Wie lautet das Rezept?

Glücklich alt werden – wie geht das? Diese Frage haben wir Günther Krabbenhöft gestellt. Der 77-jährige Berliner ist begeisterter Techno-Anhänger, stets stilvoll gekleidet und meist guter Laune.
Günther Anton Krabbenhöft, 77, ist Model und regelmäßig bei Raves oder in Berliner Technoclubs anzutreffen. Er hat 145.000 Follower bei Instagram. Sein autobiografisches Buch heißt „Sei einfach Du!“ (Harper Collins Verlag).
Günther Anton Krabbenhöft, 77, ist Model und regelmäßig bei Raves oder in Berliner Technoclubs anzutreffen. Er hat 145.000 Follower bei Instagram. Sein autobiografisches Buch heißt „Sei einfach Du!“ (Harper Collins Verlag).
Günther Krabbenhöft Redaktion

 

Gibt es ein Rezept dafür? Ein Rezept eher nicht, aber mehrere Wege dahin. Ein Weg zum Beispiel ist das Tanzen. Tanzen tut mir gut, wenn mein Kopf zu platzen droht, weil er angefüllt ist mit Nachrichten, die verunsichern und erschüttern. Tanzen hilft mir, wieder den Moment zu lieben und Zuversicht und Hoffnung zu schöpfen im Hier und Jetzt.


Wenn ich tanze, bin ich dem Leben ganz dicht auf den Fersen, und alle Ängste und Zweifel werden ganz klein. Dann fluten mich unglaubliche Glücksgefühle, und ich fühle mich stark und voller Lebensfreude. Wenn ich jetzt, mit knapp 77, auf das Älterwerden schaue, wäre für mich die logische Antwort, wie man glücklich sein kann, folgende: Im Alter kann man eigentlich nur glücklich sein, denn das Wissen um seine Endlichkeit macht doch jeden Tag so kostbar und damit automatisch zu Tagen der Dankbarkeit und des Glücks.


Ich kann auch jedem nur raten, niemals das Quentchen Kindlichkeit, die Neugier und auch nicht die kleine Prise Anarchie abzulegen, und unbedingt die Lust und den Mut haben, seine Einzigartigkeit auch im Alter mit Freude zu leben. Nichts ist albern oder gar peinlich im Alter, wenn Mann oder Frau das liebt, was ihn oder sie glücklich macht. Heute weiß ich: Zum Jungsein ist man nie zu alt. Nicht jung sein, um des Jungseins willen, sondern weil man ganz stark spürt, dass sich das Denken, Handeln und Tun nicht mit dem tatsächlichen Alter deckt.
Manchmal halte ich inne, wenn ich mal wieder eine unbändige Lust verspüre, mit meinen jüngeren Freunden Dinge zu tun, die eigentlich nicht unbedingt bei meiner Altersklasse vermutet werden. Schaukeln zum Beispiel hat doch auch kein Verfallsdatum, ob für jung oder alt! Wenn ich mit der Schaukel ganz oben schwebe und es dann abrupt abwärts geht, ist das Kribbeln im Bauch mit 77 nicht viel anders als es mit sieben war. Nicht mein Alter bestimmt, wie ich lebe und was ich tue und für was ich mich begeistere, sondern mein Mindset. Für mich gilt: Runter vom Sofa und rein ins Leben.


Glücklich macht mich, wenn ich mit Hunderten von jungen Menschen in Ekstase mich den stampfenden Rhythmen in den Technoclubs hingebe. Unpassend, ungewöhnlich? Egal, wichtig ist, dass das, was ich tue, glücklich macht. Und sollte ich eines Tages körperliche Einschränkungen erleben, werde ich nicht beklagen, was ich nicht mehr kann, sondern mich über das freuen, was noch geht.


Irgendwann, so um die 60, habe ich beschlossen, vorwiegend GLÜCKLICH zu sein. Über diesen langen Weg zum Glück habe ich auch ein Buch geschrieben, denn glücklich sein ist eine Entscheidung! Es funktioniert! Und überhaupt gilt für mich: Schluss ist erst, wenn Schluss ist, und bis es so weit ist, gibt’s noch viel zu entdecken und zu erleben. Ist meine Stunde irgendwann gekommen, im letzten Moment dann rein in den Karton und laut sagen: Das war eine geile Fahrt durchs Leben, mit vielen Stopps, vielen Höhepunkten, viel Freude und vielen Abschieden, lächelnd und mit Tränen.

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