Moderne Verfahren der Probenanalyse dienen als Behandlungsgrundlage für eine spezifische Therapie.
Sie sind klein, blau und rund – was sich zunächst harmlos anhört, beschreibt das mikroskopische Erscheinungsbild der Zellen einer seltenen, aber zumeist hochaggressiven Tumorerkrankung: das Ewing-Sarkom. Als Alexander MacGillivray mit der Diagnose konfrontiert wurde, traf ihn das völlig unvorbereitet.
Der Anlagenmechaniker aus Porta Westfalica litt schon länger unter Schmerzen im rechten Arm. „Ich konnte nachts nicht mehr richtig schlafen“, erinnert sich der heute 30-Jährige. Ende 2017 wurde er schließlich in der Nähe seiner Heimatstadt operiert – dabei traten die bösartigen Veränderungen ans Licht. Der große Unterarmknochen (die Speiche) und das umliegende befallene Gewebe mitsamt wichtiger Muskel- und Nervenstränge mussten entfernt werden. „Das war ein Schock“, blickt der junge Mann mit Schrecken zurück. Zur weiteren Behandlung wurde er zu den Experten des Zen-trums für Krebsmedizin (CCCM) des UKM nach Münster geschickt.
„Sarkome sind seltene bösartige Tumoren, die sowohl vom Weichteilgewebe, also z. B. Binde-, Muskel- oder Fettgewebe, als auch vom Knochen ausgehen können“, erzählt Privatdozent Dr. Torsten Keßler, Leiter des Schwerpunktbereichs Sarkome am UKM.
Obwohl sie in jeder Altersstufe auftreten können, werden sie gehäuft bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen diagnostiziert. „Die besondere Herausforderung bei der Therapie ist zunächst die genaue Klassifizierung des jeweiligen Tumortyps“, verweist der Onkologe auf die zahlreichen unterschiedlichen Varianten dieser Krebserkrankung.
Bei Alexander MacGillivray dienten die Probenanalysen der Sarkom-Experten Prof. Dr. Eva Wardelmann und Prof. Dr. Wolfgang Hartmann am Gerhard-Domagk-Institut für Pathologie (GDI) des UKM als Behandlungsgrundlage. Dr. Keßler und seine Kollegen diskutierten in der interdisziplinären Sarkom-Konferenz das weitere Vorgehen. „Um entscheiden zu können, welche Therapie zu welchem Zeitpunkt die besten Erfolgsaussichten bringt, ist es wichtig, dass alle beteiligten Spezialisten wie Pathologen, Radiologen, Tumororthopäden, (Kinder-)Onkologen und Strahlentherapeuten eng zusammenarbeiten und gemeinsame Strategien entwickeln“, betont auch Privatdozent Dr. Jan Kriz, Oberarzt in der Klinik für Strahlentherapie.
Nachdem bei MacGillivray der betroffene Knochen und das befallene Gewebe bereits weitestgehend operativ entfernt worden waren, entschieden sich die Mediziner bei dem jungen Mann für eine Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie. „Ewing-Sarkome sind sehr strahlenempfindlich. So konnten wir die Tumorreste im Weichgewebe organerhaltend bekämpfen“, sagt Dr. Kriz und betont, dass bei der modernen Krebstherapie neben dem Behandlungserfolg immer auch die Lebensqualität von besonderer Bedeutung sei.
„Ich habe keine Schmerzen mehr und kann wieder fast alles machen“, ist Alexander MacGillivray erleichtert. In der Bildgebung sind keine bösartigen Veränderungen mehr sichtbar. „Jetzt kann ich endlich wieder durchatmen und nach vorne blicken.“