Herausforderung Haus

Wie gelingt das Bauen der Zukunft?

Illustration: Sophie-Mildner
Illustration: Sophie-Mildner
Iunia Mihu Redaktion

Bis 2050 soll der Gebäudebestand in Deutschland klimaneutral sein. Nicht ohne Grund – der Bau- und Gebäudesektor ist mit circa 40 Prozent der größte CO2-Verursacher hierzulande. Zugleich herrscht zum einen Wohnungsmangel, zum anderen stehen vielerorts Gebäude leer. Ein Umdenken in jeder Hinsicht ist wichtiger denn je.

„Deutschland ist eigentlich fertig gebaut“, sagt Bernhard Kurz, Geschäftsführer des Instituts für u. Baukunst (IFUB). Das kleine „u.“ im Firmennamen steht für eine Reihe von Adjektiven, unter anderem „umweltbewusst“, „unnachahmlich“ oder „unbeschwert“. Das Unternehmen saniert alle Arten von Gebäuden und denkt auch beim Neubau anders.

Der Architekt kritisiert, dass trotz Ressourcenknappheit und Klimakrise noch immer viel zu viel neu gebaut wird. Der Fokus müsse stärker auf Sanierung und Umbau liegen. Allerdings: „Wir haben einen Sanierungsstau. Mit einer derzeitigen Sanierungsquote von etwa 1 bis 1,5 Prozent wird es rund 100 Jahre dauern, bis der Bestand in Deutschland saniert ist. Der Energieverbrauch in den alten Gebäuden ist dabei enorm“, sagt der Experte. Sanierung und Umbau müssten also attraktiver werden – und auch bezahlbarer. Wertvolle Anreize seitens der Politik sowie gesetzliche Rahmen fehlen noch. Derzeit sei es billiger, ein Gebäude abzureißen und ein neues zu bauen, so Kurz. Grund sind etwa die Bauordnungen, die ausschließlich auf Neubau ausgerichtet sind. „Längst überfällig ist die sogenannte Umbauordnung“, so der Experte.

Hinzu kommt, dass bei einem Abriss viel Energie, die bereits vorhanden ist, sinnlos verpufft. Gleichzeitig gehen damit auch immaterielle, kulturelle Werte verloren. Ein Umdenken in der Umbaukultur gibt es aber inzwischen. Das zeigt etwa eine besondere Begriffsänderung der Bundesstiftung Baukultur: Die ehemals „graue Energie“ wurde in die „goldene Energie“ umbenannt. Der Begriff soll verdeutlichen, dass Bestandsgebäude aus mehr als den in ihnen gespeicherten Baustoffen und Emissionen bestehen. Sie sind organisch, haben Wert und eine Geschichte, die es zu erhalten gilt. Um solchen Gebäuden neues Leben einzuhauchen, ist Umnutzung eine gute Lösung. Wie das aussehen kann, zeigt ein Beispiel aus Berlin: Das Hotel Wilmina ist ein ehemaliges Frauengefängnis, das in ein schickes Hotel mit üppigen Gärten umgebaut wurde. Das Projekt erhielt 2022 den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur.

„Nachverdichtung und Lückenfüllung ist fast immer besser, da die Infrastruktur schon vorhanden ist“, sagt Kurz. Aber auch Flexibilität. So könnten zum Beispiel große Wohnungen durch einen Umbau – je nach Lebensphase – verändert werden, etwa indem eine Wand eingebaut und dadurch ein extra Zimmer geschaffen wird, wenn ein Paar Nachwuchs erwartet. „Solche Konzepte, die es erlauben, über die Jahre flexibel zu sein, sind ein gutes Beispiel dafür, wie Mehrgenerationenwohnen aussehen kann“, so der Architekt.

Wie gemeinschaftliches Wohnen in Zukunft aussehen kann, zeigt das einzigartige Wohnhaus „San Riemo“ in München. Der Name des Projekts leitet sich ab von Münchens östlichem Stadtteil Riem, genauer der Messestadt Riem, die nach dem Umzug des Münchner Flughafens ab 1992 auf dessen Areal geplant und realisiert wurde. Neben experimentellen und vor allem bezahlbaren Wohnungen bietet das Haus viele Gemeinschaftsräume sowie Büroräume – ein vielversprechendes Experiment.
 

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