Eine Krebsdiagnose verändert das Leben schlagartig. Viele Erkrankte berichten, dass sie sich wie gelähmt fühlen – zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Therapieplänen und Alltagspflichten. Die körperlichen Belastungen durch Operationen, Chemotherapie und Bestrahlung sind groß. Doch auch die Psyche ist extrem beansprucht und kann die körperlichen Beschwerden noch verstärken.
 
WENN ANGST UND ERSCHÖPFUNG ÜBERHANDNEHMEN
Krebs ist eine körperliche und seelische Ausnahmesituation. Die ständige Sorge um den eigenen Körper, die Ungewissheit über den Krankheitsverlauf und die Nebenwirkungen der Behandlung führen häufig zu Erschöpfung, Reizbarkeit oder Antriebslosigkeit. Besonders belastend ist die sogenannte Fatigue – eine tiefe, bleierne Müdigkeit, die selbst durch Schlaf oder Ruhe nicht verschwindet. Fatigue äußert sich durch körperliche, geistige und emotionale Erschöpfung, die weit über das normale Maß hinausgeht. Die einfachsten Tätigkeiten werden zur Herausforderung, Konzentration und Gedächtnis lassen nach und positive Gefühle scheinen erloschen. Während der aktiven Krebstherapie erleben laut Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) bis zu 85 Prozent der Patientinnen und Patienten diese Form der Erschöpfung.
 
WENN DIE ERSCHÖPFUNG BLEIBT
Man nahm lange an, dass sich die Symptome nach Abschluss der Behandlung allmählich zurückbilden. Doch eine aktuelle Studie des DKFZ zeigt ein anderes Bild: Rund ein Drittel aller Langzeitüberlebenden von Brust-, Prostata- oder Darmkrebs leiden auch fünf bis sechzehn Jahre nach der Diagnose weiterhin unter ausgeprägter Fatigue, die ihr Leben massiv einschränkt. Fatigue ist damit nicht nur eine Nebenwirkung der Therapie, sondern für viele eine chronische Spätfolge, die das Risiko für Depressionen, Ängste und soziale Isolation erhöht.
 
PSYCHOONKOLOGIE: DAMIT DIE SEELE WIEDER HOFFNUNG SCHÖPFT
Eine psychoonkologische Begleitung kann enorm helfen. Psychoonkologinnen und -onkologen begleiten Betroffene und Angehörige durch die emotionalen Höhen und Tiefen der Therapie und durch die Zeit danach. In geschützten Gesprächen lernen Erkrankte, mit Ängsten, Schuldgefühlen und Überforderung umzugehen. Auch Techniken wie Achtsamkeitstraining, Entspannungsübungen oder kognitive Verhaltenstherapie können helfen, den eigenen Energiehaushalt besser zu steuern und Rückfällen vorzubeugen. Ziel ist nicht, die Angst völlig zu beseitigen, sondern die seelische Widerstandskraft – die Resilienz – zu stärken. Wer lernt, Warnsignale frühzeitig wahrzunehmen, Grenzen zu akzeptieren und kleine Fortschritte bewusst zu würdigen, gewinnt ein Stück Kontrolle zurück. Und Heilung bedeutet nicht nur, dass der Körper gesund wird – sondern auch, dass die Seele wieder Hoffnung schöpft.
 
       
 
 
