Die Vorstellung, dass man durch harte Arbeit alles erreichen kann, klingt motivierend. „Jeder ist seines Glückes Schmied“, heißt es. Doch die Realität sieht oft anders aus. Die Umstände, in die wir hineingeboren werden, wie beispielsweise unser Geschlecht, ethnische Herkunft oder sozioökonomischer Hintergrund, prägen unsere Bildungs- und Berufschancen entscheidend.
Ich bin überzeugt: Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Teilhabe sind nicht nur ethisch geboten, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Zahlreiche Studien belegen, dass vielfältige Teams erfolgreicher sind. Meine Motivation ist also zweigeteilt: Einerseits möchte ich durch Chancengerechtigkeit das Richtige tun – und andererseits Unternehmen dabei unterstützen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Ich sehe mich dabei weniger als Aktivistin, sondern vielmehr als Managerin, die diese Überzeugung in die Praxis umsetzt. In meiner Rolle als Leiterin des Diversity Managements bei der Deutschen Telekom AG arbeite ich daran, Diversität jenseits polemischer Rhetorik besprechbar zu machen. Mein Ziel ist es, den kulturellen Wandel im Unternehmen konzernweit voranzutreiben. Nur so können wir sicherstellen, dass Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Teilhabe fest in den Unternehmensprozessen verankert sind.
In Deutschland haben Unternehmen in den letzten Jahren Fortschritte bei der Diversität erzielt, doch es bleibt noch viel zu tun. Lange Zeit lag der Fokus ausschließlich auf der Frauenquote. Dadurch geriet die Diskussion über eine inklusive Unternehmenskultur, von der alle profitieren, oft in den Hintergrund. Heute geht es um alle, wenn wir über Vielfalt sprechen. Nicht nur Minderheiten.
Die Themen Diversität und Inklusion haben es inzwischen auf die Agenda der meisten großen Unternehmen geschafft, besonders durch den wachsenden Druck von Investor:innen und finanziellen Institutionen. Zudem haben gesetzliche Rahmenbedingungen diese Themen in Hauptversammlungen von DAX-Konzernen stärker in den Fokus gerückt. Die eigentliche Herausforderung besteht jedoch darin, dass Diversität nicht nur als gesetzliche Compliance, sondern als echter Wettbewerbsvorteil erkannt wird. In fünf bis zehn Jahren wünsche ich mir einen signifikanten Fortschritt darin, wie Unternehmen Diversität und Inklusion leben. Mein Ziel ist, dass sie integraler Bestandteil jeder Unternehmensstrategie werden.
Aber noch habe ich mich nicht selbst „abgeschafft“. Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit besteht darin, strategische Konzepte und konkrete Maßnahmen zu entwickeln, die Diversität und Inklusion in unseren Unternehmensprozessen noch stärker verankern. Beispiele hierfür sind Schulungen für Mitarbeitende oder die Unterstützung unserer Mitarbeitenden-Netzwerke bei der Umsetzung von Maßnahmen. Bei meiner Arbeit setze ich auf den Austausch mit Führungskräften, Mitarbeitenden und externen Partnern, um ein tiefes Verständnis für die Herausforderungen und Potenziale zu entwickeln, die Diversität in einem globalen Konzern mit sich bringen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir als Gesellschaft und als Unternehmen nur dann wirklich erfolgreich sein können, wenn wir die Vielfalt unserer Talente nicht nur anerkennen, sondern fördern.
ÜBER DIE AUTORIN
AYSE SEMIZ-EWALD, Leiterin des Diversity Managements bei der Deutsche Telekom AG, setzt sich für Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Teilhabe ein. 2023 gründete die erfahrene Personalerin und Karriere-Coach das Start-up JobMagnet Karrierecoaching, um Jobsuchende aus unterrepräsentierten Gruppen zu unterstützen.