»Kein Brustkrebs gleicht dem anderen«

Zielgerichtete Therapien eröffnen auch in der Brustkrebstherapie neue Chancen. Grundlage ist die individuelle Identifizierung von Biomarkern und Genmutationen.

Prof. Dr. med. Michael P. Lux, MBA, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Louise Frauenund Kinderklinik Paderborn
Prof. Dr. med. Michael P. Lux, MBA, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, St. Louise Frauenund Kinderklinik Paderborn
AstraZeneca GmbH Beitrag

Prof. Lux, heutzutage folgen der Diagnose Brustkrebs in der Regel eine Reihe von Tests. Welche sind das?
Tests sind die Grundlage für die weitere, individuelle Behandlung. Abgefragt wird zum Beispiel, ob in der Familie Fälle von Brust- oder Eierstockkrebs vorliegen. Untersucht werden auch verschiedene Biomarker – grob gesagt, spezifische Eigenschaften der Tumorzellen, die sie für bestimmte Therapiemöglichkeiten geeignet machen. Ein Beispiel ist der Östrogenrezeptor, der bei Vorhandensein eine antihormonelle Therapie erlaubt. Wir empfehlen außerdem auch, auf die Mutation der Gene BRCA1/2 zu testen, welche das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs erhöhen. Viele Menschen fürchten sich vor der Belastung, die solch ein Gentest auch in der Familie bedeuten kann. Aber das Wissen um eine vorliegende Mutation eröffnet die Option, den Krebs zielgerichtet zu behandeln und sollte unbedingt als Chance begriffen werden!

 

Wie sehen aktuelle Therapien bei Brustkrebs aus?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten: Kein Krebs gleicht dem anderen. Deshalb ist es so wichtig, den individuellen Krebs, aber auch die genetische Situation der Betroffenen zu kennen. Hinzu kommen Alter, individuelle Lebenssituation und Bedürfnisse. Sowohl im frühen als auch im fortgeschrittenen Stadium sind zahlreiche, gut wirksame Therapieoptionen verfügbar. Lange bildeten Chemotherapie, Operation und Bestrahlung die Grundsäulen. Eine zusätzlich sehr große Bedeutung kommt heute aber auch zielgerichteten Therapien zu.

 

Was darf man sich unter zielgerichteten Therapien vorstellen?
Das Problem bei einer unspezifischen Chemotherapie ist bekanntermaßen, dass sie nicht nur Tumorzellen angreift. Das Konzept einer zielgerichteten Therapie ist, möglichst nur die Tumorzellen anzugreifen, und zwar auf Grundlage ihrer spezifischen Eigenschaften. Dafür braucht es die Untersuchung auf Biomarker wie Mutationen oder auf den Tumorzellen vorhandener Rezeptoren. Bei vielen Betroffenen wird das Tumorwachstum etwa durch Hormone wie Östrogen angeregt – das kann man mit bestimmten Medikamenten verhindern. Weitere Beispiele sind antiHER2-Antikörper, CDK4/6-Hemmer oder Angiogenese-Hemmer. Ganz neue Möglichkeiten bieten auch sogenannte Antikörper-Wirkstoff-Konjugate. Sie bestehen aus einem tumorabtötenden Wirkstoff und einem Antikörper, der zielgerichtet nur an die Rezeptoren der Tumorzelle bindet, wo das Medikament wirkt. Zudem kann man sich die Mechanismen zunutze machen, mit denen der Körper beschädigtes Erbgut – auch in Tumorzellen – repariert. Dieser Reparaturmechanismus ist bei einer Mutation des erwähnten BRCA1/2-Gens bereits gestört und erhöht zunächst das Krebsrisiko. Sogenannte PARP-Inhibitoren stören die Reparaturmechanismen der Tumorzellen zusätzlich. So wird geschädigtes Erbgut vor allem in den Krebszellen nicht mehr repariert, sie sterben ab. Zielgerichtete Therapien zeigen daher häufig bessere Ergebnisse, etwa was die Überlebenszeit angeht, und weisen zeitgleich oftmals eine bessere Verträglichkeit auf.

 

Wie schätzen Sie die Zukunft der Brustkrebstherapie ein?
In den vergangenen Jahren ist es Wissenschaftler:innen gelungen, Krebserkrankungen immer besser zu verstehen sowie zu entschlüsseln und dabei therapierelevante molekulare Veränderungen und Biomarker zu identifizieren. Ich bin deshalb optimistisch, dass das Ende noch lange nicht erreicht ist und wir vielmehr am Anfang der zielgerichteten Brustkrebstherapie stehen. Aktuell gibt es sehr vielversprechende Studien zu weiteren Biomarkern und neuen Therapien, die die Therapielandschaft nochmals verändern könnten.


www.Brustkrebs.de

 

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