Raus aus der Tabuzone

Wechseljahre: Frauen möchten mehr Kommunikation dazu, auch im Job.

Illustration: Josephine Warfelmann
Illustration: Josephine Warfelmann
Dr. Ulrike Schupp Redaktion

Etwa neun Millionen Frauen in Deutschland sind zwischen 40 und 55 Jahren alt und damit vermutlich gerade in den Wechseljahren. Etwa zwei Drittel von ihnen leiden unter Beschwerden, nur etwa ein Drittel spürt wenige bis keine Symptome. Einer Studie der amerikanischen Mayo-Clinic zufolge verliert die Wirtschaft in den USA durch Arbeitsstunden, die aufgrund von Wechseljahresbeschwerden ausfallen, pro Jahr 1,8 Milliarden US Dollar. 

In Deutschland fehlten derartige Studien, kritisiert die Initiative #wirsind9Millionen, hinter der Ärztinnen, Psychologinnen und weitere Gesundheitsexpertinnen stecken. Überhaupt seien Wechseljahre noch immer ein Tabuthema. Die Aktivistinnen fordern unter anderem „Frauengesundheit mit einem Schwerpunkt Wechseljahre“ in den offiziellen Präventionskatalog für Früherkennung und Vorsorge aufzunehmen, mehr Unterstützung für betroffene Frauen am Arbeitsplatz, Beratungsangebote und bessere Aufklärung. Viele Frauenärztinnen und -ärzte kennen sich mit dem Thema Wechseljahre gut aus und sind erste Ansprechpartner, wenn es um Therapien wie zum Beispiel Hormonbehandlungen geht. Doch vor allem frühe Symptome wie Kopfschmerzen, Gewichtszunahme oder Hautprobleme werden oft bagatellisiert. 

Ab Mitte 40 lässt die Funktion der Eierstöcke langsam nach und der Progesteronspiegel sinkt kontinuierlich. In der Prämenopause klagen viele Frauen über schmerzhaft spannende Brüste, manchmal auch über Stimmungsschwankungen. Der Zyklus beginnt bereits unregelmäßiger zu werden, bevor etwa mit 47,5 Jahren die Perimenopause beginnt. Zusätzlich lässt nun auch die Produktion von Östrogen nach. Für die Frauen bedeutet das, sie schlafen schlechter, sind entsprechend gereizt und fühlen sich weniger leistungsfähig. Etwa 27 Prozent haben heftige Stimmungsschwankungen. Auch Depressionen, Panikattacken oder Libido-Mangel können in dieser Zeit auftreten. Da das Östrogen hilft, die Blutgefäße elastisch zu halten, müssen Frauen jetzt Risikofaktoren für Herz und Gefäße stärker im Blick behalten. Das heißt, mehr Bewegung in den Alltag einbauen, Vorsorgetermine wahrnehmen, Übergewicht vermeiden und die Ernährung anpassen. 

Dem Forschungsprojekt „MenoSupport“ zufolge, gehören Erschöpfung, Schlafstörungen, Reizbarkeit, depressive Verstimmung und Hitzewallungen zu den meistgenannten Beschwerden von Frauen mittleren Alters. Von den 2119 im Rahmen des Projekts befragten berufstätigen Frauen wünschten sich 68 Prozent eine offenere Kommunikation am Arbeitsplatz. Ebenfalls ganz oben auf der Wunschliste standen Rückzugsorte, um zwischendurch kurz zu entspannen, flexible Arbeitszeiten und gesundes Essen in der Kantine. 

Arbeitgebende sollten mehr über das Thema Wechseljahre wissen. Sie sollten Workshops und Infoveranstaltungen organisieren oder Projektgruppen, die konkrete Verbesserungen für den Berufsalltag erarbeiten könnten. Hilfreich seien auch Sport- und Entspannungsangebote. Sport kurbelt schließlich den Stoffwechsel an. Er wirkt darüber hinaus stimmungsaufhellend und fördert einen gesunden Schlaf.
 

Nächster Artikel