Neulich am Umschlaghub: Das Tor an einer Rampe klemmt, lässt sich nicht öffnen. Unter viel Körpereinsatz verschieben die Mitarbeiter im Warehouse die Ware, die rasch zum Kunden muss. Viel Zeit geht verloren – aber endlich kann der beladene Laster losbrausen. Ein simpler und anschaulicher Fall dafür, was die Digitalisierung ändern könnte: Kleine Sensoren, die vorzeitig darüber informieren, dass das Tor defekt ist, hätten sich möglicherweise gelohnt und durch vorbeugende Wartung den aufwändigen Sondereinsatz vermieden. Was für einen kleinen Spediteur noch möglich ist, löst bei größeren Speditionen Großalarm aus. Zu genau getaktet sind deren Abläufe, als dass sich der Logistiker ein verklemmtes Ladetor leisten kann.
Automatisch und autonom
Längst hat eine umfassende Vernetzung von Produktion, Transport und Handel begonnen. Daten wie Betriebs- oder Warenzustände, aber auch Temperatur und Luftfeuchtigkeit erfassen Sensoren in Echtzeit. Sie leiten die Daten weiter zur zentralen Analyse oder an Kunden – und lösen damit eine ganze Fülle von Möglichkeiten aus, Abläufe zu verbessern und reibungsloser zu gestalten. Immer mehr Unternehmen setzen solche cleveren Internet of Things oder IoT-Geräte ein, vernetzen sich mit Kunden, Dienstleistern und Partnern und sparen viel Geld durch automatisierte, autonome Abläufe und bessere Planungen.
Die Digitalisierung der Märkte drängt sie dazu: Neue digitale Verfahren erweitern die Vernetzung und Verarbeitung von Daten enorm. Leistungsfähige Netze, künstliche Intelligenz oder maschinelles Lernen sind Teilbereiche im technologischen Wandeln der industriellen Fertigung. Andere IT-Tools und Verfahren sorgen dafür, dass auch komplexe Anwendungen einfacher und günstiger werden – und somit die Investitionen sinken: Technischer Fortschritt ist mittlerweile auch für kleine und mittlere Unternehmen finanzierbar.
Weil KMU teure Experimente scheuen, zielen sie sehr pragmatisch auf die tatsächlich zu realisierenden erkennbaren Effizienzgewinne. Umfragen und Marktuntersuchungen ergeben, dass viele Unternehmen nicht nur heute schon viele IoT-Anwendungen nutzen, sondern auch den weiteren Ausbau planen. Vor allem Remote Monitoring und Remote Control-Anwendungen sind schon weit verbreitet. Mit solchen Verfahren können einzelne Geräte, Maschinen, Anlagen und Gebäude aus der Ferne überwacht werden, was die umfassendere Kontrolle von Zustand, Qualität oder Sicherheit erst möglich macht.
Technisch gesehen sind viele IoT-Anwendungen längst leicht umzusetzen. Die Sensorik wird Jahr für Jahr verfeinert. Eine Baustelle bleibt allerdings der Netzausbau. Dem könnten neue Standards bei der Datenübertagung helfen: Denn anders als häufig gedacht, müssen IoT-Anwendungen nicht auf den komplexen und energieintensiven Mobilfunkstandard GSM setzen. Weil Tracker und andere IoT nur wenige Kilobyte übermitteln, reichen auch Schmalband-Netze, um kleine Datenmengen sporadisch über lange Zeiträume zu übertragen. Beispiele sind das Narrowband-IoT im LTE-Netz, der offene Funkstandard LoRaWAN oder das LPWAN des französischen Unternehmens Sigfox.
Unterschiede in den Branchen
Doch unterscheiden sich die Unternehmen nach Branchen. So gelten die Logistikunternehmen im Vergleich zum Handel und zur Produktion als Vorreiter für die IoT-Vernetzung, haben die Marktforscher von PAC jüngst ermittelt. Für Logistiker ist der Mehrwert der Investitionen in IoT oft direkt und offensichtlich. Vor allem bei Fernwartung und Energiemanagement setzen sie auf eine sensordatenbasierte Überwachung und Vernetzung.
Doch auch die Unternehmen aus Produktion und Handel wollen nun die IoT-Anwendungsfelder ausweiten. Der Handel setzt beispielsweise einen starken Fokus auf das Tracking und Tracing, also auf die Nachverfolgbarkeit von Sendungen und Fahrzeugen. Allerdings stoßen Mittelständler hier oft auf zwei Schwierigkeiten: Zum einen setzen Partner, Kunden und Zulieferer nicht zeitgleich auf die neuen Standards, sondern eher auf den langsamen und kostengünstigeren Austausch von Fahrzeugen und Geräten durch neue und damit vernetzte Technik. Zum anderen sind Tracking und Tracing-Anwendungen teuer und erfordern hohe Anfangsinvestitionen. Die Produktionsbetriebe wiederum haben die Bedeutung der Remote-Anwendungen erkannt. Sie allerdings stehen vor dem Problem vieler unterschiedlicher Datenstandards der Maschinen- und Anlagenbauer, wenn es darum geht, komplette Produktionsanlagen vernetzt und datenbasiert zu optimieren oder sogar zu automatisieren.
Herausforderung für das Personal
Doch der IoT-Einsatz im Unternehmen hat Konsequenzen, die über die reine Technik weit hinausgehen. So wird langfristig wohl in vielen Unternehmen der Anteil der Produktion an der Gesamtwertschöpfung sinken, während der Anteil Software-basierter Dienstleistungen steigt. Die weitaus größte Herausforderung sind jedoch die eigenen Mitarbeiter. Sie gilt es durch Weiterbildung erst einmal in die Lage zu versetzen, Kenntnisse und Kompetenzen im Bereich IoT aufzubauen und anschließend motiviert einzusetzen. Das aber kostet Geld und Zeit, die angesichts des Fachkräftemangels in vielen Unternehmen schon heute fehlt.
Für viele Unternehmen ist der technische Einsatz allerdings kein Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb. Daher könnte es sich für Unternehmen lohnen, sich mit einem Partner zusammenzuschließen, statt selber aktiv zu werden und eigene Programme und Kompetenzen aufzusetzen.
Zuvor allerdings müssten sie genau die Bereiche identifizieren, in denen sie IoT-Anwendungen einsetzen wollen. Auch da gibt es vor allem klein- und mittelständische Betriebe, die die Entwicklungen der Digitalisierung noch scheuen. Sie brauchen also weniger den technischen Sachverstand, als vielmehr medienpädagogische und mediendidaktische Fachkräfte, die digitale Transformationsprozesse initiieren und später begleiten.
Hier gibt es in Bayern Pilotprojekte, um Arbeitslose mit didaktischem und pädagogischem Hintergrund mit IT-Spezialwissen zu versehen, damit sie als IT-Digitalisierungspädagogen Unternehmen bei der Transformation unterstützen. So weit über den Mittelstand hinaus reicht heute schon der digitale Wandel.