Diabetes mellitus begleitet den Mensch seit Jahrtausenden. Bereits in der Antike wurde die Krankheit beschrieben, der moderne Ausdruck im 17. Jahrhundert geprägt. Umgangssprachlich als Blutzuckerkrankheit bezeichnet, meint das Wort genau dies, nämlich eine zu hohe Menge an Glucose, also Zucker, im Blut. Rund acht Millionen Menschen in Deutschland leiden an Diabetes, gut 90 Prozent am sogenannten Typ 2. Früher als „Alterszucker“ bezeichnet – die Mehrzahl der Erkrankten ist zwischen 50 und 70 Jahren alt – betrifft er auch immer mehr junge Menschen. Lange Zeit als unumkehrbare Stoffwechselkrankheit betrachtet, weiß die Medizin heute, dass ein ungesunder Lebenswandel – vor allem Übergewicht und eine falsche Ernährung – in vielen Fällen die Ursachen eines Diabetes Typ 2 sind. Und damit eröffnen sich neue Behandlungsmöglichkeiten. So viel sei vorweggenommen: Für viele Betroffene ist ein Leben ohne ständiges Blutzuckermessen und Insulinspritzen möglich.
Überholter Standard Insulintherapie
Für die Regulierung des Blutzuckerspiegels ist das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Hormon Insulin zuständig. Vereinfacht gesagt, ermöglicht es den Körperzellen die Aufnahme von Glucose, die dort entweder in Energie umgesetzt oder als Fett gespeichert wird. Bei einem Diabetes ist die Wirkung des Insulins abgeschwächt. „Noch vor zwanzig Jahren wurden deshalb sehr früh Medikamente eingesetzt, die die Wirkung des körpereigenen Insulins verstärken sollten – oder es wurde eben Insulin von außen zugeführt“, sagt Dr. Kerstin Kempf, Wissenschaftliche Projektkoordinatorin und Leitung des Studienzentrums des Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrums (WDGZ) in Düsseldorf.
Kampf den Kohlenhydraten
Das klingt zunächst naheliegend. Doch mittlerweile geht die Therapie andere Wege und setzt auf eine Veränderung des Essverhaltens. „Insulin wird immer dann ausgeschüttet, wenn wir Kohlenhydrate wie Brot, Nudeln oder Kartoffeln zu uns nehmen, die im Körper zu Glucose umgebaut werden“, erklärt Dr. Kerstin Kempf. Essen wir über lange Zeit zu viele dieser Kohlenhydrate, produziert die Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin, bis der Körper regelrecht überschwemmt wird. Doch da zu viel Glucose schädlich für unsere Zellen ist, schützen sie sich dadurch, dass sie nicht mehr auf Insulin reagieren. Es entsteht eine regelrechte Insulinresistenz. Die Blutzuckerwerte steigen und steigen, Medikamenten- und Insulindosen ebenfalls. Und auch das Gewicht, Risikofaktor für einen Diabetes, nimmt stetig zu. „Bei adipösen Menschen ist der Blutzuckerspiegel schon am Morgen und auf nüchternen Magen erhöht“, sagt Dr. Kerstin Kempf. Und solange zu viel Insulin im Körper ist, findet keine Fettverbrennung statt – das ist ein Grund für die von so vielen Diabetikern und Diabetikerinnen erlebte Gewichtszunahme. „Deshalb umfasst die Basistherapie bei Diabetes jetzt auch die Lebensstiländerung mit einer Ernährungsumstellung und mehr Bewegung, mit dem Ziel der Gewichtsreduktion“, fasst Dr. Kerstin Kempf den aktuellen Behandlungsansatz zusammen.
Gewichtsmanagement und die Umstellung auf niedrigglykämische und proteinreiche Kost gehören mittlerweile zu den Empfehlungen weltweit. Diesen Ansatz haben in den vergangenen Jahren verschiedene internationale Studien (Prüfpräparat Almased Typ 2) untersucht. Ergebnis: Eine niedrig-glykämische, proteinreiche Ernährung kann helfen, den Blutzuckerspiegel bei übergewichtigen Diabetikern unter Kontrolle zu bekommen.
So wie bei Hans Strunk. 2006 wurde bei ihm Diabetes festgestellt. „Bei einer Körpergröße von 171 cm brachte ich 105 Kilo auf die Waage“, erinnert sich der heute 73-jährige Dormagener. „Mein BMI lag bei 35,9, mein HbA1c-Wert bei 8,5 Prozent.“ Dieser Wert gilt als „Langzeitindikator“ für den Zuckeranteil im Blut. Der Normwert liegt zwischen vier bis sechs Prozent. Sein Arzt verordnete Hans Strunk eine Insulintherapie. Und damit begann die klassische Diabetiker-Karriere. Denn um die Blutzuckerwerte in den Griff zu bekommen, wurde die Dosis ständig erhöht. Zum Schluss setzte sich Hans Strunk 140 Einheiten täglich. Bis das WDGZ die Behandlung übernahm.