Herr Dr. Neßelhut, wie wirkt die dendritische Zelltherapie?
Wir nutzen die natürliche Fähigkeit des Körpers, gegen den Krebs zu kämpfen. Wenn unser Immunsystem die Armee ist, die den Körper ständig nach Angreifern oder Anzeichen von Problemen absucht, sind die dendritischen Zellen die Offiziere, die den Befehl geben, Eindringlinge zu töten. Wir entnehmen dem Patienten eine Blutprobe, isolieren daraus Monozyten – Teile der weißen Blutkörperchen – die dann in der Zellkultur zu dendritischen Zellen generiert und gegen den Tumor programmiert werden. Zurückgeführt in den Körper, aktivieren sie die Anti-Tumor-Immunantwort. Im Gegensatz zu anderen Behandlungen wie Chemo- oder Radiotherapie werden gesunde Zellen nicht angegriffen.
Wann wird die Immuntherapie angewendet?
Eine Therapie wird individuell für jeden Patienten entwickelt. Die besten Ergebnisse werden erzielt, wenn die Impfung gleich am Anfang der Erkrankung eingesetzt wird. Nach drei bis vier Impfungen können wir bereits zum Teil sehr gute Ergebnisse erzielen. Natürlich kommt dies immer auf Umfang und Aggressivität der Tumore an. Ist nach der initialen Therapie ein Therapieansprechen zu verzeichnen, empfehlen wir regelmäßige Booster-Impfungen, durch die das Immunsystem trainiert wird, um Krebszellen auch langfristig schneller zu erkennen und zu bekämpfen.
Bei welchen Krebsarten ist die dentritische Zellimmuntherapie eine gute Wahl?
Grundsätzlich ist sie für die meisten Arte von Tumoren geeignet, mit Ausnahme von Blutkrebs, also Leukämie. Ein Tumor kann vielfältige Mechanismen entwickeln, sich dem Angriff durch das Immunsystem zu entziehen. Die Kontrolle der Immunantwort erfolgt an immunologischen Checkpoints. Zusätzlich können daher Begleittherapien eingesetzt werden, wie die sogenannten Checkpoint-Blocker, die die dentritischen Zellen dabei unterstützen, noch wirksamer und besser Tumorzellen zu zerstören. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch anti-entzündliche Behandlungen. Denn chronische Entzündungen können im Körper die Entstehung von Krebszellen begünstigen und gleichzeitig die Abwehrkraft des Immunsystems gegen Krebs herunterregulieren.