Frau Wriedt, was macht Milch aus Ihrer Sicht zu einem wertvollen Lebensmittel?
Milch ist nicht nur ein Traditionsprodukt, sondern auch ernährungsphysiologisch sehr wertvoll. Sie liefert hochwertiges Eiweiß, Calcium und B-Vitamine, die vor allem in tierischen Lebensmitteln reichlich vorhanden sind. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Milchprodukte daher auch im Rahmen einer pflanzenbetonten Ernährung täglich. Darüber hinaus ist Milch Teil eines Kreislaufsystems, in dem Kühe neben Gras u.a. Reste aus der Lebensmittelproduktion verwerten, die für Menschen ungenießbar sind, und zugleich organischen Dünger zurück in den Ackerbau bringen. Milch steht also für mehr als nur ein Produkt – sie ist Teil eines nachhaltigen Ernährungssystems.
Welche Rolle spielt die Weidehaltung dabei?
Rund 30 % der Milchkühe in Deutschland haben mindestens 120 Tage im Jahr Zugang zur Weide, je nach Region ist der Anteil höher. Aber auch wo Kühe nicht auf die Weide kommen, liefern Wiesen das Grundfutter. Dadurch bleibt Grasland erhalten – Flächen, die für andere Nutzpflanzen ungeeignet sind, aber durch die Haltung von Wiederkäuern sinnvoll genutzt werden und Kulturlandschaften prägen.
Wie sieht es bei der Fütterung aus? Muss man sich Sorgen um Sojaimporte machen?
Nein, das Bild von riesigen Sojamengen in der Fütterung ist falsch. Viele Betriebe setzen auf regionale Futtermittel, etwa Kleegras, das zusätzlich die Bodenfruchtbarkeit verbessert. Auch Nebenprodukte aus der Lebensmittelherstellung wie Biertreber oder Haferspelz werden genutzt – ein gutes Beispiel für Kreislaufwirtschaft. So entsteht eine ressourcenschonende Verwertung, die Abfälle vermeidet und regionale Strukturen stärkt.