Datenschutz, Schnelligkeit und Flexibilität

...sind die entscheidenden Merkmale bei der Digitalisierung der Medizin. Die Krebsforschung setzt auf den „Quantencomputer – der nächste Sprung.“
Illustration: Maria Corbi
Illustration: Maria Corbi
Mirko Heinemann Redaktion

Wohl kaum ein Thema elektrisiert in der schnellen Welt der Digitalisierung mehr als der Quantencomputer. Er arbeitet nach einem völlig anderen Prinzip als herkömmliche Rechner. Seine Prozesse laufen nicht elektrisch ab, sondern auf Basis quantenmechanischer Zustände. Hierbei werden Prinzipien wie die Überlagerung in der Quantenmechanik und die ortsungebundene Beziehung von kleinsten Teilchen, die Quantenverschränkung, genutzt. Bestimmte Berechnungen können ungleich schneller ablaufen als bisher. Vor allem die Suche in Datenbanken soll der Quantencomputer deutlich effizienter vornehmen.

Im Juni hat die Fraunhofer-Gesellschaft in Ehingen bei Stuttgart den ersten Quantencomputer Deutschlands in Betrieb genommen: „Quantum System One“ von IBM ist mit 27 Qubits das derzeit leistungsstärkste System in Europa. Nun soll es unter anderem der Verbesserung der Krebstherapie dienen. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) möchte den Quantenrechner nutzen, um künftig individuell wirksame Therapiemethoden gegen Krebs zu entwickeln. „Die übergeordnete Frage lautet: Wie kann welcher Patientvon welcher Therapie profitieren?“, sagt Dr. Niels Halama, Abteilungsleiter Translationale Immuntherapie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und Oberarzt am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen.

Bis zu 100 Terabyte an individuellen, meist sehr heterogenen Daten fallen bei Krebspatienten oft im Laufe ihrer Krankheitsgeschichte an: Blut- und Tumorwerte, persönliche Indikatoren, Sequenzier- und Therapiedaten und vieles mehr. Bislang können diese Informationen in ihrer Fülle aus Mangel an geeigneten Verarbeitungsmechanismen kaum effizient genutzt werden. So bleiben vielversprechende personalisierte Therapieansätze bei vielen Krebserkrankungen Theorie, die Patienten erhalten Standardbehandlungen. Nun will das DKFZ ergründen, wie man mit einem Quantencomputer solche heterogenen Daten systematisch aufbereiten und nutzen kann, um damit neue, gezieltere Wege zu finden für Patienten, bei denen Immuntherapien weniger wirksam sind.

Die Schnelligkeit von Berechnungen, die Quantencomputing in Zukunft herkömmlichem Computing überlegen machen könnte, ist ein wichtiges Kriterium, denn bei Krebspatienten zählt jeder Tag. Schnelle Entscheidungen sind gefragt. Da Quantenprozessoren Daten parallel statt hintereinander verarbeiten können, haben sie das Potenzial, auch große Datenmengen in einem Bruchteil der Zeit zu analysieren, die normale Computer brauchen. Nun geht es darum, herauszufinden, welche Algorithmen sich zur Informationsverarbeitung eignen, wie sie angepasst oder gegebenenfalls neu entwickelt, aber auch wie etwa Fehlerkorrekturen noch optimiert werden können.

Einen hohen Stellenwert haben drei Dinge: Datenschutz, Schnelligkeit und Flexibilität. Ein großer Pluspunkt sei, dass der Ehinger Quantencomputer unter deutschem Datenschutzrecht läuft und die Daten lokal vor Ort bleiben, erklärte Dr. Niels Halama. Die mathematischen Grundlagen hat das Team des DKFZ bereits erarbeitet und erste Erfahrungen schon an anderen weltweit verfügbaren Systemen und an Simulatoren gesammelt. Noch arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler allerdings mit Testdaten.

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