Gut verpackt?

Kund:innen wollen nachhaltigere Transportbehälter. Für Industrie und Handel ist das schwierig, das Aufkommen an Verpackungsmüll wächst weiterhin.
Illustrationen: Luisa Jung by Marsha Heyer
Illustrationen: Luisa Jung by Marsha Heyer
Axel Novak Redaktion

Deutschland steht mal wieder vor einer Wende: Ab dem 3. Juli 2021 dürfen viele Einwegplastikartikel nicht mehr verkauft werden, für die es Alternativen aus anderen Materialien gibt. Neben Strohhalmen und Plastiktüten betrifft das auch Verpackungen. Das trifft den Nerv der Zeit: Produkte und ihre Verpackungen sollen umweltfreundlicher werden, zeigen Umfragen.


Verpackungen erfüllen viele Aufgaben: Sie schützen Waren, sorgen für längere Haltbarkeit und erleichtern die Handhabung. Wer ein einzelnes Produkt und dessen Anforderungen an die Verpackung betrachtet, muss sich auch die Frage stellen: Macht ein Mehrwegsystem Sinn oder ist eine Einwegverpackung die bessere Alternative, weil Reinigung und Rücktransport ökologisch unvorteilhaft sind? Kunststoffe werden noch lange Zeit eine große Rolle in der Verpackungsindustrie spielen, denn sie sind einfach herzustellen und dank niedriger Ölpreise ausgesprochen günstig. Außerdem weisen sie Eigenschaften auf, die beispielsweise für die Pharma- und Lebensmittelindustrie wichtig sind.


Doch Industrie und Handel wollen immer öfter nachhaltigere Verpackungen verwenden. Verbundfolien aus mehreren Materialschichten beispielsweise, Bierflaschen aus Papier oder Verpackungen aus Mais, Zucker oder Stärke verbinden leichte Materialien mit sinkenden Transportkosten. Fraglich ist, ob die Ökobilanz solcher Materialien besser ist als die bewährten Transportbehälter, die oft über effiziente Recycling-Kreisläufe verfügen.


Verpackungen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen lassen zwar nur Wasser, etwas Biomasse und CO2 übrig. Doch zwei Dinge trüben die Bilanz: Zum einen sind die Herstellungsprozesse der alternativen Kunststoffe oft energie- und ressourcenaufwendig. Zum anderen sind sie schwer kompostierbar. In Deutschland schaffen es selbst hochwertige und technisch gut aufgebaute Anlagen nicht, die Biokunststoffe innerhalb von wenigen Wochen abzubauen.


Anders sieht es aus, wenn Bioplastik dem Verpackungsunternehmen mehr Funktionalität bringt: mit Biofolien zum Beispiel, die das Produkt haltbarer machen oder das Verschimmeln verhindern. Dann hilft der Bio-Ansatz auch beim Marketing – selbst wenn die Folie anschließend verbrannt wird.


Es ist paradox: Während wir uns nachhaltige Verpackungen wünschen, wächst das Aufkommen an Verpackungsmüll: Fast 19 Millionen Tonnen fielen in Deutschland im Jahr 2019 an – erneut mehr als 100.000 Tonnen mehr als im Vorjahr.


Vor allem eines könnte den Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und Konsumlust auflösen: mehr Wiederverwertung. Mittlerweile gibt es auch bei vielen Kunststoffen Recyclingkreisläufe – vorausgesetzt, die einzelnen Bestandteile sind gut zu trennen. Neue Gesetze sollen die Quoten erhöhen und ein effizienteres System etablieren.


Ein Stoff eignet sich für das Recycling besonders gut: Papier. Papierbasierte Verpackungen – zwei Drittel aller Waren in Deutschland werden so verpackt transportiert – können nahezu vollständig wiederverwertet werden.

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