Erfolgreich mit ClimateTech

Es sind vor allem die jungen Wilden, die den Energiesektor aufmischen und die Energiewende vorantreiben.

Illustration: Julia Körtge
Illustration: Julia Körtge
Julia Thiem Redaktion

ClimateTech dominiert die Kapitalströme. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse des State of the European Tech Reports 2023. Junge, technologie-getriebene Unternehmen aus dem Energiesektor haben 2023 mehr als ein Viertel, nämlich 27 Prozent, des gesamten Kapitals angezogen, das in die europäische Technologiebranche investiert wurde. Damit hat sich der Anteil des Segments an den Gesamtinvestitionen im Vergleich zu 2021 mehr als verdoppelt. „Der Sektor Carbon and Energy hat die Sektoren Finance and Insurance sowie Software in Bezug auf das aufgebrachte Kapital überholt – ein gravierender Anstieg des in die grüne Transformation investierten Kapitals“, heißt es in den Erläuterungen des Reports.

Die Zahlen zeigen, dass das Kapital derzeit vor allem in Richtung eines Sektors fließt, in dem mit den richtigen Antworten auf die aktuell großen Herausforderungen die Chancen mindestens genauso groß sind. Auch der Energieversorger E.ON und der Europäische Investitionsfonds (EIF) sehen das Potenzial des Sektors und haben Mitte Februar mit dem Future Energy Ventures einen neuen Fonds aufgelegt, der in Innovationen für die Energiewende investieren soll. Das Volumen des Fonds liegt bereits bei 110 Millionen Euro, zu dem E.ON und der EIF jeweils zweistellige Millionenbeträge beigesteuert haben. Bis zu 250 Millionen Euro groß könnte der Fonds werden, der Start-ups und Scale-ups fördern soll, die digitale Lösungen für eine saubere Energieversorgung entwickeln und implementieren.


NACHFRAGE NACH CLIMATETECH BLEIBT HOCH


Dass sich der ClimateTech-Sektor derzeit so großer Beliebtheit bei Investoren erfreut, wundert Pia Dorfinger, Leiterin des Start-up-Ökosystems bei der Deutschen Energie-Agentur (dena), nicht. Sie betont, dass sich immer mehr Venture Capital auf die Themen Impact und Climate fokussiert: „Obwohl es Herausforderungen wie einen Rückgang der Eigenkapitalinvestitionen in Start-ups gibt, bleibt die Nachfrage nach Klimatechnologien hoch, was auf einen vielversprechenden Markt für Investoren hinweist. Zusätzlich steigt der Druck auf Unternehmen und die gesamte Wirtschaft, ihre Dekarbonisierung voranzutreiben, was eine verstärkte Innovationskraft erfordert, die von Start-ups bereitgestellt werden kann.“

Wie groß das Potenzial für Innovationen im Energiesektor ist, zeigt auch die SET100-Liste, die die dena jährlich veröffentlicht. SET steht dabei für Start Up Energy Transition und umfasst die 100 besten Climate-Tech-Startups. Auch deutsche

Dass sich der ClimateTech-Sektor derzeit so großer Beliebtheit bei Investoren erfreut, wundert Pia Dorfinger, Leiterin des Start-up-Ökosystems bei der Deutschen Energie-Agentur (dena), nicht. Sie betont, dass sich immer mehr Venture Capital auf die Themen Impact und Climate fokussiert: „Obwohl es Herausforderungen wie einen Rückgang der Eigenkapitalinvestitionen in Start-ups gibt, bleibt die Nachfrage nach Klimatechnologien hoch, was auf einen vielversprechenden Markt für Investoren hinweist. Zusätzlich steigt der Druck auf Unternehmen und die gesamte Wirtschaft, ihre Dekarbonisierung voranzutreiben, was eine verstärkte Innovationskraft erfordert, die von Start-ups bereitgestellt werden kann.“

Wie groß das Potenzial für Innovationen im Energiesektor ist, zeigt auch die SET100-Liste, die die dena jährlich veröffentlicht. SET steht dabei für Start Up Energy Transition und umfasst die 100 besten Climate-Tech-Startups. Auch deutsche Start-ups sind auf der Liste zu finden – etwa die Bremer Heatrix GmbH, die fossile Brennstoffe in energieintensiven Industrien ersetzen will. Dafür soll erneuerbarer Strom in speicherbare Hochtemperatur-Prozesswärme umgewandelt werden. Potenziell ein echter Game Changer, da es aktuell keine kohlenstoffneutrale, wettbewerbsfähige und leicht zu integrierende Lösung für emissionsintensive Industrien gibt, den CO2 Ausstoß zu reduzieren. Auf Künstliche Intelligenz setzt ein anderes erfolgreiches Energiewende-Start-up aus Deutschland. Mit ihrer KI-basierten Gebäudeanalyse bietet Lumoview eine schnelle Möglichkeit, Gebäude zu digitalisieren und so den CO2 Fußabdruck zu reduzieren. Nur zwei Sekunden braucht der KI-Scan, um zuverlässige 3D-CAD-Entwürfe eines Gebäudes zu erstellen.

Und das sind nur zwei Beispiele der 100 praxiserprobten Lösungen auf der SET-Liste, die bereits heute zur Verwirklichung der Energiewende beitragen. „Start-ups spielen eine maßgebliche Rolle bei der Förderung der Energiewende. Sie sind die treibende Kraft hinter der Entwicklung innovativer Technologien und Geschäftsmodelle in sämtlichen Bereichen und Stufen der Energiewende“, betont auch Dorfinger. Vor allem die Bandbreite der Start-ups ist dabei beeindruckend: Von der Energiewende über die Verteilung und den Vertrieb bis hin zu neuen Materialien und Konzepten einer Kreislaufwirtschaft – Start-ups agieren in sämtlichen Segmenten des Energiesektors, sei es Strom, Wärme, Industrie oder Mobilität. Entscheidender Faktor für Innovationskraft sei dabei immer der Einsatz neuer Technologien, sagt Dorfinger: „Durch ihre innovativen Softund Hardwarelösungen sowie durch disruptive Ansätze beschleunigen sie die Digitalisierung und helfen dabei, die Ziele der Energiewende und des Klimaschutzes zu erreichen.“


SINNSTIFTEND UND GEWINNTRÄCHTIG


Dass sich im Energiesektor Purpose, also eine sinnstiftende, nachhaltige Tätigkeit, und Gewinne durchaus vereinen lassen, zeigt die Erfolgsgeschichte von 1Komm5Grad – innerhalb weniger Jahre zum ersten Energie-Start-up mit Unicorn-Status aufgestiegen, also einer Bewertung von einer Milliarde US-Dollar. Hier sei jedoch noch lange nicht Schluss, erklärt Firmengründer Philipp Schröder in einem Podcast mit OMR. Er sieht durchaus die Chance, eine Trillion-Dollar-Company im Energiesektor aufzubauen. Auf dem Radar der Venture-Capital-Geber ist 1Komm5Grad schon lange. Auch Pläne für einen Börsengang hat das Unternehmen bereits verkündet – der schneller kommen könnte als ursprünglich gedacht. Derzeit ist von 2025 die Rede. Dann liegen die Finanzzahlen von drei vollen Jahren vor – ein Kriterium für einen IPO.

Solche Erfolgsgeschichten dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es wie in jedem Segment auch Herausforderungen für junge Unternehmen gibt. dena-Expertin Dorfinger sagt, dass es gerade in Wachstums- und Skalierungsphase für die Start-ups nicht immer einfach ist, an die nötigen Finanzmittel zu kommen. Auch die Navigation durch den stark regulierten Energiemarkt sei für Start-ups eine immense Herausforderung. „Zusätzlich kann ein erschwerter Zugang zu relevanten Daten die Entwicklung flexibler Lösungen und damit das volle Potenzial an Innovationen beeinträchtigen“, weiß Dorfinger. Und nicht zuletzt leiden Start-ups auch unter dem Fachkräftemangel, da sie hochqualifizierte Mitarbeitende benötigen, um ihre Innovationskraft voll entfalten zu können. Da aber vor allem die Regierungen weltweit starke politische Signale aussenden, um den CO2 Ausstoß zu verringern und um endlich klimaneutral zu werden, sind eben auch die Anreize groß, hierfür die passende Lösung beizusteuern. Insofern ist es keine ganz gewagte Prognose, dass der Energiesektor vielleicht noch das eine oder andere Unicorn mehr hervorbringen könnte.

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