Alles ist erleuchtet

Von wegen: „Es werde Licht.“ So einfach ist das Thema Beleuchtung nicht. Allein das Zusammenspiel von natürlichem und künstlichem Licht ist komplex. Moderne Technologien lassen die Grenzen heute schon fließend werden.

Illustration von Sophia Hummler
Illustration von Sophia Hummler
Julia Thiem Redaktion

Licht ist elementar für unser Leben und macht unsere Umwelt überhaupt erst sichtbar. Allerdings kann sich gerade künstliches Licht negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Eine große Kohortenstudie des National Institute of Health in North Carolina hat 2019 beispielsweise gezeigt, dass eine künstliche Lichtquelle in der Nacht – ein laufender Fernseher oder ein kleines Nachtlicht – das Risiko für Adipositas um 33 Prozent erhöht. Der Zusammenhang, den die Forscher vermuten: Künstliches Licht bringt den Biorhythmus durcheinander, wir schlafen weniger oder zumindest weniger erholsam, sind tagsüber müde, bewegen uns weniger und verbrauchen ergo weniger Energie. Damit können Tablet oder Smartphone abends im Bett aber eben beispielsweise auch LED-Lichtquellen unseren Schlaf-Wach-Rhythmus beeinträchtigen. 

Deswegen wird gerade in puncto Wohnen und Arbeiten immer wieder viel und kontrovers über künstliches versus natürliches Licht diskutiert. So viel vorab: Einen eindeutigen Sieger gibt es nicht. Es kommt wie so oft darauf an – vor allem auf die Nutzung, aber auch auf die klimatischen Bedingungen.
 

SO VIEL NATÜRLICHES LICHT WIE MÖGLICH


Klar ist, in einer „dunklen Höhle“ möchte heute keiner mehr leben, weshalb große Glasflächen in Wohnungen und Häusern nach wie vor Trend sind. Sie lassen nicht nur viel natürliches Licht in den Wohnraum, sondern verbinden gerade im Sommer innen und außen quasi nahtlos. 

Allerdings haben großflächige Fensterfronten nicht nur Vorteile. In modernen Wohngebäuden können Fenster – je nach Größe und Glaselement – bis zu 60 Prozent zum Energieaustausch mit der Umwelt beitragen. Das heißt: Im Winter geben sie Wärme nach außen ab, im Sommer tragen sie durch die Sonneneinstrahlung dazu bei, dass sich die Räume erwärmen. Nicht ohne Grund finden Glaselemente in den besonders heißen Regionen dieser Welt in der Architektur quasi nicht statt.
 

»In modernen Wohngebäuden können Fenster bis zu 60 Prozent zum Energie- austausch mit der Umwelt beitragen.«


Wer also heute mit einem Neubau liebäugelt oder mittels Fördermaßnahmen Fenster und Glaselemente in den eigenen vier Wänden erneuern will, sollte sich mit dem Thema Energieeffizienz sehr genau auseinandersetzen. Mechanisch verstellbare Jalousien oder andere Verschattungselemente, die je nach Sonneneinstrahlung, Tageszeit oder Temperatur idealerweise smart gesteuert werden, gehören angesichts des Klimawandels unbedingt dazu.
 

LICHT UND SCHATTEN


Und spätestens hier zeigt sich: Komplett auf natürliches Licht zu setzen, ist selbst im Sommer mittlerweile kaum noch möglich. Wer dennoch möglichst viel natürliches Licht in seinen Wohnräumen integrieren will, kann anstatt großer Fenster- oder Glastürfronten Lichtkuppeln im Dach verbauen. Geschickt platziert, lassen sie in der Regel deutlich mehr Tageslicht ins Innere, ohne die Räume dabei zu sehr aufzuheizen. Vielmehr können sie – elektrisch und smart gesteuert – für eine angenehme Luftzirkulation sorgen. 

Allerdings kommt natürliches Licht spätestens in den dunkleren Wintermonaten in unseren Breiten an seine Grenzen, sodass ein ganzheitliches Lichtkonzept immer aus einer Kombination aus natürlichen und künstlichen Lichtquellen bestehen sollte. Und auch bei letzteren bleibt es komplex. Denn neben der Frage, wofür eine Lichtquelle überhaupt benötigt wird – beim Kochen brauchen wir anderes Licht als beim Arbeiten, Lesen oder Baden – müssen auch wichtige Themen wie Energieeffizienz, Farbwiedergabe oder Farbtemperatur berücksichtig werden. Denn letztendlich interpretiert jeder Mensch Licht anders und hat deshalb andere Präferenzen. Licht ist also durchaus ein subjektives Konzept. Denn während die einen indirektes Licht in warmen, gelblichen Tönen bevorzugen, muss es für andere möglichst hell und weiß sein.
 

LANGLEBIGKEIT UND QUALITÄT


Entsprechend hat sich die Industrie in den letzten Jahren ziemlich gewandelt – nicht nur, weil die gute alte Glühbirne mittlerweile komplett verschwunden ist. Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit stehen heute eindeutig im Fokus der Produktion. Aber genauso hat sich auch die Qualität des Lichts in den letzten Jahren stark verbessert. Vor allem mit Blick auf die CRI-Werte. Dahinter verbirgt sich eine Messgröße, die bestimmt, wie gut Farben im Vergleich zur Sonne von einer bestimmten Lichtquelle wiedergegeben werden. Je höher der CRI-Wert, desto natürlicher nehmen wir die Farben wahr. Zumindest in puncto Wahrnehmung muss man sich daher mittlerweile gar nicht mehr zwischen natürlich und künstlich entscheiden – was mittlerweile zu einem der großen Wohntrends wird: Biophiles Licht.


»Jeder Mensch interpretiert Licht anders.«
 

Dahinter verbirgt sich ein Ansatz aus der Architektur, Wohnen möglichst natürlich zu gestalten und so die Verbindung zwischen Mensch und Natur zu stärken. Und überall, wo das „nicht ganz natürlich“ funktioniert und/oder die Natürlichkeit wie schon erläutert an ihre Grenzen stößt, kommt die Technik mit ins Spiel. Denn sie kann Farbwiedergabe, Lichtspektrum und Lichtquellen so steuern, dass sie dem biophilen Ansatz entsprechen und demnach positiv auf den natürlichen Rhythmus der Bewohner eines Hauses einzahlen.
 

TECHNIK WIRD ESSENZIELL


Überhaupt nimmt die Technik mittlerweile eine zentrale Rolle bei unserer „täglichen Lichtzufuhr“ ein – zumindest in den Innenräumen. Denn der Trend zur intelligenten Beleuchtung – sowohl bei natürlichem als auch bei künstlichem Licht – setzt sich fort. Lampen können mittlerweile einfach per Smartphone-App oder Sprachsteuerung an- und ausgeschaltet werden. Und wer auf Sensorik setzt, kann heute schon erleben, wie das Licht mit einem durchs Haus „wandert“. Es ist hat definitiv Wohlfühlcharakter, wenn man im Herbst das Wohnzimmer betritt und schon bei den ersten Schritten genau die beiden Lampen am Lieblingslesesessel in der Intensität leuchten, wie man es für gemütliche Leseabende mag. Und genau dafür sorgen smarte Beleuchtungssysteme heute: Sie schaffen mühelos genau die individuelle Atmosphäre in jedem Raum, wie es den Bedürfnissen der Bewohner und der Nutzungsart des Raums entspricht.

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