Bauen für die Zukunft

Der Bausektor kann bei der Bekämpfung der Klimakrise einen erheblichen Beitrag leisten, wenn er sich nennenswert verändert. Eine neu gegründete Institution will dafür eine Vision entwickeln und handeln.

Illustration: Andres Muñoz Claros
Illustration: Andres Muñoz Claros
Carolin Wilms Redaktion

 

„Wir reden viel von Flugscham, aber nie von Bauscham“, sagt Manja Schüle, Wissenschaftsministerin von Brandenburg. Etwa elf Prozent der globalen Emissionen entstehen durch die Produktion von Beton. Hingegen verursacht der gesamte Flugverkehr ein Fünftel dieses Klimaeffektes. Der Bausektor ist insgesamt für rund vierzig Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, berücksichtigt man Errichten, Nutzen und Rückbau von Gebäuden und Infrastrukturen.

„Das muss sich schleunigst ändern“, so Hans Joachim Schellnhuber, Gründer und früherer Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung. „Wenn wir die gebaute Umwelt nicht in die Klimagleichung einbeziehen, dann haben wir keine Chance, die Zwei-Grad-Linie von Paris zu halten.“

Inzwischen hat Schellnhuber, der die europäische Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim Klimaschutz berät, zusammen mit der Architektin Annette Hillebrandt, dem Präsidenten des Umweltbundesamts Dirk Messner und zwanzig weiteren Persönlichkeiten das „Bauhaus der Erde“ gegründet. Dieses soll aus einem Thinktank, einem Innovationslab und einem internationalen Netzwerk von Wissenschaftlern bestehen. Erklärtes Ziel ist es, die gebaute Umwelt nachhaltig zu transformieren.

Von der Leyen griff bei ihrer ersten Rede zur Lage der Union den Gedanken des neuen europäischen Bauhauses auf: Es solle Architekten, Künstlern, Ingenieuren und Designern einen Raum bieten, um dem Systemwandel ein Gesicht zu verleihen. In diesem Sinne soll an die Bauhaus-Bewegung des 20. Jahrhunderts mit seinem ganzheitlichen Ansatz angeknüpft und ein breiter gesellschaftlicher Diskurs anstoßen werden, der eine neue Vision der gebauten Umwelt hervorbringt. Diese soll sich an den Begriffen Nachhaltigkeit, Teilhabe und Ästhetik orientieren und in den nächsten Jahrzehnten umgesetzt werden.

Genau daran will „Bauhaus der Erde“ anknüpfen. „Was der Baubranche bislang nicht gelungen ist, ist ein großes Narrativ zu entwickeln. Eine große, überzeugende, sympathische Erzählung davon, wie wir in Zukunft bauen und leben wollen“, so Schellnhuber. Um etwa den CO2-Ausstoß beim Bauen zu reduzieren, hat Schellnhuber konkrete Ideen: „Wenn wir Stahlbeton durch organische Materialien wie Holz oder Bambus ersetzen, können wir erhebliche Mengen an klimaschädlichen Emissionen vermeiden. Mit regenerativer Architektur könnten wir uns quasi aus der Klimakrise herausbauen.“ Um dies umzusetzen, fördert die Stiftung Laudes Foundation der C&A-Unternehmerfamilie Brenninkmeijer das Projekt mit 2,5 Millionen Euro. Zudem hat das Land Brandenburg eine Unterstützung von jährlich 500.000 Euro ab dem Jahr 2022 zugesagt.

Co-Geschäftsführer Philipp Misselwitz sagt: „Das Bauhaus der Erde will keine rein akademische Institution werden, sondern vor allem konkrete Reallabore initiieren, in denen mit allen Akteuren gemeinsam die Innovationen im Denken und Handeln entstehen, die wir für einen erfolgreichen sozial-ökologischen Umbau unserer Kommunen und urbanisierten Regionen dringend brauchen.“

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