Fit fürs nächste Date?

Demografischer Wandel und zunehmend spezialisierte Jobs führen zu Fachkräftemangel. Die Ansprüche sind enorm gestiegen – auf beiden Seiten. Eine unkonventionelle Anleitung für Recruiting und Jobsuche.

Illustration: Rosa Viktoria Ahlers
Illustration: Rosa Viktoria Ahlers
Lars Klaaßen Redaktion

Auf dem Arbeitsmarkt geht es ähnlich zu wie bei Tinder & Co., die halbe Welt scheint auf der Suche nach dem passenden Match zu sein: Mit wem ließe sich gemeinsam etwas angehen, wer ist hot? Viele signalisieren Interesse, doch die Ansprüche sind meist ziemlich speziell. Lebenslange Bindung war gestern. Früher oder später guckt mach sich um, ob sich nicht irgendwo noch etwas Besseres auftut. Online-Marktplätze erschließen scheinbar völlig neue Zugänge. Dort herrscht reger Betrieb. Wie groß in diesem Treiben die Chancen auf passende Angebote sind, hängt stark von den eigenen Qualitäten ab – und wie gut man sich verkauft. Darauf kommt es auf beiden Seiten an, bei der Rekrutierung wie bei der Jobsuche.
 

WER ARBEITSKRÄFTE SUCHT

Für Unternehmen, die Fachkräfte suchen, gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die Schlechte: Der demografische Wandel verschiebt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage zu ihren Ungunsten. Während die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in Rente gehen, rücken die Generationen Y, Z und Alpha in deutlich geringerer Zahl nach. Die Gute: Wie die Wirtschaft hat sich auch der Arbeitsmarkt globalisiert. Eine Chance für Player, die selbst international aufgestellt sind – und sich zutrauen, inmitten all der Konkurrenz dort draußen zu punkten.
 

1. BEDARF ZIELGENAU ERMITTELN

Die erste Frage beim Recruiting beantworten die Unternehmensziele: Wen brauchen wir? Akut relevant sind Abteilungen mit akutem Bedarf an Manpower, weil etwa der Kundendienst oder der Webshop ausgebaut werden soll. Wichtig ist zudem, wo es langfristig hingehen soll, welche Fähigkeiten dafür vonnöten sind. Die passenden Fachkräfte hierfür gewinnt man nicht allein mit guter Bezahlung. Auch mit attraktiven Arbeitsbedingungen wie flexiblen Dienstzeiten und Remote-Work lässt sich punkten.
 

2. NETZWERKEN

Wer Fachkräfte sucht, sollte dorthin gehen, wo sie unterwegs sind. Also ran an die sozialen Medien. Instagram und TikTok eignen sich fürs Employer Branding mithilfe von Fotos und kurzen Reels, in denen die eigenen Leute über die Unternehmenskultur erzählen. Generell lassen sich mit Videos positive Emotionen transportieren. Präsenz auf Portalen wie LinkedIn und Xing sind ohnehin ein Muss. Dort lassen sich gezielt Talente ansprechen und Stellenanzeigen posten. Gutes Content- und Influencer-Marketing steigern langfristig die Bekanntheit und Reichweite des Unternehmens.
 

3. ACTIVE SOURCING

Beim Recruiting für schwer zu besetzende Positionen empfiehlt sich Active Sourcing: von der strukturierten Suche mit passenden Keywords etwa bei Google, über Profile-Mining auf sozialen Netzwerken, bis hin zum Durchforsten der Lebenslauf-Datenbanken von Jobbörsen. Auch analoge Kanäle wie Jobmessen und eigene Veranstaltungen eignen sich für die aktive Suche.
 

4. RECRUITAINMENT

Jeder Dialog vermittelt das eigene Image auch auf einer emotionalen Seite. Warum also nicht auf unterhaltsame Weise mehr voneinander erfahren und testen, ob man zusammenpasst? Junge Talente sind mit Recrutainment oft schon vertraut. Das können spielerische Formen eines Assessment-Centers sein. Online nutzt man etwa Tests und Simulationen, die Computerspielen ähneln. Nicht aus jedem Kontakt wird ein Match – aber vielleicht später ja noch. Deshalb lohnt es, eine Datenbank anzulegen mit ehemaligen Praktikanten, Werkstudentinnen, Bewerbern, Kontakten aus sozialen Medien und von Veranstaltungen. Wenn man bereits Kontakt hatte, erhöht sich im Fall der Fälle die Chance auf ein positives Feedback.
 

5. MARKE STÄRKEN

Präzises Employer Branding sorgt dafür, dass solche Qualitäten auch bei den gewünschten Zielgruppen ankommen. Jobsuchende werfen nicht nur einen Blick auf die Unternehmenswebsite, sondern recherchieren auch in sozialen Netzwerken und lesen Beurteilungen auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen. Das Image des eigenen Unternehmens als Marke beeinflusst erheblich, ob man qualifizierte Fachkräfte für sich interessiert – oder ob diese sich anderswo umsehen.
 

WER EINEN JOB SUCHT

Auch auf der anderen Seite, bei der Jobsuche, stellt der Erfolg sich trotz Fachkräftemangel nicht von selbst ein. Mit akkuratem Bewerbungsschreiben samt Lebenslauf allein ist es selten getan. Dringend gesucht sind spezifische Qualifikationen – und in diesen Segmenten gibt es internationale Konkurrenz.
 

1. PROFIL SCHÄRFEN

Wer sich bewirbt, sollte wie ein Unternehmen auf der Bieterseite die eigenen Ziele definieren, sein Profil schärfen und sich auf die gängigen Marktplätze begeben. Präzise gewählte Schlüsselwörter machen eine Präsentation für die relevanten Arbeitgeber besser auffindbar. Hat man das Profil seines Traumjobs definiert, kann es auch gezielt mit Initiativbewerbungen in die Offensive gehen.

Profil seines Traumjobs definiert, kann es auch gezielt mit Initiativbewerbungen in die Offensive gehen.
 

2. KOMPETENZEN ERWEITERN

Egal aus welcher Situation heraus: Bis zu einer neuen Stelle braucht es Zeit, mehrere Monate sind üblich. In der Freizeit ausschließlich Bewerbungen zu schreiben und Angebote zu durchsuchen ist selten realistisch. Zur Abwechslung lässt sich die Gelegenheit auch nutzen, die eigenen Kompetenzen zu erweitern oder zu vertiefen. Wer passende Kurse und Weiterbildungen absolviert, erhöht den persönlichen Marktwert. Außerdem lernt man dort Menschen kennen, die hilfreich bei der Suche sein können.
 

3. NETZWERKEN

Je größer das Netzwerk, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, darüber von einem interessanten Job zu erfahren. Neben Kontakten zu Freund:innen und Bekannten sind in der Regel Kolleginnen und Kollegen gute Ansprechpartner – am besten ehemalige (siehe oben). Im bisherigen Job vertrauenswürdige Personen diskret einzuweihen, ist aber auch eine Möglichkeit.
 

4. EXPERTISE HINZUZIEHEN

Über das persönliche Netzwerk hinaus kann eine Personalberatung weiterhelfen. Dort helfen Expert:innen, Kontakte zu knüpfen, Kompetenzen herauszuarbeiten und sich auf Bewerbungsgespräche optimal vorzubereiten. Denn wie bei jedem Online-Dating entscheidet am Ende der erste persönliche Eindruck.
 

5. PLANVOLL WECHSELN

Wer einen Job hat und wechseln möchte, sollte bedenken, dass es – anders als bei Tinder – auf dem Arbeitsmarkt einen besseren Eindruck macht, wenn man aus einer festen Bindung heraus sucht. Genau wie bei Tinder heißt das in diesem Fall für Angestellte: vorsichtig und unauffällig vorgehen. Kolleg:innen und vor allem Vorgesetzte sind selten erfreut, wenn man mit dem Kopf schon ganz woanders ist.

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