Freunde des nachhaltigen Bauens kommen in Marokko auf ihre Kosten. Die Straße der Kasbahs im Süden des Landes führt an geschätzten 60.000 Kasbahs vorbei, prachtvollen Burgen, Höfen und Gebäuden, in denen einst ganze Familienstämme unter einem Dach lebten. Eine Besonderheit ist das Baumaterial: Die Kasbahs sind aus Lehm gebaut – und haben teilweise so Jahrhunderte überdauert.
Lehm besteht aus Ton, Sand und feinem Schluff und kann mit Fasern aus Dung oder anderen Materialien so fest wie Beton werden. Eine ideale Grundlage für die Kasbah, die Schutz vor Wüstenhitze, aber auch vor Feinden bot. Lehm für den Bau von Kasbahs lässt sich heute aber kaum noch industriell herstellen, deshalb boomt in Marokko die Zementindustrie. In unseren Breiten hat es Lehm vor allem wegen der Witterungsbedingungen schwerer.
Doch im Innenausbau ist Lehm ein hervorragendes Beispiel dafür, wie nachhaltige Baustoffe zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit führen. „Lehm ist unglaublich gesund“, erklärte die Architektin Anna Heringer im Bayerischen Rundfunk. Sie gilt als eine Pionierin des nachhaltigen Bauens. „Man hat ein fantastisches Raumgefühl. Lehm kann Feuchtigkeit aufnehmen, wenn es zu viel ist, und abgeben, wenn es zu wenig ist.“ Außerdem sei Lehm ressourcenschonend, weil er nicht wie Zement unter hohem Energieaufwand gebrannt werden müsse.
Wir verbringen einen Großteil unseres Lebens in geschlossenen Räumen. Deshalb hängt unsere Gesundheit davon ab, dass diese Innenräume frei von Schadstoffen und Allergenen sind. Das Thema „ökologisches Bauen“ wird daher immer wichtiger, die Nachfrage nach natürlichen, schadstofffreien Baustoffen steigt.
WAS IST EIN „ÖKOLOGISCHER BAUSTOFF“?
Doch was ist eigentlich ein ökologischer Baustoff? Fachleute sind sich einig: Erstens müssen die Baustoffe aus natürlichen, nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Außerdem dürfen sie nicht mit umweltschädlichen und aggressiven Chemikalien bearbeitet werden, sondern manuell, mechanisch oder durch Auflösen in Wasser, Dampfdestillation oder Erhitzen. Auch sollte der Energieaufwand bei der Herstellung möglichst gering sein: Beton zum Beispiel verbraucht viel Energie bei der Herstellung und ist nicht gut recycelbar. Der Energieaufwand betrifft auch den Transport. So gilt Bambus in seinen Herkunftsländern als ökologischer Baustoff, nicht aber in Deutschland. Und schließlich geht es um die Recyclingfähigkeit oder Kompostierbarkeit des Materials. Aus abgerissenen Gebäuden sollen in Zukunft neue Baustoffe entstehen, statt dass Bauschutt auf Deponien landet.
Wer beispielsweise mit Ziegeln baut, baut nachhaltig. Zwar ist das Brennen von Ziegeln sehr energieaufwändig, aber Ziegel bestehen aus dem natürlichen, mineralischen Material Ton oder Lehm, sind äußerst robust, langlebig und können über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte wiederverwendet werden.
Auch Lehm erfüllt die Kriterien der Nachhaltigkeit – und eignet sich hervorragend als Innenputz. Er ist diffusionsoffen, speichert Feuchtigkeit und sorgt für ein gutes Raumklima. Zudem sind Lehmputze gute Wärmespeicher und geben die aufgenommene Wärme gleichmäßig als Strahlungswärme wieder an die Raumluft ab. Das Material eignet sich sogar für hochmoderne modulare Lehmklimasysteme, die Gebäude heizen und kühlen. Ein weiterer Vorteil: Nicht zuletzt werden sie hierzulande nachhaltig produziert.