Digitale Weiterbildung macht Karriere

Immer mehr Unternehmen und Organisationen setzen bei der Weiterbildung auf digitale Formate. Ein Überblick über die aktuellen Trends.

Illustration: Marcela Bustamante
Illustration: Marcela Bustamante
Klaus Heimann Redaktion

Digitale Weiterbildung ist auf dem Vormarsch. In vier Coronajahren hat sich die Weiter- und Fortbildung in ihre digitale Zukunft katapultiert. 90 Prozent der Betriebe nutzen nach einer Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln inzwischen digitale Formate. Das lassen sie sich einiges kosten. Wie eine Umfrage der Unternehmensberatung HRpepper und der Bitkom Akademie in Berlin bei knapp 1.300 Unternehmen zeigt, liegt das durchschnittliche Jahresbudget pro Mitarbeiter bei inzwischen 1.700 Euro.

Mitarbeitende schlüpfen dann schon mal zum Lernen in einen Avatar. Das „virtuelle Ich“ im Second Life: eine künstliche Figur, der die Lernenden aus Fleisch und Blut Leben einhauchen. Der Avatar arbeitet im Büro, bespricht sich im Meetingraum, trifft sich in der Pause auf der Terrasse oder im Garten mit den anderen. Und wenn ein Avatar zu lange inaktiv ist und eingenickt ist, dann bekommt er vom Trainer einen kleinen Schubser.

Inzwischen schlummern in den Mediatheken der Betriebe, Bildungsanbieter und Hochschulen viele virtuelle Tutorials, Webinare und Lernräume. Selbst Learning-Nuggets, kleinste digitale Trainings- oder Informationseinheiten, die übrigens bei den Teilnehmenden sehr beliebt sind, warten auf den Abruf.
 

Metaverse steckt noch in den Startlöchern

Avatare gehören zur Angebotsgruppe der Virtual Reality (VR), bei der die wirkliche Welt durch eine „virtuelle Realität” ersetzt wird. Das ist eine durch Computer geschaffene Wirklichkeit, in die Benutzerinnen und Benutzer mithilfe einer speziellen VR-Brille eintauchen. Dort warten Trainingsangebote in simulierten Arbeitsumgebungen. Im Gegensatz dazu erweitert Augmented Reality (AR) die Arbeitsumgebung, in dem sie eine Live-Ansicht um digitale Elemente anreichert. AR-Hardware gibt es als klobige Headsets oder als schlanke Brille.

Neuster Hype in diesem Feld ist das Metaverse. Es ähnelt dem Setting von Online-Rollenspielen, nur dass es eben kein Spiel, sondern eine digitale Alternative zur physischen Welt ist. Produkte, Waren und Dienstleistungen präsentieren sich wirklichkeitsnah, sind zu kaufen und auszuprobieren. Es gibt erste Metaverse-Nutzungskonzepte in der weltweiten Weiterbildung und Zusammenarbeit an virtuellen Modellen, etwa im Maschinenbau oder bei der Ausbildung medizinischen Personals.
 

Welche digitalen Formate stecken im Köcher der Betriebe?

Der Trend ist eindeutig: Externe und interne Präsenzseminare verlieren ihre Dominanz. Diese Formate machen in fünf Jahren, so schätzt der aktuelle HR-Report des Recruitingdienstleisters Hays, nur noch weniger als 60 Prozent der betrieblichen Angebote aus.

Der Gewinner sind Webinare, also Seminare mit festgelegtem Start- und Endzeitpunkt, die live über das Internet stattfinden. Dabei steht eine Präsentation, ein Vortrag oder eine Schulung im Mittelpunkt. Webinare machen nach der Hays-Prognose inzwischen vier von zehn Formaten in der Weiterbildung aus. An Bedeutung gewinnt auch der virtuelle Austausch in Foren und Virtual Mentoring, also das Mentoring in virtuellen Lernumgebungen. In diese Rubrik fallen auch Massive Open Online Courses, abgekürzt MOOC, die Hochschulen häufig kostenlos und mit großen Teilnehmendenzahlen anbieten.

Der große Vorteil von Webinaren: Die Teilnahme ist unabhängig vom Standort, setzt allerdings einen stabilen Internetzugang voraus. Videokonferenz-Lösungen, die dafür notwendig sind, haben sich beispielsweise als Zoom und Teams etabliert. Es gibt auch spezielle Anbieter von Webinar-Software wie Cisco WebEx, GoToWebinar, Mikogo, Adobe Connect, Edudip, ClickMeeting, ClickWebinar oder WebinarJam.
 

Spielen, um zu Lernen

Gamification ist ein expandierendes Format, dem eine blendende Zukunft prognostiziert wird. Mit Serious Business Games, also Lernprozessen in Spiel- oder Wettbewerbsform, nehmen die User Abschied von ihren liebgewonnenen Spielen, die nur dem puren Vergnügen dienen. In der Bildung ist das Ziel vor allem die Vermittlung von Wissen. Dazu nutzen sie Elemente aus Spielen wie Quizze, Punktesysteme, Bestenlisten, sofortiges Feedback und Simulationen von unterschiedlichen Szenarien. Anders ausgedrückt: Sie sind Spiele, die kinderleicht und vereinfacht auch komplexes Wissen vermitteln.
 

Klassische Lernvideos bleiben wichtig

Lernvideos sind zu jeder Zeit abrufbar, und der Zugriff funktioniert an allen Orten. Die bekanntesten Formen sind das Erklärvideo, das Schulungsvideo, der Screencast und das Tutorial-Video. Viele dieser Formate gibt es auf YouTube, Vimeo, TikTok und Instagram. Große Betriebe produzieren ihre eigenen Lernvideos. Professionell gemachte Produkte sind allerdings nicht billig.

Mischformen wie Blended Learning, also das Lernen teilweise in Präsenz, teilweise online, gewinnen an Akzeptanz und Bedeutung. Besonders beliebt sind Microlearning oder die erwähnten Learning Nuggets, Wissensplattformen oder Lernvideos mit überschaubaren und zeitlich knappen Lernangeboten, die je nach Bedarf abzurufen sind. Mitarbeitende erhalten nur die Lerneinheiten, die sie haben wollen und gerade brauchen.

Trotz der hohen Zustimmung, die digitale Weiterbildung inzwischen bei Unternehmen und den Beschäftigten hat, ganz verschwinden wird das gute alte interne oder externe Präsensseminar unter Anleitung von Trainern nicht. So erklärt Angelique Renkhoff-Mücke, Vorstandsvorsitzende der Firma Warema im fränkischen Marktweidenfeld: „Zwar bieten digitale Weiterbildungstools viele Vorteile, aber der persönliche Austausch kommt zu kurz.“ Vollständig digitalisiert wird die Weiterbildung also auch in Zukunft nicht.

 

Die fünf wichtigsten digitalen Lernformate

Das mmb Institut in Essen, Denkwerkstatt für die Innovation von Bildung und Lernen, ermittelt in ihren regelmäßig erhobenen Trendstudien, für wie wichtig Experten digitale Lernformate für eine Corporate-Learning-Strategie in den Betrieben halten. Die fünf bedeutendsten sind aktuell:
• Micro Learning & Learning Nuggets
• Videos & Erklärfilme
• Blended Learning
• Virtuelle Lernräume & Webinare
• Mobile Anwendung & Apps

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