Es war kein Termin wie jeder andere, den Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé Ende November in seiner Heimatstadt wahrnahm. Und so geriet das einfache Durchtrennen eines Bandes zu einer Botschaft an die Industrieunternehmen der Region: „Wir eröffnen nicht einfach nur ein Forschungslabor”, sagte Remelé. „Wir eröffnen unserer Stadt und der gesamten Region Schweinfurt die Chance, uns in Sachen Industrie 4.0 optimal aufzustellen.”
Was war geschehen? Der Bürgermeister hatte soeben das Gebäude des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA eingeweiht. In der Fraunhofer-Außenstelle in Schweinfurt sollen künftig Szenarien entwickelt werden, die Unternehmen den Nutzen von Künstlicher Intelligenz für das produzierende Gewerbe aufzeigen und sie anleiten, wie eine Integration solcher Anwendungen in den laufenden Betrieb erfolgen kann.
Potenzial ist ausreichend vorhanden. In der fränkischen Stadt haben nicht nur industrielle Großkonzerne wie die zu Schaeffler gehörende FAG, Fichtel & Sachs, VKF und Bosch Rexroth ihren Sitz, sondern auch zahlreiche mittelständische Unternehmen. Sie alle stehen vor der Herausforderung, sich zukunftsfähig aufzustellen. Und hier ist die Digitalisierung der entscheidende Faktor, wie Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger betonte. Sein Ministerium fördert die Außenstelle mit vier Millionen Euro, im Rahmen des Programms „Hightech Agenda Bayern”. „Die Hightech Agenda Bayern ist ein wichtiger Baustein, um die gesamte Region Schweinfurt im anstehenden Strukturwandel zu stärken”, so der Minister.
Mit Initiativen wie dieser kämpfen derzeit Industrieregionen allerorten um die Ansiedlung von Forschungsstellen und -instituten. Ziel ist die Ertüchtigung der deutschen Industrie für den digitalen Wettbewerb, der längst global entbrannt ist. Hierbei genießt vor allem der Einsatz künstlicher Intelligenz in der Industrie Priorität. Er wurde sogar in einer „Nationalen Strategie Künstliche Intelligenz” von der Bundesregierung formuliert. Danach soll Deutschland seine starke Position in der Industrie 4.0 ausbauen und führend bei KI-Anwendungen in diesem Bereich werden. Von KI-Anwendungen solle auch der Mittelstand profitieren.
Mehr Hightech-Kompetenz – das ist die Hoffnung von Regionen wie Schweinfurt, wo eine Ertüchtigung dringend nötig ist. Im Vorfeld der Ansiedlung der Fraunhofer-Außenstelle waren Unternehmen, IHK und die Hochschule Würzburg-Schweinfurt im Rahmen von Interviews und Workshops befragt worden. Darin zeigte sich, dass vor allem mittelständische Unternehmen nur einen geringen Umsetzungsgrad und wenig Fachkenntnisse in den Bereichen Digitalisierung und KI vorweisen können. In den bisher erfolgreichen, historisch gewachsenen Unternehmensstrukturen zeigte sich außerdem ein hohes Risiko, im globen Wettbewerb zurückzufallen. Oberbürgermeister Remelé hierzu: „Wenn wir diesem Strukturwandel erfolgreich begegnen wollen, müssen wir im Wettbewerb bestehen. Forschung und Entwicklung sind wichtige Standortfaktoren, die genau dazu beitragen.”