Online stöbern, offline kaufen

Online Einkaufen ist so alltäglich wie früher der Gang zum Tante-Emma-Laden. Die Anforderungen an die digitale Vermarktung verändern sich zwar stetig – orientieren sich aber nach wie vor am individuellen Einkaufserlebnis.

Illustration: Sophie Mildner
Illustration: Sophie Mildner
Oskar Rheinhold Redaktion

Auch drei Jahre nach dem Auftreten der ersten Covid-19-Fälle sind viele Branchenreports von Hinweisen auf die globale Epidemie geprägt. Dazu gehört auch der Onlinehandel. So wies der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel (bevh) im Januar dieses Jahres in einem aktuellen Bericht auf die Rekordzahlen hin, die der E-Commerce im Jahr im Jahr 2021 in Deutschland verzeichnen konnte – 99,1 Milliarden Euro setzte die Branche, wenig überraschend, in Zeiten wiederholter Lockdowns um. Ebenso wenig überraschend sanken die Umsätze 2022 über alle Sparten hinweg um 8,8 Prozent: „Der Onlinehandel fiel bei Kriegsausbruch in der Ukraine schlagartig ins Negative“, sagt Martin Groß-Albenhausen, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim bevh. „Besonders bei Mode, Hobby und Freizeit sowie Unterhaltungselektronik brechen aktuell Spontaneinkäufe weg. Umsätze mit alltäglichen Bestellungen von Lebensmitteln, Beautyprodukten oder Medikamenten, die in der Pandemie verstärkt in den E-Commerce gewandert sind, sind hingegen stabil geblieben.“. Denn wer den E-Commerce während der Lockdowns für tägliche Bedarfe genutzt habe, kaufe auch in Zukunft weiter online ein. Der behv geht von einem Wachstum von 4,8 Prozent beim Onlinehandel mit Waren für das aktuelle Jahr aus.

Fakt ist: Onlinehandel ist schon längst zu einer Konstante im täglichen Leben geworden. Wie Produkte und Dienstleistungen digital vermarktet werden, ist jedoch beständiger Entwicklung unterworfen. Die aktuelle Insolvenz des größten deutschen Bekleidungshändlers etwa führen viele Branchenkenner darauf zurück, dass es dem Unternehmen nicht gelang, seine Offline- und Onlineaktivitäten zu bündeln. Die Kundschaft wünscht sich, was noch bis vor Kurzem Multichannel-Vertrieb hieß: Online im Angebot stöbern, die Verfügbarkeit in Filialen in der Nähe überprüfen, Retouren oder Umtausch vor Ort abwickeln zum Beispiel. Mittlerweile kommt auch Virtual Reality im Handelsalltag an, wenn etwa eine Sonnenbrille oder eine neue Hose online „anprobiert“ werden können – Stichwort Metaverse.

Die Personalisierung des Einkaufserlebnisses steht dabei weiterhin im Vordergrund. Das bedeutet nicht nur die seit Jahren bekannten Einkaufsempfehlungen aufgrund der persönlichen Vorlieben, sondern kann auch heißen, dass das Personal in der Lieblingsfiliale diese Vorlieben vor Ort abrufen kann. Zugleich ranken Suchmaschinen – KI macht es möglich – Onlineshops verstärkt nach Kriterien wie der einfachen Benutzerführung oder der überzeugenden Kommunikation der Unternehmenswerte.

Ohne „Social Commerce“ geht schließlich auch in Zukunft nichts. Gemeint sind zum einen Online-Verkaufsplattformen, die stark auf die Interaktion der Benutzer setzen, also zum Beispiel auf die Bewertung von Produkten. Im erweiterten Sinne gehören dazu aber auch Influencer, die Produkte empfehlen. Grundlage all dessen sind weiterhin, wen wundert’s, Daten: Ohne genaues Wissen über das Einkaufsverhalten, ohne genaue Erfolgsmessung von Marketingmaßnahmen und die enge Anbindung an Logistik und Vertrieb funktioniert Online-Handel auch in Zukunft nicht.
 

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