Der kluge Mix

Demografischer Wandel bedeutet: Wir müssen zusätzlich vorsorgen, wenn wir es im Alter gut haben wollen.
Illustration: Vanessa Melzner
Axel Novak Redaktion

Die Deutschen werden älter: Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen verschiebt sich massiv, weil die Menschen heute länger leben als noch vor 30 oder 40 Jahren. Außerdem kommen die jungen Menschen abhanden: Weil wir in der Vergangenheit zu wenig Kinder bekommen haben, sinkt der Anteil der Jüngeren. Diese Entwicklung hat massiven Einfluss auf die sozialen Sicherungssysteme, vor allem auf die Altersvorsorge. Die Wohltaten, die heutigen Rentnern zukommen, werden bereits Menschen, die in ein paar Jahren in den Ruhestand gehen, nicht mehr in Anspruch nehmen können.

Viele, zu viele, Menschen vertrauen in Sachen Altersvorsorge auf den Staat. In einer alternden Bevölkerung wächst der politische Druck auf die Regierung, die besser zu versorgen, die in den vergangenen Jahren nichts zusätzlich für ihre eigene Vorsorge getan haben. Doch Spekulationen auf eine Grundsicherung im Alter oder gar eine Mindestrente müssen nicht aufgehen, denn es gibt keine Garantie dafür, dass der finanzielle Spielraum des Staates entsprechend den Erwartungen seiner Bürger wächst.
 

Betriebliche Vorsorge


Zwar bleibt die gesetzliche Rente grundsätzlich die wichtigste Säule in der Altersvorsorge der Deutschen. Doch all die Menschen, die heute Rentenbeiträge zahlen und in den geburtenstarken Jahren des vergangenen Jahrhunderts geboren wurden, werden irgendwann selber Ansprüche erheben. Weil dann die jungen Erwerbstätigen und Beitragszahler fehlen, wird die Rente – gemessen am Prozentsatz des letzten Verdienstes – nicht mehr zu halten sein. Dann klafft bei vielen Menschen die so genannte Versorgungslücke: Das Alterseinkommen reicht nicht mehr aus, um den gewohnten Lebensstandard zu halten.

Die zweite Säule in der Altersvorsorge der Deutschen ist die betriebliche Vorsorge. Zwar ist sie immer populärer geworden: Die Zahl der aktiven Anwartschaften ist von 14,6 Millionen 2001 auf 20,4 Millionen 2015 deutlich gestiegen. Doch die niedrigen Zinsen machen auch der betrieblichen Vorsorge zu schaffen. Wer außerdem seinen Arbeitgeber wechseln will, muss einiges beachten, um seine Ansprüche mitnehmen zu können.

Die Bundesregierung hat die betriebliche Vorsorge vor allem für Geringverdiener gestärkt. Bislang hielten sich vor allem Menschen mit einem geringen Monatseinkommen bei zusätzlichen Vorsorgeverträgen zurück, weil sie die Anrechnung auf die staatlich zugesicherte Mindestversorgung, die Grundsicherung fürchteten. Weil ein Freibetrag diese Anrechnung verhindert, könnten mehr Geringverdiener eine Zusatzrente aufbauen wollen.
 

Wertpapiere & Lebensversicherungen
 

Wer heute Geld privat beiseite legt, muss sich im Alter weniger einschränken. Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, um vorzusorgen für das Alter. Haus, Wohnung, Gold, Wertpapiere oder Versicherungen – all das wird mehr oder weniger staatlich unterstützt. Eher selten und nur für Kenner geeignet sind Geldanlagen in Kunst, Oldtimer oder anderes Seltenes. Wer den Wertzuwachs von Überraschungsei-Figürchen in seine Altersvorsorge einbauen möchte, der sollte sich wirklich auskennen in diesem exotischen Segment.

Und die klassische Lebensversicherung? Sie war viele Jahrzehnte lang der Deutschen liebstes Altersvorsorgeprodukt, verliert aber an Attraktivität. 88,3 Millionen Verträge hielten die Deutschen Ende 2017 – mehr als vier Millionen Verträge weniger als noch vor vier Jahren. Ein Grund für die sinkende Anzahl von Versicherungsverträgen sind die niedrigen Zinsen, die die so genannte Garantieverzinsung und die Rendite der Versicherungen nach unten drückt. Hinzu kommen Berichte über Versicherungen, die möglicherweise in einigen Jahren ihre Renditeversprechen nicht mehr halten könnten. Das verunsichert die Beitragszahler – und hält junge Menschen vom Vertragsabschluss zurück. Die Versicherer haben auf diese Entwicklung reagiert und ihre Angebote verbessert: Neue Rentenversicherungen bieten mehr Freiheiten bei der Kapitalanlage. Die Versicherer können verstärkt in riskantere, aber renditestärkere Wertpapiere investieren.


Riester-Verträge & Immobilien
 

Ein wichtiger Baustein in der Altersvorsorge ist das Riestern. Diese Versicherungsverträge gleichen die teilweise Privatisierung der Rente aus. Durch die so genannte Riester-Treppe aus dem Jahr 2001 müssen Arbeitnehmer ihre Rente privat aufstocken, wenn sie keine Rentenkürzung hinnehmen wollen. Doch die Riester-Renten leiden unter einer relativ geringen Rendite, auch, weil sie den Kapitaleinsatz über Jahrzehnte garantieren müssen. Als Ergebnis ermittelte das Anlegerbarometer der Union-Investment-Gruppe kürzlich, dass viele Menschen auf Riester-Verträge verzichten. Sie lohnten sich nicht, seien nicht vertrauenswürdig und eigentlich nicht notwendig. Tatsächlich ist im ersten Halbjahr 2018 die Anzahl der Riester-Verträge in Deutschland gesunken. Ähnlich ist es beim Betongold, bei Immobilien. Trotz günstiger Rahmenbedingungen, historisch niedriger Zinsen und der hohen Nachfrage nach Wohneigentum stagniert die Eigentumsquote in Deutschland. Seit 2010 liegt sie bei 45 Prozent, so eine Studie des IW Köln für die Bausparkasse Schwäbisch Hall.
 

Aktien & Aktienfonds
 

Wer wirklich langfristig an die eigene Rente denkt, kommt um Aktien nicht herum. Das haben viele Menschen begriffen: 2017 besaßen rund 10 Millionen Menschen in Deutschland Aktien oder Aktienfonds, 12,1 Prozent mehr als im Vorjahr, hat das Deutsche Aktieninstitut festgestellt. Viele Neuerungen machen den Aktienbesitz einfach: Über günstige Depots bei Online-Banken verringert der Anleger seine Kosten. Wer in so genannte Indexfonds investiert, der spart Gebühren, verringert das Anlagerisiko und profitiert langfristig vom Wertzuwachs vieler Papiere.

Bleibt schließlich das Bargeld auf dem Sparkonto. Das private Geldvermögen in Deutschland ist auf ein Rekordhoch von 6,1 Billionen Euro gestiegen, so die DZ Bank. Doch erstaunlicherweise legen die Deutschen ihr Geld mit Vorliebe auf niedrig verzinsten Spar- und Tagesgeldkonten an. Für mehr als 1,5 Billionen Euro erhalten die Anleger keine oder fast keine Zinsen. Das ist keine besonders nachhaltige Form der Altersvorsorge.

 

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