Wachsender Bedarf

Deutschland braucht mehr Neubauten – aber Bauflächen sind knapp, Genehmigungsprozesse langwierig, Arbeitskräfte werden händeringend gesucht.
Illustrationen: Nadja Zinnecker
Illustrationen: Nadja Zinnecker
Olaf Strohm Redaktion

Die Zahl städtischer Haushalte in Europa wächst aktuell dreimal stärker als die Bevölkerung, ergab eine Untersuchung von Greystar, einem weltweit führenden Anbieter von Mietwohnungen. Ursache sei zum einen die wachsende Bevölkerung und der Trend zur Urbanisierung. Zugleich wachse die Anzahl von Einpersonenhaushalten. Unabhängig von diesen Trends sei es weltweit zu einem starken Anstieg der Preise für Wohneigentum gekommen, hauptsächlich bedingt durch den Druck von der Angebotsseite und die historisch niedrigen Zinssätze.

 

In Deutschland, dem wahrscheinlich am weitesten entwickelten privaten Mietmarkt Europas, sind die Wohnimmobilienpreise in den vergangenen fünf Jahren um 20 Prozent schneller als die Einkommen gestiegen, und um 25 Prozent stärker als die Mieten. Allein die deutsche Hauptstadt Berlin bräuchte bis 2030 etwa 119.000 neue Wohnungen. Das sind umgerechnet rund 12.000 neue Wohnungen pro Jahr, so eine Studie von DIW Econ, einer Tochter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Auch in anderen europäischen Metropolen ist die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage riesig: In London fehlen 355.000 Wohnungen, in Warschau 142.000 und in Paris rund 129.000 Wohnungen.

 

Neben dem anhaltenden Zuzug in die Städte spielten auch strukturelle Gründe eine Rolle, so Konstantin A. Kholodilin vom Forschungsinstitut DIW Berlin. In den europäischen Großstädten sei teilweise erst spät die Erkenntnis gereift, dass der Wohnungsbestand nicht mehr den Bedürfnissen der Menschen entspreche. Das Wohnungsangebot könne sich aber nur langsam an die Nachfrage anpassen, wegen knapper Bauflächen, langwieriger Genehmigungsprozesse und fehlender Arbeitskräfte für den Bau.

 

Mehr bauen heißt die Devise. Hierzu hat die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern und den Kommunen vor zwei Jahren die so genannte „Wohnraumoffensive” gestartet. Ziel war die Errichtung von 1,5 Millionen neuen Wohnungen bis 2021. Sogar das Grundgesetz wurde geändert, um dem Bund zweckgebundene Finanzhilfen im sozialen Wohnungsbau zu ermöglichen. Länder und Kommunen sollen bei der Gründung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften unterstützt werden und bundeseigene Grundstücke werden vergünstigt an Kommunen vergeben.

 

Folge: 2019 wurden in Deutschland 293.000 Wohnungen fertiggestellt, das war eine Steigerung von 2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Vor allem Mehrfamilienhäuser wurden neu errichtet (+6,0 %), bei Einfamilienhäusern fiel die Steigerung mit 0,4 Prozent gering aus. Eine weitere Herausforderung für die Bauwirtschaft wird das ressorcenschonende und klimafreundliche Bauen. Das Bauen, mit all seinen Herstellungsprozessen, sei einer der stärksten CO2-Emittenten und damit auch einer der größten Mitverursacher der Klimakrise, so Amandus Samsøe Sattler, Architekt und Präsidiumsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB.

 

Aber auch im Bestand sind Gebäude für den Klimaschutz eminent wichtig. In der Strategie der Bundesregierung zum Erreichen der Pariser Klimaziele spielt die energetische Gebäudesanierung eine wichtige Rolle: Allein Wohngebäude waren 2018 für etwa ein Achtel der insgesamt 866 Millionen Tonnen an CO2, die in Deutschland ausgestoßen wurden, verantwortlich. Die Emissionen in Wohnhäusern sollen nun sukzessive sinken, um so im Idealfall bis 2050 einen klimaneutralen Gebäudebestand erreichen zu können.

 

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