Drei Fachgesellschaften, ein Verbund: Ärzte, die sich über aktuelle Erkenntnisse in der Herz-Kreislauf-Forschung informieren wollen, können seit 2012 auf eine zentrale Publikation zurückgreifen. Seitdem gibt die Deutsche Herzstiftung jedes Jahr den Deutschen Herzbericht heraus. Er vereint die gesammelten Erkenntnisse aus den Fachbereichen Kardiologie, Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie und Pädiatrische Kardiologie.
2014 resümierten die Fachgesellschaften in den vergangenen 20 Jahren einen deutlichen Rückgang der Sterblichkeit: beim Herzinfarkt um 40 Prozent, bei der Koronaren Herzkrankheit um 28 und bei der Herzinsuffizienz um 19 Prozent. Christian Hamm, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), betonte die Erfolge der modernen Herz-Kreislauf-Forschung und der neuen Behandlungsmethoden: „Viele Faktoren haben die Herzinfarkt-Sterblichkeit positiv beeinflusst, allen voran die flächendeckende Herzkatheter-Therapie, darüber hinaus wurden die Abläufe im Rettungssystem verbessert, das Notarztsystem ausgebaut, die Prähospitalzeiten verringert und die Infrastruktur und Prozesse in Krankenhäusern weiter optimiert.“
Dennoch: Herz-Kreislauf-Erkrankungen bleiben die Todesursache Nr. 1 in Deutschland. Zu den Leiden, die weiterhin steigende Fallzahlen aufweisen, zählen Herzschwäche, Herzklappenerkrankungen sowie Herzrhythmusstörungen. Hamm zufolge hat dies paradoxerweise auch etwas mit den Fortschritten der Herzmedizin zu tun. „Immer mehr Menschen überleben einen akuten Herzinfarkt, erkranken später aber an einer Herzschwäche.“ Weitere Faktoren, die zur Zunahme von Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, sind Adipositas und demografischer Wandel.
Lösungen aus der Forschung sind angesichts dieser Entwicklung mehr als gefragt. Bundesweit betreibt das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), mit 28 Einrichtungen eine patientenorientierte, interdisziplinäre Forschung. Wichtigstes Ziel ist es, Ergebnisse möglichst schnell für die Praxis verfügbar zu machen, Therapie und Diagnostik zu verbessern sowie die Prävention zu verstärken. Prävention und Therapie des Herzinfarkts und der Herzschwäche sowie Prävention des plötzlichen Herztodes sind zentrale Forschungsthemen mit teilweise überraschenden und vielversprechenden Projekten.
Beispielsweise untersucht ein Forschungsverbund des Heidelberger DZHK zur Zeit umfassend und systembiologisch, woher die Fähigkeit der Zebrafische stammt, abgestorbene Herzzellen einfach nachwachsen zu lassen. Das Team um die beiden Wissenschaftler David Hassel und Florian Leuschner möchte daraus Therapien für Herzinfarktpatienten ableiten. Menschen haben die regenerativen Fähigkeiten der Zebrafische nicht. Sind ihre Herzmuskelzellen durch einen Infarkt abgestorben, bleibt das Herz ein Leben lang geschädigt. Bei Zebrafischen löst sich das entstandene Narbengewebe wieder auf. Die Herzmuskelzellen wachsen innerhalb von zwei bis vier Wochen nach. „Wir wollen wissen: Was sind die Schlüsseltreiber der Regeneration?“, sagt Biologe David Hassel.
Erfolge in Therapie und Diagnose gelingen dabei schon lange nicht mehr im Alleingang. Gefragt ist vielmehr eine Vernetzung aller Beteiligten, die dazu beitragen können, Ergebnisse aus der Forschung in die Praxis zu transferieren, beispielsweise von Universitätsmedizinern und außeruniversitären Instituten, Pharmaindustrie und regulatorischen Behörden, Politik und Patientenverbänden. Mit den Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG) hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bereits 2009 begonnen, entsprechende Strukturen zu schaffen. Die Arbeit der Zentren zeigt einen deutlichen Fortschritt. „Präklinische und klinische Forschung wurden systematisch miteinander verknüpft. Dies reicht bis hin zu neuen Konzepten für Diagnose und Therapie. Große Studien an mehreren Standorten und zu verschiedenen Krankheitsbildern wurden gestartet, die es vorher so nicht gab. Zahlreiche Kooperationen mit der Industrie sind bereits eingegangen worden. All dies dient dazu, den Nutzen von Forschung für Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige schneller und besser spürbar werden zu lassen“, sagt Thomas Rachel vom BMBF.