Wo staut’s? Wo läuft der Verkehr flüssig? Und wo könnte der eine Schleichweg sein, den alle anderen übersehen haben? Für die allermeisten beantwortet im Auto das Navigationssystem solche Fragen. Denn die Hersteller greifen auf die unterschiedlichsten Daten zurück, um den Ist-Zustand auf den Straßen möglichst exakt zu erfassen. Auf den Servern landen die Daten von Sensoren, die an Brücken und in der Fahrbahn angebracht sind. Anonymisierte Bewegungsdaten von Mobiltelefonen fließen ebenfalls ein. Teils senden Navis und Apps selbst Daten zurück und manche Anbieter schließen auch Verträge mit Betreibern von großen Flotten, deren Autos zu vollautomatischen Staumeldern hochgerüstet werden. Und doch könnte vieles genauer sein. Manchmal steht man eben doch in einem Stau, vor dem einen niemand gewarnt hat – von Glatteis oder der Unfallstelle hinter einer Kurve mal gar nicht zu reden.
Wäre das nicht was, wenn jedes Auto das hinter ihm fahrende vor solchen Gefahren warnen könnte? Unter dem Namen „Car 2 Car Kommunikation“ ist dieses Konzept seit Jahren in der Entwicklung. Einer der Vorreiter auf diesem Gebiet ist Nokias ehemaliger Kartendienst Here, der inzwischen von einem Konsortium aus Daimler, BMW und Audi betrieben wird und zu einer Echtzeit-Informationsplattform fürs Auto ausgebaut werden soll. Schon heute sammeln moderne Premiumfahrzeuge Informationen über Geschwindigkeit, plötzliche Bremsungen, oder – dank Regensensor – auch über Niederschläge. Daraus lassen sich Daten nicht nur über Staus destillieren, sondern auch über Glätte oder sonstige Gefahren. Informationen, die allen in der Nähe helfen können.
Rund 300 Menschenleben könnte eine solche elektronische Kommunikation im Verkehr pro Jahr in Deutschland retten, das ist das Ergebnis einer aktuellen gemeinsamen Studie von Bosch und dem Beratungsunternehmen Prognos. Die Technologieberatung Accenture ermittelte im Herbst 2016, dass 70 Prozent der Deutschen bereit seien, für solche Services zu zahlen. Weitere Dynamik könnte die Entwicklung bekommen, wenn auch Bilddaten verwendet werden, um an Verkehrsinformationen zu kommen. Kameras stecken in den meisten modernen Fahrzeugen, automatische Bildverarbeitung ist inzwischen schon sehr weit. Als Gegenentwurf hat Zulieferer ZF vor kurzem das Konzept „X2Safe“ vorgestellt, das anonymisierte Bewegungsdaten auch von Fußgängern und Radfahrern via Cloud in das Informationssystem einspeisen soll. Per Smartphone-App wäre das leicht zu realisieren, es würde den Schwächeren im Verkehr besseren Schutz bieten.
Und nicht zuletzt könnten all diese Konzepte auch genutzt werden, um den Verkehr zu leiten. Sie könnten helfen, Straßen optimal auszulasten. Um je nach Schadstoffwerten unterschiedliche Routen vorzuschlagen, um zu melden, ob und wo sich am Ziel noch Parkplätze finden. Oder, um Mobilität noch besser zu vernetzen: Wäre es nicht sinnvoller, anders ans Ziel zu kommen? Services wie „Here WeGo“ verknüpfen schon heute Echtzeit-Navigation mit den Fahrplänen des öffentlichen Nahverkehrs – und in Zukunft sollen Car-Sharing und Leihfahrräder hinzukommen. Je komfortabler sich das erledigen lässt, desto leichter ist es, das Auto mal stehen zu lassen.
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