„Risiko, Substantiv [das] – der Umstand, dass etwas gefährliche oder schädliche Folgen haben kann“, spuckt die Google-Suche als Definition von Risiko aus. Im Duden heißt es: „Mit einem Vorhaben, Unternehmen o.Ä. verbundenes Wagnis.“ Was aber sind gefährliche oder schädliche Folgen und wie groß darf ein Wagnis sein, das man bei einem Vorhaben oder Unternehmen eingehen kann?
Einen Eindruck von der Bandbreite der Möglichkeiten bietet das vorliegende Magazin: Gerade bei der Kapitalanlage können die Antworten nicht unterschiedlicher ausfallen. Was für den einen ein vertretbares Risiko ist, bringt den anderen um den nächtlichen Schlaf.
Die Investmentwelt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Unterm Strich stehen heute bei nominalen Anleiherenditen der Industrienationen rote Zahlen. Wer hier etwas verdienen will, muss im Fall deutscher Staatsanleihen sein Geld schon für 15 Jahre verleihen. Den Schweizern muss man sein Geld sogar ganze 45 Jahre anvertrauen, um überhaupt Rendite zu erwirtschaften. Sicher scheint bei der einst so sicheren Anlageklasse Staatsanleihen heute nur noch, dass man am Ende weniger zurück bekommt, als man ursprünglich investiert hat.
Weniger Zinsen, mehr Risiko
Die logische Konsequenz für Anleger muss daher lauten, den nächsten Schritt auf der Risikoleiter und jenseits der sicheren Häfen auf Renditesuche zu gehen. Doch hier tun sich gerade deutsche Investoren bekanntlich sehr schwer. Sicherheit, das belegen unzählige Studien und Umfragen jedes Jahr wieder, ist den Deutschen beim Thema Geld besonders wichtig.
Ein großes Missverständnis, sagt Dr. Andreas Beck, Gründer und Vorstandssprecher des Instituts für Vermögensaufbau, sei das Thema Risiko bei der Kapitalanlage. Er rät langfristigen Anlegern, vermeintliche Risiken und vor allem auch die gängigen Risikokennziffern nicht zu hoch aufzuhängen: „Die wichtigste Risikokennziffer, Value at Risk, sagt aus, wie viel Kapital im Risiko steht. Entwickelt wurde sie für eine tägliche Betrachtung. Bei einem Zeithorizont von zehn Tagen ist sie unter Umständen noch sinnvoll, bei einem Anlagehorizont von zehn Jahren verzerrt sie hingegen nur.“ Beck plädiert stattdessen für mehr Aufklärung über wirtschaftliche Zusammenhänge. Aus seiner Sicht sollten sich Anleger viel eher die Frage stellen, wieso sich Geld vermehrt. Denn dann sei
man schnell bei einer fundamentalen Betrachtung.
Geld vermehrt sich, wenn man es jemand anderem anvertraut, der wiederum dafür entlohnt – entweder als Fremdkapital wie bei Anleihen oder als Eigenkapital wie bei Aktien. Woher kommen aber die Sicherheit, die eine Staatsanleihe einem Anleger vermittelt, und die Unsicherheit, die ein Aktienengagement verursacht? Sicher, ein Staat hat ein Steuermonopol und somit ein solides Einkommen. Doch Steuererträge fließen nur, wenn Bürger und Unternehmen im Land gut verdienen und Gewinne erwirtschaften. Letztendlich sind also auch ein Staat und damit die von ihm emittierten Anleihen von der Wirtschaft abhängig.
Staat oder Unternehmen?
„Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit einer Unternehmenspleite höher als die einer Staatspleite“, räumt Beck ein. „Doch diese Unsicherheit kann ich leicht reduzieren, indem ich mein Kapital nicht nur einem, sondern gleich einer ganze Reihe von Unternehmen gebe, die im Idealfall über die ganze Welt verstreut sind. Dann kann ich mein Geld auch als Eigenkapital in Aktien investieren und hab dennoch ein überschaubares Risiko.“
Langfristiges Engagement und eine breite Streuung des eigenen Vermögens sind also die Erfolgsfaktoren einer soliden und erfolgreichen Kapitalanlage. Das funktioniert natürlich nur, wenn ich auf das investierte Kapital für einen gewissen Zeitraum verzichten kann. Denn wer unter Druck verkaufen muss, weil er Liquidität benötigt, wird nie den besten Preis erzielen. Für Stephan Meschenmoser, CFA und Managing Director bei Blackrock Solutions, lautet daher die alles entscheidende Frage: „Ist das Risiko für mein Ziel und meine aktuelle Situation angemessen?“
Normalerweise betreut Meschenmoser institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Versicherer und weiß daher, dass die wenigsten Investoren wirklich einen langen Zeithorizont haben. „Es gibt immer kurzfristige Verpflichtungen, denen ich nachkommen muss und auch institutionelle Investoren müssen im jährlichen Reporting ihre Risiken im Blick haben.“ Das tun sie in der Regel mit einem aktiven und dynamischen Risikomanagement, das auch für Privatanleger sinnvoll sein kann. „Wer Renditen jenseits der risikofreien Rate erzielen will, muss Risiken eingehen. Doch nicht alle Risiken werden auch entlohnt. Der Schlüssel zum Erfolg ist letztendlich, die Risiken, die entlohnt werden, breit zu streuen und jene, die nicht entlohnt werden, zu eliminieren. Das ist Risikomanagement. Leider sind die Märkte nicht statisch. Risiken verändern sich, weshalb auch das Risikomanagement dynamisch sein sollte“, fasst Meschenmoser zusammen.
Steter Tropfen höhlt den Stein
Was meint eine breite Streuung von Risiken? Wenn mein Risikobudget bei zehn Prozent liegt, kann ich es unterschiedlich aufteilen – beispielsweise nur sichere aber renditearme Investments im Portfolio haben und das ganze Risikobudget für ein besonders riskantes Engagement aufbrauchen. Oder aber ich streue kleinere Risiken breit, die auch kaum miteinander korrelieren, so dass ich am Ende pro Risikoeinheit eine höhere erwartete Rendite erziele, das Risiko meines Portfolios insgesamt aber ebenfalls im vorher definierten Budget bleibt. Dafür muss ich natürlich die unterschiedlichen Risiken kennen, für die ich entlohnt werde. Das sind zum Beispiel die so genannte Term Premium, also die Entlohnung für die Zeit, in der ich auf mein Geld verzichte, Kredit- und Konjunkturrisiken sowie politische Risiken.
In einem sind sich beide Experten zudem einig: Der stete Tropfen höhlt den Stein. Wenn man kontinuierlich und diszipliniert investiert, fallen kurzfristige Risiken und das richtige Timing weniger ins Gewicht. „Das richtige Timing für Investments zu finden, führt letztendlich nur zu Verlusten“, sagt Dr. Beck. Und Meschenmoser ergänzt: „Man sollte sich als Anleger nicht verrückt machen lassen und nicht zu häufig handeln. Das verursacht zu hohe Kosten.“
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