Stärken und lindern

Komplementärmedizin kommt immer häufiger zum Einsatz
Illustration: Carolin Bremer
Illustration: Carolin Bremer
Dr. Ulrike Schupp Redaktion

Mistelpräparate, Qui Gong, Heilfasten, TCM oder manchmal auch nur ein paar zusätzliche Vitamine und Spurenelemente. Viele Krebspatienten wünschen sich ergänzend zur Schulmedizin naturheilkundliche oder erfahrungsmedizinische Behandlungsmethoden. Und immer häufiger werden Onkologen inzwischen auch nach Ansätzen aus der „Body-Mind-Medizin“ gefragt, nach Anleitungen für einen veränderten Lebensstil mit gesünderem Essen, mehr Bewegung und weniger Stress. Der Deutschen Krebsforschungsgesellschaft zufolge nutzen 40 bis 50 Prozent der Patientinnen und Patienten komplementäre Therapien. Nicht zuletzt geht es dabei um das Bedürfnis, selbst für die eigene Gesundheit zu sorgen und der Krankheit nicht gänzlich ausgeliefert zu sein. Doch was von all den Angeboten auf dem wachsenden Therapiemarkt hilft wirklich? Und welche Erwartungen sind realistisch? Schließlich wurden bisher nur wenige Verfahren in klinischen Studien erprobt.

Um die völlige Heilung geht es beim Einsatz komplementärer Therapien meistens nicht, eher um eine verbesserte Lebensqualität und um Prävention, auch im Hinblick auf das Fortschreiten der Erkrankung. Zum Beispiel können pflanzliche Präparate wie Mistelextrakte dazu beitragen, das Immunsystem zu stärken und die Nebenwirkungen schulmedizinischer Therapien zu lindern.

Valter Longo, Gerontologe und Professor an der University of Southern California, erforschte die Wirkung regelmäßiger Fastenintervalle. Bei Tieren führten diese zu einem verlangsamten Tumorwachstum und das Risiko, überhaupt an Krebs zu erkranken sank nachweislich. Gesunde Körperzellen fallen beim Fasten nämlich in einen Schutzmodus. Sie drosseln Stoffwechselprozesse und Wachstum. Krebszellen reagieren nicht auf den Nahrungsentzug. Sie wachsen ungehemmt weiter und werden so schutzloser gegenüber der Chemotherapie. „Ob die Krebszellen allerdings durch Fasten wirklich anfälliger werden, kann man erst nach mehreren Jahren Forschung beantworten,“ sagt Andreas Michalsen, Professor für Klinische Naturheilkunde an der Berliner Charité. Er warnt davor, die Ergebnisse von Longo vorschnell zu übertragen. Kleinere Pilotstudien sprechen aus seiner Sicht jedoch dafür, dass auch Menschen von kurzen Fastenperioden profitieren. Wahrscheinlich ist zudem, dass der Verzicht auf Zucker und ein Zuviel an tierischen Proteinen krebspräventiv wirken.

Neue Richtlinien, die Onkologen aus den USA zur komplementären Medizin bei Brustkrebs herausgegeben haben, empfehlen Musiktherapie, Meditation und Yoga, um stressbedingte entzündliche Prozesse zu beeinflussen und Depressionen vorzubeugen. Zusammen mit Medikamenten gegen Übelkeit lindern Akupunktur und Akupressur die Nebenwirkungen der Chemotherapie. Und auch moderater Ausdauersport hilft Krebspatienten. Ein Beispiel sei die krankheitsbedingte Fatigue, die bleierne Müdigkeit, gegen die es bisher kein Medikament gab, sagt Prof. Karen Steindorf vom Deutschen Krebsforschungszentrum. „Wenn man parallel zur Therapie körperlich aktiv war, dann ist diese Fatigue nicht so stark entstanden wie in einer Vergleichsgruppe, die nicht trainiert hat.“

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