Deutschland ist Ingenieurland – intellektuelle Ressourcen sind die Grundlagen für unseren Wohlstand. Mehr als eine Million Erwerbstätige können einen Studienabschluss als Ingenieur vorweisen, so das Statistische Bundesamt. 2016 waren 799.000 Beschäftigte auch als solche tätig – in der Forschung, Entwicklung, Konstruktion oder Produktion in der Maschinen- und Fahrzeugtechnik, der Mechatronik oder der Energie- und Elektrotechnik.
Personalmängel in diesen Branchen haben Auswirkungen auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes. Dass Unternehmen und Verbände schon seit langem einen Fachkräftemangel in allen MINT-Fächern – also solche für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – beklagen, muss daher beunruhigen.
„Ende April 2018 gab es in den MINT-Berufen insgesamt 486.600 offene Stellen“, sagt Prof. Dr. Axel Plünnecke vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. „Dies ist ein neuer Allzeit-Höchststand seit Beginn der Aufzeichnungen.“
Auch die Bundesagentur für Arbeit (BA) stellt in einigen Regionen den Fachkräftemangel fest. Indiz dafür ist die Vakanzzeit, also die Zeit, die ein Unternehmen benötigt, um einen freien Arbeitsplatz zu besetzen. Ist sie auffällig lang, könnte dies auf Fachkräftemangel hinweisen. Gerade in vielen Ingenieurfachrichtungen zeigen sich überdurchschnittliche Vakanzzeiten: bis zu 126 Tage waren Stellen im Schnitt nicht besetzt.
Dennoch weist die Bundesagentur darauf hin, dass nach wie vor deutlich mehr Arbeitslose als gemeldete Stellenangebote gezählt werden: „Die Daten der BA sprechen nicht dafür, dass es derzeit in allen MINT-Berufen an Fachkräften fehlt.“ Einzig in einigen Bereichen wie der Fahrzeugtechnik gebe es einen Expertenmangel. In anderen Fachrichtungen habe sich die Situation entspannt, so die BA.
Ein Grund dafür sind die gestiegenen Absolventenzahlen in naturwissenschaftlich-technischen Berufen. Immer mehr junge Menschen studieren ein MINT-Fach – 40 Prozent aller Studienanfänger. Doch eines hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert: Der Anteil von Frauen in den MINT-Berufen. Zwar ist jeder dritte Studienanfänger weiblich, aber – zum Beispiel in der Metall- und Elektroindustrie – nur jeder zehnte Beschäftigte.
Wie diese Quote erhöht werden kann, hat der Arbeitgeberverband Gesamtmetall durch die Genderforscherin Prof. Dr. Susanne Ihsen von der TU München untersuchen lassen. Ihsen schlägt mehrere Maßnahmen vor. Neben einem besseren Image der Unternehmen und der Arbeitsplätze könnte die Schulausbildung dazu beitragen, den Anteil von Frauen in der MINT-Ausbildung zu erhöhen. Aber als sehr wichtiges Element identifiziert sie eine Gruppe: „Eltern haben den größten Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder – und sollten deshalb aktiv in die Berufsorientierung eingebunden werden.“ Alle Vorhaben der Firmen, Jobs und Chancen attraktiver darzustellen, liefen ins Leere, wenn Eltern ihre Töchter nicht zu einer entsprechenden Berufswahl ermutigten.