Gesund bleiben

Prävention statt Rehabilitation: Vorsorgliche Gesundheitsmaßnahmen sollen Beschäftigte vor ernsten Krankheiten bewahren.

Illustration: Rosa Viktoria Ahlers
Illustration: Rosa Viktoria Ahlers
Olaf Strohm Redaktion

Anna Speidel war Leistungssportlerin. Bis sie einen Fahrradunfall hatte. Eine Operation am Knie folgte. Seit sechs Jahren arbeitet sie sich in in ihr früheres Leben zurück. „Krafttraining, schwimmen, laufen, Rad fahren – das geht wieder ganz gut“, erzählt die Angestellte. Speidel ist wichtig, dass sie körperlich und mental wieder fit wird – und bleibt. Die ersten Zipperlein nagen am Befinden der 52-Jährigen, die Wechseljahre dräuen am Horizont. „Man weiß nicht, was auf einen noch zukommt“, sinniert die aktive Frau, die im wirklichen Leben anders heißt. 

Deshalb hat Anna Speidel am Programm RV Fit der Deutschen Rentenversicherung teilgenommen. Es wurde eigens für Beschäftigte entwickelt, die an ihrer Gesundheit arbeiten wollen, bevor es zu einer ernsten Erkrankung kommt, etwa zum Burnout oder zum Bandscheibenvorfall. Um teilnehmen zu dürfen, braucht es keinen Unfall, wie ihn Anna Speidel hatte. Es gibt nicht einmal eine Altersgrenze. Das Programm entspringt einem Umdenken beim betrieblichen Gesundheitswesen, das wiederum der demografische Wandel ausgelöst hat: Immer älter werdende Belegschaften, der Wandel der Arbeitswelt mit zunehmender Arbeitsverdichtung, Digitalisierung, hoher Wettbewerbsdruck – das alles lässt die Anforderungen an die Beschäftigten steigen. 

Um die Gesundheit der Beschäftigen zu bewahren, setzt der Gesetzgeber, setzen immer mehr Betriebe auf präventive Maßnahmen. Das beginnt bei gemeinsamen Sportaktivitäten, die viele Unternehmen ihren Angestellten anbieten. Massagen im Büro. Oder eine Gratis-Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder im Schwimmbad. Der Mehrwert kommt sowohl Arbeitnehmenden als auch Arbeitgebenden zugute: den einen durch eine bessere Gesundheit, den anderen durch weniger Fehlzeiten. 

Das Programm der Rentenversicherung RV Fit startet mit einem fünftägigen Aufenthalt in einer Rehaklinik. Teilnehmende werden in dieser Zeit von der Arbeit freigestellt. Wenn Anna Speidel von ihrem Aufenthalt dort erzählt, gerät sie ins Schwärmen. Unglaublich freundlich sei sie empfangen worden, das Haus habe wie ein Kurhotel gewirkt. Die Anamnese habe der Chefarzt durchgeführt. Es folgte eine umfangreiche Diagnostik: Blutbild, EKG, Blutdruck, eine sportmedizinische Untersuchung, eine Ganganalyse. Und eine bioelektrische Impedanzanalyse, bei der die Zusammensetzung des Körpers exakt bestimmt werden kann: der Anteil an Fett, Muskeln, Knochen und Flüssigkeiten. 

Die Sportart Nordic Walking hat sie dort erstmals kennengelernt. Und war erstaunt, wie effektiv sie auf den Körper wirkt. Die weiteren Tage bestanden aus Sportprogrammen, Krafttraining, Aquafitness.

Ein Kurs führte in die Entspannungstherapie ein, in einem anderen lernte sie Achtsamkeit. Es gab Vorträge zu Ernährung, Stressmanagement. Den fünf Tagen in der Klinik schloss sich eine dreimonatige Trainingsphase an. Sie trainiert berufsbegleitend unter Anleitung eines Physiotherapeuten weiter.

Ihr Resümee: positiv. Anna Speidel wird aufgrund ihrer Knieverletzung keinen Leistungssport mehr machen können. Mit Nordic Walking hat sie jetzt einen guten Ersatz gefunden. „Ich hätte vorher nie gedacht, dass es etwas für mich sein könnte. Ohne die Präventionsmaßnahme hätte ich das nie entdeckt.“

 

GESUNDHEITLICHE PRÄVENTIONSPROGRAMME

KRANKENKASSEN

Seit 2015 sind die Krankenkassen auch gesetzlich zur Erbringung von Präventionsleistungen verpflichtet. Im Rahmen von Bonusprogrammen fördern sie das gesundheitsbewusste Verhalten ihrer Versicherten. Auch die regelmäßig von den Krankenkassen angebotenen Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene sind Teil der gesundheitlichen Prävention. Der sogenannte Check-up bei der Ärztin oder dem Arzt sollte eine Präventionsberatung umfassen, die sich an individuellen Risikofaktoren orientiert. Menschen, deren Lebensumstände es nicht ermöglichen, an regelmäßigen Angeboten zur Prävention und Vorsorge teilzunehmen (beispielsweise Beschäftigte im Schichtdienst oder pflegende Angehörige), können diese auch in kompakter Form in Kurorten wahrnehmen. Die Krankenkasse kann, wie bei der ambulanten Vorsorgekur, auf Antrag einen täglichen Zuschuss für die Unterkunft und Verpflegung übernehmen. Mehr Infos gibt es bei den jeweiligen Krankenkassen.
 

RENTENVERSICHERUNG

Die Träger der Rentenversicherung erbringen mit RV Fit Präventionsleistungen für Versicherte, bei denen erste gesundheitliche Beeinträchtigungen die ausgeübte Beschäftigung gefährden. Mit RV Fit können Beschäftigte kostenfrei gesundheitliche Probleme und Risiken frühzeitig und aktiv angehen. Das von Ärztinnen und Ärzten entwickelte Programm umfasst ein mehrmonatiges Präventionsangebot, das berufsbegleitend ausgeübt werden kann und Elemente zu Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung beinhaltet. Bereits bei ersten gesundheitlichen Beschwerden wie Verspannungen, leichtem Übergewicht, Stress oder Schlafproblemen können sich Versicherte für RV Fit anmelden. Ein ärztlicher Befundbericht ist nicht nötig. Von RV Fit sollen Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen profitieren: Beschäftigte können durch ein maßgeschneidertes Präventionsangebot den steigenden Anforderungen in Beruf und Alltag besser gerecht werden. Damit stehen sie den Unternehmen länger zur Verfügung. 

www.rv-fit.de
 

BETRIEBLICHE PRÄVENTION

Jeder Arbeitgeber in Deutschland hat die Möglichkeit, einen Betrag in Höhe von maximal 600 Euro pro Mitarbeitenden und Jahr für Maßnahmen der Primärprävention und Gesundheitsförderung einzusetzen, der nicht der Einkommenssteuer unterliegt. Dazu unterstützen Krankenkassen und Rentenversicherung die betriebliche Gesundheitsförderung. Krankenkassen können etwa eine Arbeitssituationsanalyse durchführen und auf der Basis ihrer Statistiken einen Gesundheitsreport für einen Betrieb anfertigen – er liefert eine schnelle und umfassende Analyse der Ist-Situation sowie Ansatzpunkte für Veränderungen. Es können Vorträge, kurze Gesundheits-Checks oder Informationsstände zu aktuellen Gesundheitsthemen wie Bewegung, Ernährung, Stress angeboten werden. Um verstärkt kleine und mittlere Unternehmen zu erreichen, haben die Krankenkassen gemeinsame regionale Koordinierungsstellen für betriebliche Gesundheitsförderung in den Bundesländern eingerichtet: 

www.bgf-koordinierungsstelle.de
firmenservice@deutsche-rentenversicherung.de

 

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