In Mannheim werden die Mülltonnen jetzt emissionsfrei geleert. Denn das neueste Abfallsammelfahrzeug der Stadt wird allein mit Wasserstoff angetrieben – in den kommenden Jahren sollen vier weitere Wasserstoff-Lkw hinzukommen. Der Müllwagen fährt batterieelektrisch, sinkt der Batteriestand unter 75 Prozent, schaltet sich die Brennstoffzelle zu. Sie wandelt Wasserstoff in Strom um und versorgt so die Batterie mit frischer Energie.
Bis zu 250 Kilometer ist der neue Müllwagen mit einer Füllung unterwegs; durch die kontrollierte Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff stößt er lediglich Wasser aus. Im Vergleich zum zuvor genutzten Diesel-Lkw spart das Fahrzeug jedes Jahr mindestens 22 Tonnen des Klimagases CO2 ein. „Wo batteriegestützte Elektromobilität bei schweren Nutzfahrzeugen an ihre Grenzen stößt, können Brennstoffzellen und Wasserstoff eine emissionsfreie klimafreundliche Alternative sein. Mit dem ersten wasserstoffbetriebenen Abfallsammelfahrzeug gehen wir einen weiteren Schritt auf unserem Weg, die Stadt Mannheim klimaneutral zu machen“, betonte Oberbürgermeister Christian Specht bei der Vorstellung des neuen Nutzwagens.
Fakt ist: Die Herstellung von klimaneutralem Wasserstoff aus grünem Strom ist noch immer teuer und ineffizient – bei der Umwandlung geht viel Energie verloren. Fakt ist aber auch: Für die Energiewende und eine emissionsfreie Welt wird grüner Wasserstoff eine zentrale Rolle spielen. Denn das Gas, hergestellt aus überschüssigem Strom aus regenerativen Quellen, kann anstelle kohlenstoffhaltiger fossiler Energieträger wie Kohle oder Erdgas als Roh- und Brennstoff zum Einsatz kommen. Sinnvoll ist das überall dort, wo die Industrie den Rohstoff als Ausgangsprodukt benötigt oder wo Elektrifizierung in absehbarer Zeit nicht möglich oder rentabel ist. So wollen vor allem große Konzerne der Stahl- oder Chemieindustrie, aber auch industrielle Mittelständler aus Branchen wie Glas, Papier oder Keramik, Gießereien oder Verzinker über klimaneutralen Wasserstoff ihren CO2-Fußabdruck reduzieren.
Essenziell für die Industrie
Und das ist auch dringend nötig, weiß Volker Quaschning, Ingenieur und Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin: „Wir brauchen Wasserstoff für die Industrie. Wir können keinen klimaneutralen Stahl herstellen, ohne auf Wasserstoff zu setzen. Und auch in der chemischen Industrie werden wir viele Produkte ohne grünen Wasserstoff nicht klimaneutral produzieren können“, sagte Quaschning kürzlich gegenüber der Tagesschau. „Zudem brauchen wir Wasserstoff für die Stromspeicherung von Solar- und Windstrom.“
Denn in Form von Wasserstoff lasse sich die Energie gut speichern. Um diesen Wasserstoff dann wieder zu verstromen, brauche es neben Leitungen und Speicher vor allem die entsprechenden Kraftwerke. Und zu guter Letzt könne Wasserstoff für den Schiffs- und Flugverkehr genutzt werden. In Form von E-Fuels im Straßenverkehr oder auch in der Gasheizung sei der Einsatz von Wasserstoff Quaschning zufolge dagegen nicht sinnvoll.
Wichtig für den Professor ist allerdings, dass ausschließlich grüner Wasserstoff zum Einsatz kommt: „Grauer Wasserstoff ist sehr dreckig. Ein Prozent der weltweiten CO2-Emissionen stammt aus der Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas.“ Die Klimabilanz von blauem Wasserstoff sei, je nachdem, wie viel CO2 aufgefangen und gespeichert wird, etwas besser. „Aber sie wird nicht gut, deswegen ist auch blauer Wasserstoff sehr kritisch zu betrachten.“
Blauer Wasserstoff wird gleich grauem Wasserstoff aus Erdgas hergestellt. Das entstehende CO2 wird jedoch zumindest teilweise abgeschieden und eingelagert. Es können bis zu 90 Prozent des Treibhausgases gespeichert werden. „Wenn wir über klimaneutralen ökologischen Wasserstoff reden, dann müssen wir auf grünen Wasserstoff setzen, der über Elektrolyse aus Solar- und Windstrom hergestellt wird. Der ist im Vergleich zu den anderen Varianten allerdings noch sehr teuer“, so Quaschning.