Die Impfung, die den Tumor einst besiegen könnte

CureVac entwickelt Medikamente auf Basis von mRNA-Technologie – wie revolutionär sie Krebs bekämpfen, erklärt Chief Development Officer Dr. Myriam Mendila.

CureVac entwickelt Medikamente auf Basis von mRNA-Technologie – wie revolutionär sie Krebs bekämpfen, erklärt Chief Development Officer Dr. Myriam Mendila.
CureVac entwickelt Medikamente auf Basis von mRNA-Technologie – wie revolutionär sie Krebs bekämpfen, erklärt Chief Development Officer Dr. Myriam Mendila.
CUREVAC Beitrag

Frau Dr. Mendila, was ist das Besondere an der mRNA-Technologie?

Die mRNA ist ein Molekül, ein natürlicher Bestandteil jeder Zelle. Das m steht für Messenger, also ‚Bote‘, denn sie überbringt Botschaften aus dem Zellkern an die restlichen Zellorgane. So löst mRNA vor allem die Produktion von Eiweißen aus, etwa in Form von Botenstoffen, Enzymen oder auch Zellbestandteilen. Das kann man sich für die Medizin zunutze machen: Wir produzieren eine synthetische mRNA, codieren darauf eine Sequenz für ein Eiweiß und bringen sie in eine menschliche Zelle, die das entsprechende Eiweiß produziert. Damit sind die Einsatzmöglichkeiten der mRNA nahezu unendlich: Fast jedes Eiweiß, Peptid oder auch Enzym könnte codiert und hergestellt werden.

 

Wie sieht eine Krebstherapie nach diesem Prinzip aus?

Normalerweise erkennt das Immunsystem eindringende Viren oder Bakterien als fremd und zerstört sie. Auch Krebszellen, die meist durch genetische Veränderungen entarten und wuchern, sind fremde Zellen, die das Immunsystem vernichten sollte. Leider erkennt das Immunsystem sie nicht, weil die Tumorzellen es umgehen, unterdrücken oder ausschalten. Doch in den vergangenen zehn Jahren gab es eine revolutionäre Entwicklung: Immuntherapien, die die Unterdrückung des Immunsystems aufheben und es anregen, die Tumorzellen anzugreifen. Das hat die Prognose für viele Patienten enorm verbessert. Diese Behandlung ist aber eine unspezifische Aktivierung des Immunsystems, die bei vielen Tumorarten eingesetzt wird – wir gehen jetzt gezielter gegen den jeweiligen Tumor vor.


Auf welche Weise?

Mit therapeutischen Impfstoffen. Wir identifizieren Eiweiße, die überwiegend oder ausschließlich auf der Oberfläche von Krebszellen vorkommen. Diese codieren wir auf einer mRNA und geben sie dem Patienten. Daraufhin werden Tumorantigene in den Zellen produziert, die das Immunsystem stimulieren, exakt diese spezifischen Antigene auf den Tumorzellen zu erkennen und abzutöten. Dabei forscht CureVac zu zwei Ansätzen. Erstens Krebsimpfstoffe, auf deren mRNA Antigene codiert sind, von denen man weiß, dass sie bei vielen Patienten mit der gleichen Krebsart vorkommen. Man kann sie vorproduzieren und sofort einsetzen, etwa wenn ein aggressiver Tumor schnell behandelt werden muss.


Und der zweite Ansatz?

Das sind personalisierte Impfstoffe, auf einen Patienten zugeschnitten. Dafür analysieren wir anhand einer Gewebeprobe, welche genetischen Veränderungen im Tumor zur Produktion tumorspezifischer Eiweiße führen. Das können zehn Veränderungen sein oder 10.000, die kann man nicht alle codieren. Daher analysiert eine KI-Plattform, welche Eiweiße am wahrscheinlichsten die stärkste Immunantwort hervorrufen werden – diese 20-30 Antigene werden auf der mRNA codiert.
 

Wie wirksam sind diese Impfstoffe?

In Studien haben die vorproduzierbaren Impfstoffe vielversprechende Ergebnisse erzielt, teilweise schrumpfen Tumore von stark vorbehandelten Patienten sogar. Die personalisierten Vakzine haben in einer Hautkrebs-Studie ermutigende Resultate geliefert: In Kombination mit einer Immuntherapie, bei der bestimmte Antikörper gegeben wurden, konnten sie die Gefahr eines Wiederauftretens des Tumors um über 40 Prozent senken – verglichen mit der reinen Antikörpertherapie.


Können wir Krebs irgendwann ganz besiegen?

Ich bin überzeugt, dass wir die meisten Krebsformen eines Tages heilen können werden. Das kommende Jahrzehnt wird ein entscheidendes sein, da die Forschung vor allem auf dem Gebiet der Krebsimpfstoffe rasant vorangeht.
 

www.curevac.com

 

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