Anfang des Jahres kam es auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos zu einer denkwürdigen Szene. Während einer Podiumsdiskussion mit Vertretern der internationalen Finanzwelt stand ein Zuhörer auf und prophezeite den Bossen lauthals ihr Ende. „In zehn Jahren werdet ihr weg sein. Dann wird Blockchain die Finanzwelt dominieren.“
Die Blockchain, das ist eine dezentrale Datenbank, die als technische Basis für die sogenannte Kryptowährung Bitcoin entwickelt wurde, die seit 2009 gehandelt wird. Diese Währungen sollen, so das Konzept, ohne Zentralinstanzen wie etwa Banken auskommen. Dazu werden sämtliche Transaktionen wie in einem digitalen Kassenbuch erfasst, zu Datenblöcken gebündelt, verschlüsselt und über ein Peer-to-Peer-Netzwerk verteilt. Jeder hat zu jeder Zeit totalen Zugriff auf alle Vorgänge. Manipulationen sind quasi ausgeschlossen, da die Datenblöcke aufeinander aufbauen und man dafür die gesamte Historie ändern müsste.
Das ist in der Theorie tatsächlich revolutionär, denn es würde Transaktionskosten erheblich reduzieren, Banken als Mittler des Zahlungsverkehrs überflüssig machen und betrügerische Aktivitäten, etwa Geldwäsche, im Keim ersticken. Die Frage ist nur, um auf den Zwischenfall in Davos zurückzukommen: Wie wahrscheinlich ist es, dass sich die Technologie tatsächlich in der Breite durchsetzt? Dass es tatsächlich zu einer Revolution in der Finanzwelt kommt?
Das ist zum jetzigen Zeitpunkt alles andere als klar. Nur eines kann man mit Sicherheit sagen: Man nimmt das Thema ernst. Wie um die These des provokanten Panel-Zwischenrufs zu überprüfen, hat das Weltwirtschaftsforum nun eine umfangreiche Studie zum Potenzial von Blockchain in der Finanzwelt veröffentlicht. Das Ergebnis: Die Blockchain kann Finanzdienstleistungen effizienter und kundenfreundlicher machen, ist aber nur eine von vielen möglichen technischen Lösungen. Und bis es zu einer großflächigen Einführung kommt, sind noch viele Hürden zu überwinden.
Allerdings wird in der Studie auch noch einmal ausdrücklich auf die disruptive Kraft der Technologie hingewiesen. Bei internationalen Buchungen könnte eine zeitgenaue Verbuchung Kosten senken. Bei Versicherungsfällen wäre es möglich, Schäden mit einer Datenbank abzugleichen und die Gefahr zu reduzieren, dass Versicherer Betrügern zum Opfer fallen.
Dabei ist die Technologie im Grunde noch viel universeller einsetzbar. Sie ermöglicht das sichere Management von Informationen jedweder Art, nicht nur Finanz-Transaktionsdaten. Als vielleicht zukunftsträchtigste Applikation von Blockchains gelten sogenannte Smart Contracts. Dabei handelt es sich um webbasierte Computerprotokolle, die die Abwicklung eines Vertrages technisch unterstützen. Die Erfüllung der Verträge läuft dann gewissermaßen automatisch ab – inklusive ihrer Überwachung. Bezahlt beispielsweise ein Kunde die Rate für sein Auto nicht, kann der Zugang zum Fahrzeug automatisch gesperrt werden.
Totale Transparenz
Die so genannte Blockchain soll Banken überflüssig und Betrug unmöglich machen. Doch welches Potenzial hat die Technologie wirklich?
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