Keine Rendite ohne Wirkung

Ein Virus hält uns den Spiegel vor. Es wird Zeit, wach zu werden, uns umzuschauen und vor allem einen genauen Blick auf die eigenen Finanzanlagen zu werfen, glaubt Kolumnistin Simin Heuser.
Simin Heuser / Kolumne Redaktion

Er arbeitet 24 Stunden am Tag, 7 Tage in der Woche. Er kennt weder Urlaub noch Pause. Und während wir gegen ein tödliches Virus kämpfen, freut er sich über eine viel zu lang ersehnte Auszeit: unser Planet Erde. Seit dem Ausbruch der Coronakrise erholt er sich – zumindest zeitweise –von den Belastungen durch Abgase, Treibhausemissionen und Touristenmassen.

In gewisser Weise wirkt daher die Pandemie wie eine Art Hilfeschrei unserer Erde. Nur werden dadurch die grundsätzlichen Probleme eben auch nicht gelöst. Die ersten Lockerungen nach einem wochenlangen Shutdown und einer vermeintlichen Eindämmung des Virus lassen befürchten, dass die Menschen ihr Verhalten kaum ändern werden. Sie werden nicht so ohne Weiteres damit aufhören, auch künftig weiter in die Lebensräume wilder Tiere vorzudringen, Regenwälder zur Gewinnung von Rohstoffen zu roden und Abgase aller Art zu erzeugen. Auch wenn wir mehr und mehr verstehen, dass Naturschutz alles andere als ein Gefallen ist, den wir aus Rücksicht und Verantwortung der nächsten Generation gewähren, und dass die Folgen von Gier und Maßlosigkeit kein Phänomen einer fernen Zukunft sind: Im Grunde tun wir weiterhin so, als wären natürliche Ressourcen unendlich.

Aber die Corona-Pandemie hat uns noch etwas ganz anderes vor Augen geführt: Die Probleme, die aus einer immer stärkeren Vernetzung unserer Wirtschaft entstanden sind, sind keine Fantasien von vermeintlichen „Öko-Spinnern“. Vielmehr haben unterbrochene Lieferketten und Versorgungsengpässe bei Medikamenten die Nachteile ausgelagerter Produktionsstätten und einer global gewordenen Wirtschaft akut und greifbar gemacht.

Vor diesem Hintergrund wirkt es schon fast makaber, dass es am Ende genau diese weltweite Vernetzung ist, die Teil der Lösung sein müssen wird. Denn ein globales Problem erfordert eben auch eine globale Antwort. Mehr denn je benötigen wir die robuste und skalierbare Stärke unserer Finanzanlagen, um der viralen Bedrohung entgegenzuwirken. Und das beinhaltet auch jene Geldmittel, die wir für unsere Rente, unsere Kinder oder unsere Zukunftspläne zurücklegen.

Viele werden jetzt vielleicht sogar beruhigten Gewissens denken, dass sie doch schon längst auf nachhaltige Investmentprodukte setzen. Und ich sage: Weiter so! Doch es lohnt sich, an manchen Stellen einen Schritt weiter zu gehen. Denn ein genauer Blick zeigt: Der Anspruch von grünen Investmentfonds ist zwar hoch, die Wirklichkeit sieht aber oft gar nicht mehr so grün aus. So kann in einem Nachhaltigkeitsfonds auch gerne mal die „grünste“ aller Fluggesellschaften oder der angeblich nachhaltigste Autobauer stecken. Dass es weder nachwachsendes Kerosin noch grünes Benzin gibt, wird bei einem solchen sogenannten „Best-in-Class-Ansatz“ als gegeben, wenn nicht irrelevant hingenommen.

Die aktuelle Krise scheint uns über die ohnehin dringende Notwendigkeit einer stärkeren Berücksichtigung von nachhaltigen Finanzprodukten hinaus geradezu dazu aufzufordern, den Blick stärker auf die Wirkung unserer Anlagen zu richten, womit sogenannte Impact-Investments in den Fokus rücken. Bei dieser speziellen Form der nachhaltigen Geldanlage steht neben dem Ziel einer positiven finanziellen Rendite vor allem eines im Vordergrund: die messbare, positive Wirkung eines Investments auf Umwelt oder Gesellschaft. Geld dient beim Impact-Investing nicht mehr nur dazu, mehr Geld zu erwirtschaften, sondern auch eine widerstandsfähigere, integrativere und nachhaltigere Welt zu fördern, aufzubauen und mitzugestalten.

Bedeutet das, dass wir ab jetzt nur noch Impact im Kopf haben sollen? Mit Sicherheit nicht. Aber es wäre wichtig, den Einstieg in dieses Thema zu suchen, auch wenn das Produktangebot für Privatanleger bisher noch erschreckend klein ist und entsprechende Investments den Anleger in der Regel über einen längeren Zeitraum binden, weil sie nur wenig liquide sind. Und natürlich ist das Thema „Greenwashing“ auch bei Impact-Investments kein neues: Nicht überall, wo Impact draufsteht, ist auch wirklich Impact drin. Umso wichtiger ist es, sich inhaltlich aktiv damit auseinanderzusetzen, um das eigene Portfolio in Zukunft nicht nur auf Nachhaltigkeit, sondern auch auf die tatsächliche und messbare Wirkung der Anlagen zu prüfen. Auch in einem nachhaltigen Depot sollten nicht alle Eier in nur einen Korb gelegt werden. Diversifikation bedeutet aber eben nicht nur Vielfalt über Themen, Branchen oder Regionen, sondern auch über die dafür eingesetzten Instrumente.

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