Sicherheit ist machbar

Die Zahl der Einbrüche ist in Deutschland kontinuierlich gesunken, weil sich Menschen besser schützen. Einbrecher abzuschrecken ist meist nicht schwer.
Illustrationen: Merle Schewe
Illustrationen: Merle Schewe
Axel Novak Redaktion

Es ist nicht besonders originell: Wer Freunden einen Haustürschlüssel hinterlassen will oder verreist und dem Nachbarn die Katze zur Pflege anvertraut, der versteckt seinen Haustürschlüssel gern unter der Fußmatte oder im Blumentopf neben der Wohnungstür. Das ist tatsächlich einfach – und in Gegenden, in denen sich die Menschen vertrauen, auch praktikabel. Anders sieht es dort aus, wo sich die Menschen nicht mehr kennen und jeder Passant argwöhnisch beäugt wird.

 

Wer hier seinen Schüssel unter die Fußmatte legt, handelt nicht nur unvorsichtig, sondern mindestens grob fahrlässig. Denn er hebelt das grundlegendste Prinzip der Eigensicherung aus: Es Einbrechern nicht zu einfach zu machen.

 

Rund 110.000 Wohnungseinbrüche sind 2018 den deutschen Versicherern gemeldet worden, rund 20.000 weniger als im Jahr zuvor. Im Durchschnitt verursachte ein Einbrecher 2018 Schäden in Höhe von rund 2.850 Euro, so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Insgesamt liegt die Höhe der Schäden mit 310 Millionen Euro auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren.

 

Vorsorge wirkt

 

„An den sinkenden Einbruchzahlen wird deutlich: Vorsorge wirkt! Viele Hausbesitzer haben in den vergangenen Jahren in bessere Sicherheitstechnik investiert, das zahlt sich aus“, sagt GDV-Präsident Wolfgang Weiler. Mit der Corona-Pandemie dürften die Zahlen noch deutlicher sinken. Weil viele Menschen im Homeoffice arbeiten, stehen Einbrecher oft vor Türen, die verschlossen sind und hinter denen Menschen arbeiten. Die Polizei hat festgestellt, dass die Anzahl der Einbrüche zwischen dem 1. März und dem 5. April 2020 um bis zu 30 Prozent gegenüber demselben Zeitraum 2019 gesunken ist. Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW wurde „nur“ 1.620 mal eingebrochen – ein Drittel weniger als im Vorjahr.

 

Das hat Folgen: Bei den Deutschen ist die Angst vor Straftaten relativ wenig ausgeprägt. Auf der Liste der Ängste liegt sie weit abgeschlagen hinter Donald Trump, der EU-Krise, dem unkontrollierten Zuzug von Ausländern oder der Drogensucht der eigenen Kinder, so das Statistikportal Statista im September 2020.

 

Die Schäden übernimmt die Hausratversicherung – wenn vorhanden. Für gestohlenes oder zerstörtes Inventar, Reparaturkosten und eine Wertminderung bei unbenutzbaren Gegenständen zahlt sie in der Regel den Wiederbeschaffungswert. Sie zahlt jedoch nicht oder weniger, wenn die Wohnungstüre nicht richtig verschlossen war – oder der Schlüssel unter der Fußmatte liegt. Von den materiellen Schäden unbenommen bleiben die psychischen Auswirkungen. Wer einmal einen Einbruch erlebt hat, der fühlt sich stark verunsichert. Geräuschempfindlichkeit, Schlafstörungen oder diffuse Ängste sorgen für Stress und belasten die Opfer noch lange Zeit.

 

Einbrecher sind oft Gelegenheitstäter

 

Sicher, ein hundertprozentiger Einbruchschutz lässt sich bei einem normalen Wohnhaus nicht erreichen. Allerdings gibt es ein paar Vorsichtsmaßnahmen, die jeder treffen kann, um sein Heim für Einbrecher so unattraktiv wie möglich zu machen. Wichtigster Grundsatz ist: Mach es Übeltätern so schwer wie möglich.

 

„Einbrecher sind meist heimliche Täter. Sie wollen nicht gesehen und natürlich nicht erwischt werden“, erläutert der Leiter Technische Prävention der Berliner Polizei, Kriminalhauptkommissar Georg von Strünck, in einem Interview mit der GDV. „Drei Viertel der Einbrüche in Einfamilienhäusern finden in der dunklen Jahreszeit zwischen Ende Oktober und Ende Februar/Anfang März statt. Und zwar meist, bevor die Bewohner nach Hause kommen.“

 

Dabei sind Einbrecher selten Profis, sondern eher scheue, aber durchaus dreiste Gelegenheitstäter. Sie planen zwar einen Einbruch, haben aber meist kein konkretes Objekt ausgespäht und schlagen zu, wenn sie den Eindruck haben, dass sie unentdeckt bleiben. Aus dem Grund sind Alarmanlagen, Bewegungsmelder oder beleuchtete Außenbereiche oft abschreckend. Sind sie sichtbar angebracht, verhindern sie Einbrüche, weil sie auf die Täter aufmerksam machen.  

 

Das Gleiche gilt übrigens für Videokameras und sogar Kameraattrappen – solange die Verkabelung nicht erkennbar im Nirgendwo mündet.

 

Einbrecher steigen durch das Fenster oder die Terrassen- und Balkontüren im Erdgeschoss, Souterrain oder sogar im ersten Stock ein. Meist können sie mit relativ wenig Widerstand rechnen, denn viele Fenster oder Türen lassen sich ohne große Mühe mit einem Schraubendreher aufhebeln, am Griff einschlagen oder an der Dichtung durchstechen.  Aus dem Grund sind einbruchhemmende Haus- und Wohnungstüren die wichtigste und sinnvollste Investition für mehr Sicherheit. Auch Mieter können ihre Wohnung zum Beispiel mit besseren Schließzylindern oder Querriegelschlössern nachrüsten, wenn der Vermieter damit einverstanden ist. Auch die Fenster sollen mit einem geprüften einbruchhemmenden Fensterbeschlag und einem abschließbaren Fenstergriff ausgerüstet werden.

 

Selbst im ersten Stock sind Einbrüche wahrscheinlich, denn häufig ist es ein Kinderspiel, über Mülltonnen, Gartenmöbel oder andere Klettermöglichkeiten auf Balkons und zu Fenstern im ersten Stock zu gelangen. Sogar Regenfallrohre, Rankgitter, Carports oder – bei Wohnhäusern – die Werbeschilder von Ladenlokalen klettern Einbrecher schnell und ziemlich unkompliziert in den ersten Stock.

 

Förderung für Sicherheitsmaßnahmen

 

Der Schutz der Wohnung wird durch die öffentliche Hand unterstützt. So gibt es in vielen Städten Mitarbeiter der Polizei, die vor Ort beraten. Und die Kreditanstalt für Wiederaufbau fördert Sicherheitseinrichtungen mit maximal 1.600 Euro pro Wohneinheit. Allerdings bleibt noch einiges zu tun. Denn einbruchhemmende Fenster und Türen sind in Deutschland bei Neubauten nicht Standard. Es gibt keine Vorschriften, die regeln, wie Fenster und Türen beschaffen sind und welche Widerstandsklassen sie aufweisen sollen. „Nahezu jeder zweite Einbruchsversuch wird abgebrochen, weil Täter nicht schnell genug ins Haus kommen“, sagt GDV-Präsident Weiler. Er fordert deshalb: „Moderne
Sicherheitstechnik muss als Standard in die Bauvorschriften für Neubauten aufgenommen werden.“  Bis dahin bleibt der Eigenschutz der Eigeninitiative überlassen.

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