DIE ENERGIE- MASCHINE

Für viele wurden sie zum Sinnbild verfehlter Politik der Ampelregierung: Wärmepumpen. Dabei können sie erstaunliche Dinge. Wärmepumpen produzieren mehr Wärme und Kälte, als die zugeführte Energie erlauben würde. Es liegt auf der Hand, dass sie sich abseits politischer Ränkespiele als Gebäude- heizung durchsetzen werden.

Einfach, weil sie überlegen sind.

Illustration von Sophia Hummler
Illustration von Sophia Hummler
Mirko Heinemann Redaktion

Der Staat gibt Geld. Sehr viel Geld. „Die För- derung ist jetzt top – bis zu 70 Prozent“, verkündete Robert Habeck, als er im August durch Norddeutschland reiste, um für die „Wärmewende“ zu werben. Wenn man den Förderbescheid vom Staat erst habe, gelte er – unabhängig davon, wer künftig die Regierung stellt. Dennoch warnte der Grünenpolitiker davor, bis zur Bundestagswahl im kommenden Jahr zu warten. „Dann kann es ein böses Erwachen geben.“

Aber warum? Selbst wenn eine künftige Koalition die Förderung wieder zurückschrauben würde, selbst wenn das Heizungsgesetz außer Kraft gesetzt würde, selbst wenn es wieder Frieden mit Russland und einen neuen Gasvertrag gäbe: Würde das an der Präferenz für die Wärmepumpe als Heizsystem etwas ändern? Wohl kaum. Das hat zum einen klimapolitische Gründe: Die Klimakrise geht auch mit einer konservativen Regierung nicht weg. Auch wenn sie so täte, als gäbe es ihn nicht, wird sich der Klimawandel immer wieder mit Naturkatastrophen und Extremwettereignissen zurückmelden und Handlungsbedarf anmelden. 

Zum anderen gelten weiterhin die Ziele des Pariser Klimavertrags von 2015, den weltweiten Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad Celsius, auf jeden Fall aber auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu beschränken. Es gelten ebenso die Dekarbonisierungsziele der Europäischen Union und der Bundesregierung: Die Treibhausgas-Emissionen sollen demnach bis 2030 um mindestens 65 Prozent und bis 2040 um mindestens 88 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Bis zum Jahr 2045 will Deutschland treibhausgasneutral wirtschaften. Nach dem Jahr 2050 sollen sogar negative Treibhausgas-Emissionen erreicht werden. 

Mit Erdöl oder Erdgas ist ist das nicht möglich. Also nicht mit einer Öloder Gasheizung – oder richtig: Nur dann, wenn sie statt mit Erdöl mit Green Fuels oder statt mit Erdgas mit grünen Gasen, etwa Wasserstoff, betrieben würde. Aber das wäre extrem ineffizient: Bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff gehen rund 26 Prozent der Energie verloren, bei Green Fuels sind es noch mehr. Die Wärmepumpe hingegen kann den Strom direkt nutzen. Wenn also jemand von Wasserstoffheizungen spricht, ist das ideologisch bedingt. Technisch wäre es unsinnig.
 

»Es ist eine reine Kosten-Nutzen-Rechnung«
 

Und so bleibt die Wärmepumpe das derzeit klimaschonendste Heizgerät, weil es in der Lage ist, Strom aus Erneuerbaren Quellen in Wärme umzuwandeln. Und das sogar mit einem Bonus: Denn im Gegensatz zu einer reinen Elektroheizung, die Strom direkt in Wärme umwandelt, ist die Wärmepumpe in der Lage, aus ihrer Umgebung Energie zu beziehen und sie der elektrischen Energie hinzuzufügen. Das Prinzip der Wärmepumpe ähnelt dem eines Kühlschranks, nur umgekehrt. Während ein Kühlschrank dem Innenraum Wärmeenergie entzieht und diese nach außen leitet, macht eine Wärmepumpe das Gegenteil. Eine klassische Wärmepumpe entzieht der Luft außerhalb des Gebäudes Wärmeenergie und macht sie für die Beheizung des Innenbereichs nutzbar. Neben der Außenluft ist eine Wärmepumpe in der Lage, auch andere Wärmequellen anzuzapfen, etwa Wärmeenergie aus dem Grundwasser oder dem Erdreich in der Tiefe.

Drei technische Komponenten müssen zusammenspielen, damit die Wärmepumpe ein Gebäude beheizen kann: Zum einen ist das die sogenannte, Wärmequellenanlage, also das Gerät, das der Umgebung die Energie entzieht. Dann kommt das Herzstück, die eigentliche Wärmepumpe. Sie macht die Umweltwärme nutzbar. Und die dritte Komponente gibt es in jedem Heizungssystem, nämlich das Speichersystem und die Wärmeverteilung.

Nur im Zusammenspiel ermöglichen die Bestandteile einer Wärmepumpe die Nutzung von Umweltenergie. Der Prozess beginnt mit der Wärmequellenanlage. Die handelsübliche Luft-Wasser-Wärmepumpe saugt die Außenluft über einen Ventilator an. Diese Luft gelangt zur eigentlichen Wärmepumpe. Die hebt in einem sogenannten Kältekreisprozess das Temperaturniveau an. Anschließend wird die Heizwärme auf das Verteilsystem aus Fußbodenheizung oder Heizkörper übertragen oder in einem Puffer- oder Warmwasserspeicher gespeichert. 

Weil die Temperatur der gewonnenen Wärme in der Regel nicht ausreicht, um ein Gebäude oder das Warmwasser zu erwärmen, ist bei der Funktionsweise der Wärmepumpe ein thermodynamischer Prozess notwendig. Der beginnt mit dem Verdampfen: Am Verdampfer geht die Umweltwärme auf ein flüssiges Kältemittel über, das aufgrund seiner Eigenschaften schon bei niedrigen Temperaturen verdampft. Ein strombetriebener Kompressor, der als Verdichter bezeichnet wird, saugt den Kältemitteldampf an und presst diesen zusammen. Durch den Druckanstieg erhöht sich auch die Temperatur. Beobachten lässt sich das Prinzip nicht nur bei der Funktion der Wärmepumpe. Wird bei einer Fahrradluftpumpe die Öffnung zugehalten und die Luft zusammengedrückt, erwärmt sich der Zylinder der Luftpumpe. Am Verflüssiger wird die Wärme des heißen Kältemitteldampfes auf das Wärmeverteilsystem übertragen. Da das Kältemittel Energie abgibt, kühlt es sich ab. Das sogenannte Expansions- oder Entspannungsventil reduziert den Druck des Kältemittels. Dadurch geht es wieder in seinen Ausgangszustand über und der Wärmepumpenprozess kann von Neuem beginnen. Das Prinzip kann man zum Beispiel auch bei einer Flüssiggasflasche beobachten. Wird das Ventil geöffnet, kann es selbst im Sommer zur Eisbildung an dem Ventil kommen.

Bei der Wärmepumpe wird also mechanische Arbeit in Form von Kompression und Expansion genutzt, um thermische Energie zu gewinnen. Diese mechanische Arbeit erzeugt Geräusche: Zum einen ist das bei einer Luft-Wasser-Wärmepumpe der Ventilator. Zum anderen entstehen hörbare Luftbewegungen. Auch der Lüftermotor und der elektrische Kompressor (Verdichter) erzeugen Geräusche. Beim Anlaufen einer Wärmepumpe können die Geräusche lauter sein. Ebenso beim sogenannten Abtauen: Sinkt die Temperatur beim Verdampfen unter den Taupunkt der Luft, kann sie vereisen. Um diese Vereisung zu lösen, verfügen moderne Wärmepumpen über Abtauprogramme, die ein Rauschen verursachen können. Die Lautstärke von Luft-Wärmepumpen soll laut Herstellerangaben 60 Dezibel nicht überschreiten. Demgegenüber gilt die Lautstärke von Erdwärmepumpen und Wasserwärmepumpen als vernachlässigbar. Dennoch sollte bei der Aufstellung einer Wärmepumpe der Ort gut überlegt werden.
 

»Die Wärmepumpe funktioniert auch im Winter bei niedrigen Außentemperaturen.«
 

Damit die Wärmepumpe ihre Funktion erfüllen kann, ist ein Kältemittel notwendig. Wärmepumpen der neuesten Generation – etwa die des Herstellers Viessmann – nutzen das natürliche Kältemittel Propan.. Wichtiges Merkmal ist der tiefe Siedepunkt, durch den die Flüssigkeit schon bei niedrigen Temperaturen von dem flüssigen in den gasförmigen Zustand übergeht. Dafür reichen sogar Temperaturen von minus 20 Grad Celsius aus. Deshalb funktioniert die Wärmepumpe auch im Winter bei niedrigen Außentemperaturen.

Illustration von Sophia Hummler
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Illustration von Sophia Hummler
Illustration von Sophia Hummler

Nutz man das Erdreich oder das Grundwasser als Wärmequelle für eine Wärmepumpe, lässt sich deren Effizienz steigern. Denn schon in zwei Metern Tiefe sinkt die Temperatur üblicherweise nie unter 5 Grad Celsius ab. Grundwasser hat üblicherweise eine Temperatur von rund 10 bis 12 Grad Celsius. In der Tiefe lässt sich ein Kühlmittelkreislauf in Form von Rohren installieren, in denen dann ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel zirkuliert, die sogenannte Sole. Die erwärmt sich in der Tiefe, wird heraufgepumpt, gibt ihre Wärme im Hauptgerät ab und wird als kältere Sole wieder in die Erde gepumpt, wo sie sich dann wieder erwärmt. 

Geht man noch tiefer in die Erde, wo die Temperaturen noch höher sind, kann man den Wirkungsgrad der Wärmepumpe, auch „Arbeitszahl“ genannt, noch steigern. 

Klassische Luft-Wasser-Wärmepumpen haben im Jahresdurchschnitt eine Arbeitszahl von mindestens 3, was bedeutet, dass sie aus einer Kilowattstunde Strom drei Kilowattstunden Wärme gewinnen können. Wasser-Wasser-Wämepumpen, die ihre Außenwärme aus dem Grundwasser beziehen, können bis zu fünf Kilowattstunden Wärme aus einer Kilowattstunde Strom gewinnen. Stammt der Strom für den Betrieb dann noch aus erneuerbaren Energien, laufen Wärmepumpen klimaneutral.

Dabei erzeugen sie ohne Probleme eine Vorlauftemperatur von 55 bis 60 Grad Celsius. Auch mehr wären möglich, aber das ginge auf Kosten des Wirkungsgrads. Deshalb gilt die Wärmepumpe im im Zusammenspiel mit einer Flächenheizung, etwa einer Fußbodenheizung, als beste Option. Hier reicht ein geringe Vorlauftemperatur, um das Gebäude warm zu bekommen. Faustregel: Je geringer der Temperaturunterschied zwischen Wärmequelle und gewünschter Heiztemperatur, desto effizienter arbeitet eine Wärmepumpe. 
 

»Rund 66 Prozent aller Haushalte in Norwegen nutzen eine Wärmepumpe als primäre Heiztechnologie.«
 

Im Moment werden enorm hohe Fördergelder für Wärmepumpen ausgeschüttet. Einen Zuschuss von 30 bis 70 Prozent für einen Heizungstausch können alle Eigentümer von Wohnungen und Häusern beantragen. Allerdings weiß niemand, wie lange es noch Geld vom Staat geben wird. Sollten CDU und CSU die Bundestagswahl im kommenden Jahr gewinnen und die Regierung stellen, ist unklar, ob sie das Programm weiterlaufen lassen. Aber auch so ist damit zu rechen, dass die Förderung langfristig abgebaut wird. Analog zum Förderungsabbau etwa von Solaranlagen wird man damit rechnen können, dass auch in Sachen Wärmepumpe die Preise fallen werden. 

Die Haltung der CDU zum Thema ist ambivalent. Einerseits möchte man dort das eng mit dem grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck verknüpfte Thema möglichst klein halten, anderseits aber möchte man auch nicht wider besseren Technikwissens als ideologisch verbohrt dastehen. Bemerkenswert ist ein Bericht im Spiegel von einem Besuch des CDU-Chefs Friedrich Merz, gemeinsam mit seinem Fraktionsvize Jens Spahn, bei der „Wärmepumpen-Akademie“ des Solar-Start-ups Enpal. Merz ließ sich vor einer Wärmepumpe fotografieren, die Daumen hochgereckt. Er sagte den erstaunlichen Satz: „Wir, die Union, wir stehen voll und ganz hinter dieser Wärmewende.“ Jens Spahn, der sich beim Termin auch vor einer Wärmepumpe hatte ablichten lassen, distanzierte sich kurz darauf über den Kurnachrichtendienst X, ehemals Twitter: Man werde das Heizungsgesetz der Ampel zurücknehmen und „den faktischen Zwang zur Wärmepumpe“ abschaffen.

Auch das ist bemerkenswert: Denn es gibt weder ein Verbot von Gas- oder Ölheizungen noch einen Zwang zur Wärmepumpe. Seit Januar 2024 gilt für Neubauten in Neubaugebieten, dass jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Es herrscht aber Technologieoffenheit. Jedem ist es unbenommen, etwa mit aus Pflanzenabfällen gewonnenem Biogas zu heizen oder einen elektrischen Heizlüfter anzuschließen und ihn mit Ökostrom zu betreiben.

Selbst die Verbrennung von Holz oder Holzpellets gilt gemäß dem Gebäudeenergiegesetz als „erneuerbar“. Und nicht nur das: Im Neubau gibt es sogar staatliche Förderung für den Einbau von sogenannten Einzelraumfeueranlagen. Bedeutet: Moderne Kaminöfen oder andere Holzfeueranlagen, etwa Pelletheizungen oder Kachelöfen im Effizienz-Neubau Stufe 40 werden von der staatlichen Kreditbank KfW gefördert. 

Welche Heizung man als Bauherr:in möchte, kann man im Rahmen des 65-Prozent-Anteils für Erneuerbare frei wählen. Und bei dieser Kosten-Nutzen-Rechnung schneidet die Wärmepumpe einfach sehr gut ab. Nicht zuletzt deshalb ist sie in Norwegen seit vielen Jahrzehnten auf dem Vormarsch. Rund 66 Prozent aller Haushalte in dem skandinavischen Land nutzen heute bereits eine Wärmepumpe als primäre Heiztechnologie. In Schweden sind es 50 Prozent. In Dänemark, wo die Fernwärme gut ausgebaut ist, 30 Prozent. 

Viele Vorurteile müssen ausgeräumt werden. Etwa, dass die Wärmepumpe nur effiziente Neubauten, nicht aber Altbauten beheizen kann. Dabei könnte die Wärmepumpe auch schlecht isolierte Gebäude beheizen – sie wäre aber dann nicht mehr so effizient, weil sie höhere Vorlauftemperaturen produzieren müsste. Aber das gilt nicht für alle Heizsysteme: Wärme, die aus den Fenstern oder den Wänden entweicht, ist teuer verschwendet. Wer das aber unbedingt möchte, kann auch Spezialwärmepumpen erwerben, die Vorlauftemperaturen bis zu 90 Grad Celsius liefern.

Laut Bundesverband Wärmepumpe (BWP) waren im Jahr 2023 knapp 450.000 Wärmepumpen in Deutschland installiert. Im ersten Halbjahr 2024 wurden in Deutschland 90.000 Heizungswärmepumpen verkauft. Nach „außergewöhnlich guten“ Jahren 2022 und 2023 habe sich der Wärmepumpenmarkt damit auf einem Niveau von rund 15.000 monatlich abgesetzten Geräten stabilisiert, so der Verband. „Die Wärmepumpenindustrie kann eine steigende Nachfrage problemlos bedienen und auch das Handwerk kann mehr Anlagen installieren“, erklärte BWP-Geschäftsführer Martin Sabel. „Über die letzten beiden Jahre wurden in der Branche Milliardenbeträge in Fertigungskapazitäten und Fachkräfte investiert. Diese Potenziale gilt es zu nutzen.“ Also: Auch am Installateur soll es nicht scheitern. 

Das Projekt „Wärmewende“ mag sich der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck auf die Fahne schreiben. Entschieden wird es von jedem und jeder einzelnen. Fazit bleibt: Wer weg will von der fossilen Heizung, wer nicht ideologisch verblendet ist und wer rechnen kann, wird an der Wärmepumpe kaum vorbeikommen – ob mit Ampelregierung oder ohne.

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