Herr Blättler, zu welcher Generation gehören Sie?
Ich bin Jahrgang 93 und gehöre gerade noch zur Gen Y, besonders technisch gesehen. Im Kopf bin ich aber voll Gen Z . Bei uns im Unternehmen sind sowohl Mitarbeitende der Gen Z als auch der Gen Y mit dabei und so lerne ich immer mehr, zwischen den Generationen zu übersetzen.
Die Generation Z ist in einer Welt großgeworden, in der Wissen sofort digital verfügbar ist. Wie lernt sie?
Drei Dinge sind besonders wichtig für sie: Instant, Klarheit und Flexibilität. „Instant“ heißt, dass alles sofort verfügbar sein muss. Bei Weiterbildungsangeboten fragen junge Leute: Wie kann ich mich schnell registrieren? Wie bekomme ich schnelles Feedback beim Lernen? Sie wollen auch nicht lange auf ihre Weiterbildung warten. Wenn sie ihren ersten Job anfangen, möchten sie dort in der Regel ein, zwei, maximal drei Jahre bleiben. Findet die nächste Weiterbildung dann erst in einem Dreivierteljahr statt, sind sie enttäuscht. Sie wollen sich jetzt schon weiterentwickeln.
Wie gestalten Sie in Ihrem Unternehmen die Weiterbildung?
Bei Neoviso haben wir zum Beispiel einmal im Monat halbtägige Workshops, bei denen wir verschiedene Themen aufgreifen. Wir machen auch sogenannte Whiteboard-Sessions, bei denen ich in einer halben Stunde erzähle, was die Mitarbeitenden im Bereich Feedback oder Konzepteschreiben mitnehmen können. Das ist dann wieder klar reduziert, auf drei oder fünf Punkte. Diese kürzeren Einheiten schaffen die von der Gen Z gewünschte Klarheit. Nach wie vor beinhalten die meisten betrieblichen Weiterbildungen viel Material, viele Theorien und Frameworks. An einer Uni macht das auch absolut Sinn. Aber Unternehmen, die ihre Leute weiterbilden möchten, sollten reduzieren und ihre Programme so anpassen, dass sie einfach für die Leute zu erfassen ist.
Sie haben auch die Flexibilität angesprochen. Warum ist sie der Generation Z so wichtig?
Gen Z möchte zeit- und geräteunabhängig lernen. Sie wollen nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Kursraum sitzen müssen. Deswegen schätzen sie auch multimediales Lernen. So können sie sich einen Podcast anhören, sich in ein Webinar einschalten oder ein Video anschauen, wann und von wo aus es ihnen passt. Das multimediale Lernen auf Online-Plattformen ist aber nicht nur praktisch, weil es Flexibilität ermöglicht. Es geht auch um die Art und Weise, wie Inhalte vermittelt werden. Die Gen Z lernt vor allem audiovisuell, über YouTube und soziale Netzwerke.
Braucht die Generation Z dann noch die klassischen mehrtägigen Weiterbildungen vor Ort?
Ich würde sie nicht komplett eliminieren. Die sind cool, wenn es zum Beispiel um Teambuilding und Teamkultur geht. Ein gutes Verhältnis im Team ist ein wichtiger Motivationsfaktor, um gute Leistungen zu erbringen. Aber ich würde bei Weiterbildungen vor Ort die Sessions kürzer machen und mehr Pausen und Feedbackrunden einbauen.
Schicke ich meine Mitarbeitenden eine Woche lang in ein Vor-Ort-Seminar, dann weiß ich, was sie gelernt haben. Wenn aber alle lernen, wo und wann sie wollen, dann ist es schwieriger, den Überblick zu behalten. Oder?
Bei kleineren Unternehmen stimmt das, dann bleibt wahrscheinlich eine gewisse Kontrolle auf der Strecke. Für große Unternehmen ist es aber nicht mehr so schwierig, eine Plattform aufzubauen, auf der die Weiterbildungsinhalte hochgeladen werden und überprüft wird, wer welche Session schon angeschaut hat. Bei uns im Unternehmen läuft das Onboarding digital, wir haben 20 Videos aufgenommen, die vermitteln, wer wir sind und wie wir arbeiten. Die Person, die neu startet, geht die Videos selbst durch und kann auf einer Liste für sich als Übersicht eintragen, was sie schon alles gesehen hat.
Also geht es auch darum, die Kontrolle ein wenig aus der Hand zu geben?
Kontrollverlust kann auch positiv sein. Wenn ich Unternehmen rate, Peer-to-Peer-Coaching mit in die Weiterbildung aufzunehmen, dann wird mir oft gesagt: „Das geht bei uns nicht, wir können so nicht kontrollieren, was die jungen Leute voneinander lernen.“ Ich antworte dann: „Hey, das ist doch optimal! Zehn Lernende, die miteinander Themen diskutieren, über Ängste und Skills sprechen. Das kann gerne am Schluss noch in einem Social Event enden, bei dem sie gemeinsam essen gehen.“
Haben Sie noch einen Tipp für Betriebe, die die Generation Z ansprechen möchten?
Unternehmen sollten nicht vergessen, die jungen Menschen zu fragen: Was wollt ihr lernen und von wem? Die jungen Leute merken schnell, ob Inhalte schon 10, 15 Jahre alt sind. Also bitte, bucht nur Weiterbildungsangebote mit aktuellen Konzepten und Coaches, welche die Branche voll verstehen.
WEITERBILDUNG 4.0
Die Generation Z legt sich nicht gerne fest: Werte wie Sicherheit, Orientierung und Zugehörigkeit sind ihr ebenso wichtig, wie Leistungsorientierung, Ehrgeiz, der Wunsch nach individueller Entfaltung und der Schutz der Umwelt. Um optimal lernen zu können, braucht sie kollaborative, informelle und medienbasierte Lernformate, die Möglichkeiten für Feedback geben.