Wer sich die Website des Start-ups WEW Hydrogen anschaut, sieht schon auf der Landing Page das Geschäftsmodell auf den Punkt gebracht: Vor einem grünen Hintergrund schiebt sich ein Gebilde, das aus einem großen und zwei kleinen Tropfen zu bestehen scheint, durch das Bild. Ein Lichtstrahl fährt hinein und sprengt das Gebilde. Der große Tropfen verschwindet, die zwei kleinen fügen sich zusammen. Voilà: fertig ist das Wasserstoffatom, das aus zwei Atomen bestehende H2.
WEW wurde 2021 von Wiebke Lüke, Gregor Polcyn und Lukas Lüke gegründet. Die Idee: WEW baut alkalische Elektrolyse-Stacks. Dahinter verbergen sich die Kernstücke von Elektrolyseuren, also Geräten, die mit Hilfe von elektrischem Strom aus Wasser den begehrten Wasserstoff gewinnen. Stacks sind die teuersten Bestandteile im Elektrolyseur und WEW glaubt mit einer speziellen Herstellungsweise den Wasserstoff möglichst kosteneffizient und dadurch wettbewerbsfähig produzieren zu können. „Stack Revolution“ heißt das Ganze und es wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit mehr als 16 Millionen Euro gefördert.
WEW befindet sich nicht zufällig in Dortmund, im Herzen des immer noch industriell geprägten Ruhrgebiets. Denn Wasserstoff ist das Molekül, aus dem die Zukunft der Industrie ist. Jedenfalls, wenn sie nachhaltig und klimafreundlich sein soll. In Sachen Technologien von Erzeugung, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff gehört Deutschland weltweit zur Spitze – und insofern ist es naheliegend, dass technologiegetriebene Start-ups rund um den Wasserstoff wie überhaupt Unternehmensgründungen in GreenTech hier einen besonderen Stellenwert genießen. Abseits dieser Branche ist es mit den deutschen Start-ups leider nicht ganz so gut bestellt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2023 in Deutschland rund 118.500 Betriebe gegründet, deren Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf eine „größere wirtschaftliche Bedeutung“ schließen lassen. Diese Definition wendet das Amt an, wenn Destatis mitteilt, das waren 2,9 Prozent mehr neu gegründete größere Betriebe als im Vorjahr. Das klingt zwar erst einmal gut, ist aber im langjährigen Vergleich ein Ausreißer und wohl auf Nachholeffekte der Corona-Pandemie zurückzuführen. Im langjährigen Vergleich sinkt die Zahl der Gründungen kontinuierlich, so wurden 2013, also vor zehn Jahren, 129.000 Betriebe gegründet.
Gleichzeitig gaben im Jahr 2023 rund 96.600 Betriebe mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung ihr Gewerbe vollständig auf. Das waren 7,9 Prozent mehr als im Jahr 2022. Dennoch war die Zahl der Betriebsgründungen auch 2023 wie in allen Jahren seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2003 höher als die Zahl der Betriebsaufgaben. Der Überschuss der Gründungen gegenüber der Geschäftsschließungen blieb relativ stabil.
Natürlich ist nicht jede Betriebsgründung ein Start-up. Die Definition folgt einem Klischee und insofern recht flexibel. Allgemein gesagt, bezeichnet man als „Start-up“ neu gegründete Unternehmen mit innovativem, visionärem Ansatz und hohem Wachstumspotenzial. Meist, aber nicht immer, steht dahinter ein digitales Geschäftsmodell, das hoch skalierbar ist. Start-ups sind für ihr Wachstum auf Investoren angewiesen.
Legt man diesen Rahmen an, sieht es schlechter aus mit den Gründungen. Laut Start-up-Verband wurden 2023 in Deutschland knapp 2.500 Start-ups gegründet. Gegenüber dem Vorjahr sei das ein Rückgang von knapp 5 Prozent. Die Zahlen werden gemeinsam mit der Datenbank „Startupdetector“ ermittelt. Danach ist mit 468 Gründungen Berlin Spitzenreiter bei den absoluten Gründungen, relativ zur Einwohnerzahl hatte sich im Vorjahr München auf Platz 1 geschoben. Unter dem Strich gab es in beiden Städten aber weniger Neugründungen als in den vorherigen Jahren, der Verband sagt es so: „Der Gründungsmotor in den beiden Hotspots stottert.“ Berlin ist mit einem Rückgang von 7 Prozent, München sogar mit einem Rückgang von 13 Prozent konfrontiert. Hamburg dagegen kann entgegen dem Bundestrend ein Wachstum um 10 Prozent verzeichnen. Auffällig sei die Dynamik forschungsstarker Gründungsstandorte wie Darmstadt, Karlsruhe oder auch Heidelberg – hier schlummerten Deutschlands große Potenziale. Um deutsche Universitäten entstehen zunehmend innovative Start-ups, die wissenschaftliche Durchbrüche schnell in die unternehmerische Praxis bringen.
Kommen wir zum GreenTech-Sektor, der tatsächlich für Deutschland so etwas ist wie für das Silicon Valley die Start-ups mit Ideen rund um die Künstliche Intelligenz. Einen Einblick in den Bereich bietet der startupdetector Report aus dem Jahr 2022. Damals sank die Zahl der Start-up-Neugründungen gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent und Investoren hielten sich mit neuen Investments zurück. Und das, nachdem die Corona-Pandemie gerade überwunden schien und neue Hoffnung auf Wachstum keimte.
Zugleich begann Russlands Krieg gegen die Ukraine, die Inflation stieg auf Rekordniveau. Die Krisen, die unsichere Wirtschaftslage, die damit einhergehenden Preissteigerungen drückten auf die Gründungstätigkeit. Dennoch: Gründungen im Bereich GreenTech verzeichneten – neben Blockchain-basierten Produkten – Zuwächse. Investoren nahmen die Wichtigkeit grüner Technologien für die Zukunft offenbar ernst. Allein GreenTech erlebte einen Zuwachs an Finanzierungsrunden um 44 Prozent – wohlgemerkt 2022. Und was ist mit den Gründerinnen, auf denen große Hoffnungen liegen? Deren Anteil von Gründungen war während der ersten beiden Pandemiejahre deutlich gestiegen. Doch 2022 wurde die Hoffnung auf den Beginn eines positiven Trends wieder getrübt. Der Gründerinnenanteil sank wieder deutlich auf 37 Prozent, berichtete das Bundeswirtschaftsministerium unter Berufung auf den KfW-Monitor. Bei Vollerwerbsgründungen sei der Anteil von Frauen noch stärker zurück gegangen, nämlich auf 34 Prozent. Bei Nebenerwerbsgründungen liegt er bei 41 Prozent, das sei knapp überdurchschnittlich.
Es zeige sich einmal mehr, dass der jährliche Gründerinnenanteil „beständig um seinen langjährigen Durchschnitt von 39 Prozent schwanke“, so das Ministerium. Etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen wird von Frauen gegründet. Dieser Wert findet sich übrigens auch im eingangs erwähnten Wasserstoff-Start-up WEW Hydrogen: Dort ist einer der drei Gründer eine Gründerin.