Die Sorgen entschärfen

Wenn die Psyche leidet, wirkt sich das auf Körper und Schaffenskraft von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus. Doch es gibt zahlreiche Informationen und Hilfsangebote für Beschäftigte und Arbeitgeber.

Illustration: Noemi Fabra
Illustration: Noemi Fabra
Andrea Hessler Redaktion

Die Entwicklung ist dramatisch. Gesetzliche Krankenkassen ebenso wie private Krankenversicherer berichten übereinstimmend, dass psychische Erkrankungen zu den zweithäufigsten Ursachen für Krankschreibungen zählen, Tendenz steigend. „Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leiden nach langen Homeoffice-Phasen unter körperlichen Beschwerden und depressiven Verstimmungen, die ihre Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen“, sagt André Siegl, Arbeitsschutzexperte des TÜV-Verbands. Dies belastet auch die wegen Pandemie, Ukrainekrieg und Energiekosten ohnehin schon gebeutelten Unternehmen. Nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch für die Arbeitgeber ist es daher wichtig, aktiv zu werden.

Doch trotz des hohen psychischen Drucks tut sich mehr als die Hälfte der Betroffenen schwer, über ihre seelischen Probleme zu sprechen und sich Rat und Hilfe zu suchen, beklagt die AOK. Daher haben drei Bundesministerien, gesetzliche und private Krankenkassen, Rentenversicherung sowie Unfallversicherungsträger, Berufsgenossenschaften und verschiedene Verbände von Therapeuten und Betroffenen die Offensive Psychische Gesundheit ins Leben gerufen (www.offensive-psychische-gesundheit.de).

Diese gemeinschaftliche Aktion stellt auf ihrer Website umfangreiche Informationen zum Thema Psyche am Arbeitsplatz sowie den Gesprächsleitfaden „Lass uns reden!“ zur Verfügung. Der Leitfaden  enthält Tipps zur konstruktiven Gesprächsführung für den Fall, dass ein Vorgesetzter psychische Probleme bei Mitarbeitern vermutet. Der Leitfaden empfiehlt, auf Veränderungen im Verhalten von Mitarbeitern zu achten, ein Gespräch keinesfalls aufzuzwingen und die Möglichkeit anzubieten, eine Person des Vertrauens hinzuzuziehen. Außerdem solle man klar und wertschätzend kommunizieren, zuhören und nachfragen, Mitgefühl und Respekt zeigen, Hilfe anbieten und den Kontakt zu dem oder der Betroffenen halten.

Doch Vorgesetzte haben in der Regel keine psychologische Vorbildung, Empathie und Gesprächsbereitschaft sind kaum eine ausreichende Qualifikation für das heikle Thema. Sie sollten daher Hilfsangebote von fachlich kompetenten Institutionen in Anspruch nehmen. So bietet zum Beispiel der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte einen Anamnesebogen zum Selbstcheck für Betroffene an. Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat eine Broschüre zum Thema „Psychische Gesundheit im Betrieb“ im Angebot und die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung einen Leitfaden für Betriebsärzte zu psychischen Belastungen.
Auch die Beschäftigten selbst können aktiv werden. Ein Beispiel ist das Online-Programm „keep calm and move on“ der Leuphana Universität Lüneburg. In zehn Schritten von jeweils 45 Minuten vermittelt es Teilnehmern, wie sie Anspannung, Stress und Sorgen entschärfen können. Das Programm wird von der AOK und weiteren Kooperationspartnern gefördert und ist für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen kostenlos.

Nächster Artikel
Medizin
Februar 2023
Dr. Matthias Gockel, Internist und Palliativmediziner. Er ist Autor der  Bücher „Sterben. Warum wir einen neuen Umgang mit dem Tod brauchen“ (Berlin Verlag) und „Sterbehilfe. 33 Fragen - 33 Antworten“ (Piper Verlag).
Redaktion

Jeder Mensch stirbt

Dieser Allgemeinplatz bekommt im Fall einer chronischen, lebenslimitierenden Erkrankung plötzlich eine sehr viel persönlichere Bedeutung.