Die Lebenserwartung von Unternehmen sinkt rasant: Ihre durchschnittliche Aufenthaltsdauer in den größten Börsenindizes der Welt hat sich in den vergangenen 20 Jahren fast halbiert. Firmen weltweit fragen sich deshalb: Wie können wir in einer immer schnelllebigeren Zeit auch in fünf oder zehn Jahren noch relevant für unsere Kunden und werthaltig für unsere Anteilseigner sein?
Viele Entscheider investieren hohe Summen in Innovation, ein Begriff, der immer öfter in Geschäftsberichten auftaucht. Aber macht das alleine schon innovativ, geschweige denn erfolgreich? Wie misst man wahre Innovationskraft? Wie bewertet der Aktienmarkt Innovation? Und haben CEOs überhaupt die richtigen Anreize, um langfristige Innovationsprogramme zu starten? Diese und weitere Fragen beantworten wir in unserer 2020 durchgeführten empirischen Studie “The power of diversification – How innovation drives shareholder value” (zu finden unter www.stryber.com/innovation/). Diese belegt: Wahre Innovationskraft bedeutet nicht (nur) die Entwicklung neuer Ideen, sondern zeigt sich erst in deren erfolgreicher Umsetzung und Kommerzialisierung. Innovation materialisiert sich nämlich in Form neuer Umsatzquellen, häufig aus neuen Geschäftsmodellen – sprich Diversifizierung.
Für die Innovationsstudie hat unser Stryber-Team die Umsatz-Diversifizierung von 1.838 Unternehmen in Europa und den USA analysiert und den Anteil der Umsätze verglichen, die 2019 aus Segmenten stammten, die 2010 noch nicht vorhanden waren. Der resultierende Grad von Diversifizierung über zehn Jahre wurde dann den Aktienmarktrenditen über die gleiche Periode gegenübergestellt.
Die Ergebnisse sind frappierend: Nach zehn Jahren generierten nur 4% der Unternehmen mehr als die Hälfte ihrer Umsätze aus neuen Einnahmequellen. Die große Mehrheit (68%) schaffte überhaupt keine Umsatz-Diversifizierung.
Noch erstaunlicher ist die Korrelation mit der Performance am Aktienmarkt: Unternehmen mit dem höchsten Grad an Diversifizierung generierten zwischen 2010 und 2019 im Durchschnitt über 50% höhere jährliche Aktienmarktrenditen als Unternehmen ohne messbare Diversifizierung. Und das ist nicht alles: Schon 2013 zeigten diejenigen Unternehmen durchschnittlich deutlich höhere Aktienmarktrenditen, die sieben Jahre später den höchsten Diversifizierungsgrad aufweisen würden. Diese Entwicklung spricht dafür, dass die Aktienmärkte sichtbare Diversifikationsbemühungen bereits wertschätzen, bevor die Ergebnisse voll in den Jahresabschlüssen sichtbar werden.
Ein gutes Fallbeispiel, wie man eine solche Diversifizierung langfristig erfolgreich umsetzen kann, liefert etwa die deutsche Dürr AG. Diese baut ihr Neugeschäft v.a. durch Akquisitionen auf. Eine gleichwertige Methode zur Diversifizierung stellt neben Akquisitionen das interne Venture Building dar, der firmeninterne Aufbau von Startups. Amazon verfolgt diesen Ansatz sehr erfolgreich, Beispiel: Amazon Web Services (AWS).
Fazit: Auf diese Art aufgebautes substanzielles Neugeschäft steigert dank des Diversifikationseffektes tatsächlich die Überlebenschancen eines Unternehmens. Wie wir nachweisen konnten, schlägt sich dies im Unternehmenswert nieder. Lang-, aber eben auch kurzfristig. Das heißt, CEOs können ihre Unternehmen fit für die Zukunft machen und die Früchte an der Börse sogar noch innerhalb der eigenen Amtszeit ernten.