen. Aber die Rahmenbedingungen sind dafür einfach noch nicht gegeben.

 

Was meinen Sie konkret?

 

Zunächst sind die Fahrzeuge für Firmenflotten noch viel zu teuer. Die größte Auswahl finden sie im Augenblick unter den sogenannten Plug-in-Hybriden, also Fahrzeugen, die rund 30 Kilometer rein elektrisch fahren, bevor der Verbrennungsmotor einsetzt. Doch diese Modelle sind 10-15.000 Euro teurer als ein vergleichbares Dieselfahrzeug. Das ist für Firmenfuhrparks, die in der Regel sehr kostensensibel agieren, im Augenblick noch überhaupt keine Option.

 

Zumindest das Reichweitenproblem hat man mit Plug-in-Hybriden ja nicht.

 

Richtig. Aber genau das ist für die Förderung rein elektrischer Antriebe – und da will man ja letztlich hin – wiederum ziemlich ungünstig. Denn solange Hybride im Einsatz sind, besteht nicht wirklich ein Grund, die Ladeinfrastruktur weiter auszubauen. Trotz aller politischer Rhetorik hat sich hier in den letzten Jahren nur sehr wenig getan. Deshalb wären auch reine Elektroautos, neben dem ebenfalls höheren Anschaffungspreis, im Augenblick keine wirklich brauchbare Option für Firmen. Ändern würde sich das nur dann, wenn man eine Infrastruktur mit Schnellladestationen zur Verfügung hätte. In 15 bis 20 Minuten muss die Batterie wieder aufgeladen sein. Doch davon sind wir im Augenblick noch weit entfernt.

 

Warum eigentlich? Ist nicht die Politik und die Industrie bereit, Elektromobilität zu fördern? VDA Präsident Wissmann jedenfalls geht davon aus, dass der Kauf von Elektroautos für Firmenflotten ab Januar 2016 stark gefördert wird.

 

Herr Wissmann fordert eine Sonderabschreibung von 50 Prozent. Das heißt, Sie können ein Elektroauto innerhalb von zwei Jahren abschreiben. Danach stehen diese für den Gebrauchtwarenmarkt zur Verfügung. Da aber, wie schon gesagt, im Augenblick vor allem Plug-in-Hybride gekauft werden, fließt das Geld wieder nicht dahin, wo man es eigentlich mit am dringendsten bräuchte: In den Aufbau einer Ladeinfrastruktur.

 

Hätten Sie denn einen besseren Vorschlag?

 

Wir haben das mal durchgerechnet. Wenn sämtliche Autobesitzer drei Jahre lang einen Cent pro getanktem Liter Kraftstoff als Zusatzsteuer zahlen würden, das wären rund 12 Euro pro Auto und Jahr, hätten man am Ende rund 2 Milliarden Euro zur Verfügung. Davon könnten die 60 größten deutschen Städte kostenlos Ladesäulen plus drei Jahre Wartung erhalten. Zusätzlich wäre es möglich, eine Kaufprämie von 4000 Euro pro Elektroauto zu finanzieren.

 

Auch wenn alternative Antriebstechnologien leider im Augenblick noch keine große Rolle für Fuhrparks spielen – die Fahrzeuge entwickeln sich ja auch in anderer Hinsicht weiter. Wie wichtig ist zum Beispiel das Thema Connected Cars für Fuhrparks?

 

Das ist nun tatsächlich etwas, wofür Firmen bereit sind, Geld in die Hand zu nehmen. Automatisiertes oder teilautomatisiertes Fahren – darum geht es ja im Kern, wenn man von einem vernetzten Fahrzeug spricht – ist deshalb so interessant für Unternehmen, weil es einen wichtigen Beitrag zur Schadensbegrenzung leistet. Man darf ja nicht vergessen: Bei einem Unfall im Dienstwagen geht es ja nicht nur um materielle Schäden, sondern um das Risiko, dass der Mitarbeiter sich verletzt und danach lange im Betrieb ausfällt. Insofern ist das Interesse groß, dieses Risiko durch Assistenzsysteme so klein wie möglich zu halten.

 

Wie beurteilen Sie den Einsatz von Carsharing-Systemen als Alternative zum klassischen Fuhrpark?

 

Das kann für Firmen durchaus heute schon interessant sein. Allerdings weniger für persönlich zugeordnete Fahrzeuge. Wenn alle Mitarbeiter am Morgen zur selben Zeit zur Arbeit und abends zur selben Zeit nach Hause fahren und die Autos zudem noch privat über das Wochenende nutzen, wird das mit Carsharing schwierig. Aber für sogenannte Funktionsfahrzeuge, die beispielsweise zu Transportzwecken eingesetzt werden, kann ein Sharing-Modell durchaus sinnvoll sein.

 

Ein weiterer Trend, der aktuell immer wieder genannt wird, ist das zunehmende Outsourcing des Fuhrparkmanagements.

 

Das ist eine Entwicklung, die wir schon seit den letzten 20 Jahren beobachten. Sie finden heute eigentlich kaum mehr eine Firma, die ihren Fuhrpark eigenständig betreut – vorausgesetzt, es handelt sich um echtes Fuhrparkmanagement. Davon würde ich aber erst bei einer Flotte von mindestens 20 Fahrzeugen sprechen. Erreichen Firmen diese Grenze, ist der erste Schritt, über Leasing-Modelle nachzudenken. Der zweite Schritt ist dann meist, sämtliche Fahrzeuge mit einer Tankkarte und weiteren Services, wie etwa Reifenservice, auszustatten. Bei größeren Unternehmen sind die meisten Fahrzeuge mittlerweile im sogenannten Full-Service. Das geht von Schaden- und Versicherungsmanagement bis hin zu Führerscheinkontrollen und Fahrertraining.

 

Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer; ist Leiter des Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen.

 

Foto: Uni Duisburg-Essen

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