Ein systematisches Risikomanagement befähigt Unternehmen, unsichere, dynamische und existenzbedrohende Situationen kontinuierlich zu überwachen. Zudem gibt es dem Management die Werkzeuge an die Hand, schnell und vorausschauend zu handeln, um die Organisation bestmöglich durch Krisenzeiten zu führen.
Dennoch taumeln gerade jetzt zahlreiche Firmen wie im Blindflug durch eine Extremsituation nach der anderen – die traditionellen jährlichen oder im besten Fall quartalsweisen Berichts- und Bewertungszyklen sind denkbar ungeeignet, zügig auf die sich kontinuierlich verändernden Rahmenbedingungen zu reagieren. Doch es geht auch anders! Viele Unternehmen nutzen die Erfahrungen aus der aktuellen Krise, um ihr Risikomanagement neu aufzustellen: pragmatisch, digital und wertschöpfend.
Der Grundgedanke ist einfach: Die Realität ist komplex und unsicher – Risikomanagement muss adäquat und zielgerichtet mit dieser Unsicherheit umgehen. Risiken und Chancen sind Abweichungen von einem geplanten Zielwert und können daher mittels mathematischer Methoden als „Streuung“ um diesen Erwartungswert modelliert werden. Dazu wird die „klassische“ Risikobewertung anhand einer Risikomatrix durch quantitative stochastische Modellierungsmethoden ersetzt.
Dies hat auf einen Schlag eine ganze Reihe von Effekten zur Folge. Auswirkungen können wesentlich differenzierter dargestellt werden als durch die bloßen Faktoren Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß. Außerdem lassen sich Abhängigkeiten zwischen Einzelrisiken klar abbilden und sogar mit einer Zeitdimension versehen – was letztendlich die Möglichkeit bietet, Risiken sinnvoll zu einem Gesamt-
risiko zu aggregieren und die Risikotragfähigkeit des Unternehmens zu errechnen sowie aktiv zu steuern.
Doch nicht nur Risken und Chancen lassen sich quantifizieren – auch die getroffenen Maßnahmen zur Risikomitigation besitzen eine quantitative Komponente. Damit bildet die Ermittlung der Maßnahmeneffizienz die Grundlage für eine effektive Optimierung der Risikokosten und des Kapitalbedarfs.
In einem weiteren Schritt können die Auswirkungen relevanter Risikokennzahlen auf unternehmerische Steuerungsgrößen quantifiziert und in Form möglicher Ergebnisszenarien modelliert werden. Solche risikoadjustierten Erfolgskennzahlen verbessern die Entscheidungsgrundlage in strategischen sowie operativen Steuerungsprozessen und optimieren die langfristige Planungsfähigkeit des Unternehmens.
Die fortschreitende Digitalisierung und die damit einhergehende Verfügbarkeit immer größerer Datenmengen unterstützt und forciert diese drastische Richtungsänderung im Risikomanagement gleichermaßen. Einerseits ist das Risikomanagement gefordert, sich selbst immer weiter zu digitalisieren, um mit den rasanten Entwicklungen Schritt halten zu können. Andererseits ergeben sich daraus aber auch ungeahnte neue Möglichkeiten.
So verschieben Predictive-Analytics-Methoden die Analyseperspektive des Risikomanagements weiter in die Zukunft und bewerten selbstständig Einflussfaktoren für Risiken. Prescriptive Analytics nutzt selbstlernende Algorithmen, um Situationen eigenständig zu analysieren und Handlungsempfehlungen auszusprechen.
Damit stehen Entscheidern detaillierte Informationen zu zukünftigen Szenarien sowie möglichen Maßnahmen zur Verfügung – und Risikomanagement wird seinem Anspruch als wertschöpfende Steuerungsfunktion im Unternehmen gerecht.