Herr Schmid, wie innovativ und modern ist die Bauindustrie?
Die Bauindustrie ist sehr innovativ. Moderne Baumaschinen sind HighTech. Einige fahren autonom oder bohren, baggern und planieren präzise und GPS-gesteuert. Viele Bauverfahren sind ebenfalls hochinnovativ. Doch das Bauen muss noch innovativer werden. Gefordert sind die Baustoffhersteller und die Auftraggeber: Sie müssen die Innovationen annehmen, der Staat muss sie genehmigen und zulassen.
Wie „digital“ ist der Bau?
Digitales Bauen bedeutet das Planen, das Bauen und das Betreiben eines Bauwerkes mithilfe digital-vernetzter Methoden über dessen gesamten Lebenszyklus. Daher bekommt jedes Bauwerk seinen digitalen Zwilling. Das ist ein virtuelles Modell, das alle Informationen schon von der Planung an enthält. Erst wenn das Bauwerk virtuell optimiert ist, wird real gebaut. Das ist effizient und auch ressourcenschonend. In Zukunft wird die Digitalisierung am Bau eine noch größere Rolle spielen.
Was heißt das konkret?
„Gebaut wird immer“ – das wird weiterhin gelten. Die Bauindustrie ist und bleibt gefragt. Wie aber künftig geplant und gebaut wird, das ist eine spannende Frage. Dafür haben wir einen verbandsinternen Think Tank gegründet, die Zukunftswerkstatt Bau. Gestartet sind wir mit zwei Themen: serielles und modulares Bauen sowie KI, die Künstliche Intelligenz. Auf die Ergebnisse sind wir selbst sehr gespannt.
Mehr bezahlbarer Wohnraum: Was kann die Bauindustrie dazu beitragen?
Der Bedarf nach Wohnraum ist hoch und er nimmt noch zu. Insbesondere fehlt es an bezahlbarem Wohnraum in den Städten. Bauindustrielle Methoden bewirken einen kostengünstigeren Bau. Vorgefertigte Bauteile oder vorfabrizierte Module ermöglichen niedrigere Baukosten und zugleich eine präzisere Bauweise. Außerdem ist die Baustelle weniger aufwändig und sie ist schneller wieder weg. Darüber freuen sich die Anwohner. Die bauindustriellen Produktionsmethoden minimieren den Materialverbrauch. Das spart Gewicht, was wiederum bei der Nachverdichtung in den Städten sehr bedeutsam ist. Durch ein weiteres oberes Geschoß oder den Umbau überflüssig gewordener Hotels, Fabriken oder von Bürogebäuden entsteht zusätzlicher Wohnraum. Auf Basis der vorhandenen Infrastruktur, ohne unverbrauchte Naturflächen zu beanspruchen.
Welchen Beitrag kann die Bauindustrie außerdem zum Thema bezahlbarer Wohnraum leisten?
Eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur und gleichwertige Lebensverhältnisse auch im ländlichen Raum. Ein gut funktionierendes Mobilitätssystem entlastet nämlich den Wohnungsmarkt in den Städten. Das bewirken auch gute Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Wir brauchen aber mehr Mittel für die Verkehrsinfrastruktur im Bundeshaushalt, und zwar real mehr, nicht nur nominal. Das erhebliche Erhaltungsdefizit muss dringend beseitigt werden. Wir müssen auch die Verkehrsinfrastruktur für die Anforderungen der Zukunft ausbauen, und zwar jetzt. Eine Verkehrswende, die diesen Namen verdient, ist nur realisierbar, wenn das Schienennetz in Deutschland dafür auch die Kapazitäten zur Verfügung hat. Ebenso gilt das für den Ausbau des Radwegenetzes. Die Mobilität der Zukunft braucht eben die dafür geeigneten Verkehrswege.
Was sagen Sie zu den Recyclingbaustoffen?
Sie sollten viel mehr als heute eingesetzt werden. Die öffentlichen Auftraggeber sollten hier vorbildlich vorangehen. Sie müssen diese zulassen, wo immer das möglich ist, und bei Ausschreibungen ausdrücklich darauf hinweisen. Das ist praktizierter Umweltschutz.