Alle reden von Flugscham. Aber kaum jemand schämt sich. Im Gegenteil: Die Fluggastzahlen sind weltweit dabei, sich wieder auf Vor-Corona-Höhe hinaufzuschrauben. Das geht ja auch kaum anders, wenn beispielsweise ein Ferienziel gewählt ist, das weder mit Auto noch mit der Bahn angesteuert werden kann. Wie sonst sollte man sein Urlaubsziel Tunesien, Ägypten oder Griechenland erreichen, von Fernreisezielen wie Mexiko oder Jamaika ganz zu schweigen. Wenn also schon der Verzicht auf einen Flug keine Option ist, können Urlauber und Geschäftsreisende doch einiges tun, um auch mit dem Flugzeug nachhaltiger – oder anders ausgedrückt: verantwortungsbewusster – zu reisen.
Wenn eine solche Wahl besteht, sollten Flugreisende Direktflüge statt Flüge mit Zwischenstopps wählen – und auch Fluggesellschaften, die modernere und damit umweltfreundlichere Maschinen einsetzen. Sie auszumachen, erfordert nur ein wenig Suchen und Vergleichen im Internet, denn Carrier werben gerne damit, dass ihre modernen Flugzeuge einen geringeren CO₂-Ausstoß haben. Das schlechte Gewissen lässt sich auch dadurch beruhigen, dass Fluggäste einen kleinen, je nach Reiseentfernung gestaffelten Obolus für die CO₂-Kompensation zahlen. Zahlreiche Organisationen haben sich auf dieses Geschäft spezialisiert und investieren in erneuerbare Energien, pflanzen Bäume oder fördern andere umweltfreundliche Projekte. Reisende sollten darauf achten, dass diese Organisationen und deren Maßnahmen nach dem vom WWF entwickelten Gold Standard oder dem noch weiter verbreiteten Verified Carbon Standard zertifiziert sind.
Für Flugreisende fängt Nachhaltigkeit schon beim Packen an. Dass Einwegartikel vermieden werden sollten, leuchtet ein. Aber dass jedes Kilo Gepäck weniger den Treibstoffverbrauch und damit den CO₂-Ausstoß senkt, ist nicht jedem bewusst. Ein drastisches Beispiel: Ein kluger Kopf hat einmal für eine Fluggesellschaft ausgerechnet, dass das Weglassen einer Olive beim Passagier-Menü dem Carrier 100.000 Dollar Einsparung im Jahr bringt. Das hängt aber weniger mit dem Preis einer Olive als mit der Senkung des Transportgewichts zusammen.
Jede Reise produziert zusätzliche Emissionen
Reisen ohne mehr oder weniger massivem ökologischem Fußabdruck gibt es nicht. Jede Reise, und sei sie noch so umsichtig geplant und durchgeführt, bringt einen erhöhten CO₂-Ausstoß mit sich. Aber selbst bei Kreuzfahrten, verschrien als touristische Umweltsünder par excellence, lässt er sich reduzieren. Damit ist nicht der Ersatz von Kunststoff-Trinkhalmen an der Bar durch solche aus Stroh gemeint, sondern viel massivere und teurere Maßnahmen. Wer eine Kreuzfahrt buchen möchte, sollte sich vorab über den Anbieter gründlich informieren. Hat er Schiffe im Programm, die schon auf den umweltfreundlicheren Treibstoff Flüssigerdgas (LNG) umgestellt sind? Werden Häfen angesteuert, in denen während der Liegezeit Landstrom genutzt werden kann? Denn dann haben die Aggregate der Kreuzfahrtschiffe Ruhepause und verpesten nicht die Hafenluft. Vermeidet das Kreuzfahrtschiff bei der Route sensible Ökosysteme – etwa Korallenriffe? Nimmt das Ausflugsangebot auf Natur und lokale Kultur Rücksicht? Wer beim Recherchieren auf eines der Gütesiegel wie den Green Award, die Cleanship- oder die Global-Sustainable-Tourism-Council-Zertifizierung stößt, ist bei seiner Wahl auf der sicheren Seite. Einige Reedereien arbeiten ohne Zweifel hart daran, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Aber es werden noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen, bis klimaneutrale Kreuzfahrten möglich sind. AIDA Cruises rechnet mit dem Jahr 2050.
Die Deutsche Bahn ist da schneller. Ihre Konzernstrategie „Starke Schiene“ peilt komplett klimaneutrale Bahnreisen als Ziel für 2040 an. Schon seit 2018 fahren alle Fernverkehrszüge mit Ökostrom. Wer mit dem umweltfreundlichen Zug sein Ziel erreicht, darf sich aber noch lange nicht auf seinen Umwelt-Lorbeeren ausruhen. Denn er kann und muss noch eine Menge tun, um seinen ökologischen Fußabdruck weiter zu minimieren. Das fängt schon bei der Wahl des Quartiers an. Dabei können überraschend viele Faktoren eine Rolle spielen. Niemand zwingt Urlauberinnen und Urlauber dazu, ein Hotel zu wählen, das – schon optisch ein Gräuel – als riesiger Betonklotz die Umwelt verschandelt.