Eine Schlüsselinnovation legt den Grundstein

Die Zukunft gehört dem industrialisierten Bauen, das viele Aufgaben der Branche erleichtert – sagt Johann Bögl, Präsident des Bayerischen Bauindustrieverbandes.

JOHANN BÖGL, Präsident des Bayerischen Bauindustrieverbandes
JOHANN BÖGL, Präsident des Bayerischen Bauindustrieverbandes
Bayerischer Bauindustrieverband Beitrag

Herr Bögl, vor welchen Herausforderungen steht die Baubranche?

Zum einen macht den Firmen der Nachwuchsmangel zu schaffen, vor allem im Baugewerbe. Zwar finden fast alle Kinder Bauen und Baustellen toll, aber als Jugendliche wenden sie sich oft lieber anderen Branchen zu. Klar, die Bedingungen am Bau sind nicht einfach, die Arbeit ist oft immer noch mit Staub, Dreck und harter körperlicher Arbeit verbunden – da zieht auch das relativ hohe Ausbildungsgehalt nicht so richtig. Aber eigentlich gibt es für die Bauwirtschaft noch dickere Bretter zu bohren.
 

Zum Beispiel?

Wir leben in Zeiten massiver Veränderungen, daraus sind so anspruchsvolle Aufgaben erstanden wie nie zuvor. Da ist der Megatrend Energiewende: ein riesiges Bauprogramm für Generationen, selbst wenn die Politik ständig um den richtigen Weg ringt. Noch eine Mammutaufgabe ist der Nachholbedarf bei der Infrastruktur in Deutschland. Dann das Thema Sicherheit: Jahrzehntelang haben weder Rüstungsindustrie noch Militär wirklich investiert; wenn das Nato-Ziel umgesetzt wird, fünf Prozent des Bruttosozialprodukts für Verteidigung auszugeben, wird ein beträchtlicher Teil des Geldes in den Bau gesteckt werden, ob für Kasernen oder militärische Infrastruktur. Gleichzeitig verschwinden die altbekannten Herausforderungen wie die Urbanisierung ja nicht einfach. All das zu stemmen ist herausfordernd mit den rund eine Million Beschäftigten der Bauwirtschaft – womit wir wieder beim Thema Fachkräfte wären.
 

Welche Möglichkeiten sehen Sie, dennoch die Kurve zu kriegen?

Der Erfolg steht und fällt mit einer Schlüsselinnovation: der Industrialisierung des Bauens.
 

Was bedeutet das?

Da wo möglich, einen Großteil der Leistungen, die heute auf der Baustelle erbracht werden, in eine Fabrik auszulagern, eine regelrechte Baufabrik. Um dort hochwertige, modular einsetzbare Bauteile herzustellen, schneller, günstiger und unter besseren Bedingungen für die Mitarbeiter – auf der Baustelle muss man die Teile nur noch zusammensetzen. Modulares, serielles Bauen macht vieles effizienter. Denn es kann nicht sein, dass in Deutschland jede kleine Brücke, jedes Gebäude des günstigen Wohnungsbaus, unterschiedlich aussehen muss.
 

Welche Rolle können in den Baufabriken Digitalisierung und KI spielen?

Ehrlicherweise muss man sagen, dass die Baubranche bei der Digitalisierung hinterherhinkt. Da können wir uns bei vielen anderen Industriezweigen etwas abschauen. KI, Digitalisierung und Robotik werden auch in Baufabriken die Zeit- und Geldverschwendung minimieren und hoch repetitive Aufgaben übernehmen, damit die Menschen mehr Kapazität für komplexere Arbeiten haben. Erste Ansätze seriellen Bauens gibt es unter anderem bereits im Wohnungsbau und bei Systemparkhäusern.
 

Fördert die Industrialisierung auch die Nachhaltigkeit am Bau?

Unbedingt. Die ökonomische Nachhaltigkeit beflügelt auch die ökologische und die soziale Komponente.
 

Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Präsidentschaft gesteckt?

Unser Verband und ich drängen bei der Politik und der öffentlichen Hand weiterhin auf die Beseitigung einer ganzen Reihe von Hemmnissen: den bürokratischen Aufwand verringern, Regularien vereinfachen und beibehalten, statt sie mit jeder Legislaturperiode über den Haufen zu werfen, Landesbauordnungen vereinheitlichen und den Einsatz innovativer Materialien zügiger genehmigen. Wenn wir damit Gehör finden, bin ich zuversichtlich, dass die Unternehmen der Bauindustrie bleiben, was sie sie schon immer waren: unersetzlich, gerade in solchen Zeiten massiver Veränderungen.

www.bauindustrie-bayern.de
 

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