Prävention tut not

Die Volkskrankheit „Rücken“ belastet nach wie vor die Republik. Was wirklich hilft, ist Prävention — hier sollen digitale Angebote und neue Technologien helfen.

Illustration: Stephanie Hofmann
Illustration: Stephanie Hofmann
Julia Thiem Redaktion

Leben Sie in Potsdam, Darmstadt oder Heidelberg? Glückwunsch, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie unter Rückenschmerzen leiden, geringer als im Rest der Republik. Wenn Sie aus Regionen wie Suhl, Hildburghausen oder Sonneberg kommen, ist es dafür gut möglich, dass Sie die Volkskrankheit Rückenschmerz nur zu gut kennen. Das zumindest sagen die Zahlen des aktuellen Gesundheitsatlas des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Demnach waren 26,2 Millionen Patient:innen in Deutschland 2021 mit Rückenbeschwerden in ärztlicher Behandlung. Das entspricht fast einem Drittel der Bevölkerung.
 

VOLKSWIRTSCHAFTLICHE BELASTUNG


Was die Zahlen besonders bedenklich macht: Zwar nehmen die Beschwerden mit steigendem Alter zu (bei Frauen über 65 ist bereits jede Zweite betroffen), aber bereits im Alter zwischen 30 und 35 leiden 27 Prozent der Frauen und 22 Prozent der Männer unter Rückenschmerzen. „Damit sind Rückenschmerzen eines der häufigsten Gesundheitsprobleme in Deutschland“, sagt WI-dO-Geschäftsführer Helmut Schröder. „Die volkswirtschaftlichen Folgen der Belastung durch Rückenschmerzen sind beachtlich.“ Akute Rückenschmerzen sind zu 80 bis 90 Prozent muskulär bedingt, entstehen also durch falsche Belastung, Überbelastung, zu wenig Bewegung und auch durch Übergewicht. Deswegen ist Prävention nach wie vor das beste Mittel gegen Rückenschmerzen. Denn letztendlich geht es darum, die Rückenmuskulatur fit zu halten und eventuelle Verspannungen zu lösen, bevor sie sich manifestieren. Entsprechende Kurse gibt es oft von der eigenen Krankenversicherung oder auch vom Arbeitgeber gesponsort. Und dabei kann man sich mittlerweile sogar den Weg ins Fitnessstudio sparen, da viele Präventionsangebote auch online angeboten werden.
 

KI FÜR DEN RÜCKEN


Und auch neue Technologien sind mittlerweile fester Bestandteil für die Mission „gesunder Rücken“. An der Universität Magdeburg entwickelt beispielsweise gerade ein interdisziplinäres Team aus Sportwissenschaftlern, Informatikern und Orthopäden eine KI-basierte App. Ihr Ziel: Sie soll künftig als interaktives Bindeglied zwischen Ärzt:innen, Betroffenen und Therapeut:innen eingesetzt werden, um eine schnelle und sichere Diagnostik, Therapie und Risikobewertung der Beschwerden zu ermöglichen und gleichzeitig auch Wissen zu vermitteln. So können Bedingungen und Ressourcen identifiziert werden, die für eine personalisierte Behandlung, gezielte Prävention und individuelle Gesundheitsförderung notwendig und hilfreich sind.

Operative Eingriffe am Rücken werden in Forschung und Wissenschaft mittlerweile differenzierter als in der Vergangenheit betrachtet, auch wenn sie durchaus angebracht sein können – etwa, wenn der Wirbelkanal verengt ist und auf die Nerven drückt. Das zeigt zum Beispiel eine Erhebung der Techniker Krankenkasse (TK) vom April dieses Jahres. Für das Programm wurden Patient:innen mit einer Krankenhauseinweisung oder bei denen eine Rückenoperation im Raum steht, in einem interdisziplinären Schmerzzentrum intensiv untersucht. In 88 Prozent der Fälle sei den Teilnehmer:innen von einer Operation abgeraten und im Folgejahr kein entsprechender Eingriff abgerechnet worden, teilt die TK mit. Vielleicht liegt auch hier das Geheimnis der Potsdamer, Darmstädter oder Heidelberger: Rückensport als Prävention.

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