Geteilte Flotte

Die Ansprüche an den Dienstwagen steigen. Für immer mehr Fuhrparkmanager dürfte Corporate Carsharing interessant werden.
Illustration: Friederike Olsson
Illustration: Friederike Olsson
Mirko Heinemann Redaktion

Wer einen Überblick darüber erhalten möchte, welche Unternehmen derzeit den Carsharing-Markt bestimmen, muss nur durch Berlin fahren. Hier findet man sie alle: DriveNow, Car2Go und Flinkster, die Elektroroller-Vermieter heißen Emmy und Coup, Pedaltreter gibt es von Nextbike und Lidl/DB. Andere Car-Sharer heißen Multicity, Drivy, Cambio, Greenwheels, Stadtmobil, Drive By oder Ubeeqo.  

Für Geschäftsreisende sind sie bedingt geeignet. Wer schnell und bequem durch die Stadt reisen möchte, kann „Freefloating“ betreiben, wie es im Neudeutschen heißt. Er schließt ein Fahrzeug per App auf, fährt los und stellt es an beliebiger Stelle im Geschäftsbereich wieder ab. Das ist sinnvoll, wenn schwere Taschen zu transportieren sind, wenn Termine fernab vom öffentlichen Nahverkehr stattfinden oder spät abends. Genau hier gilt: bedingt geeignet. Wer die Erfahrung gemacht hat, um Mitternacht bei Regen eine halbe Stunde zum nächsten Fahrzeug laufen zu müssen oder wer im Stau stand, während der Kollege, der mit der U-Bahn gefahren ist, längst seine Präsentation hält, weiß die Bedeutung von Carsharing in der Großstadt realistisch einzuschätzen: gelegentlich hilfreich, oft überflüssig, manchmal sogar kontraproduktiv.   

Zwar weisen etwa BMW/Sixt mit ihrem Ableger DriveNow und Car2Go von Daimler und Europcar gerne darauf hin, dass die Zahl der Firmenkunden steigt und sie mit den Unternehmen gerne spezielle Konditionen für die Nutzung aushandeln – etwa eine Abrechnung von Mitarbeitern direkt über die Firmenkreditkarte. Doch in der Praxis werden Company Cars woanders dringender gebraucht: Profis sind auf Fahrzeuge besonders angewiesen, wenn sie Geschäftspartner in den ländlichen Regionen besuchen. Die deutschen Mittelständler haben ihren Firmensitz oft abseits der urbanen Zentren – in Bayern, Westfalen oder im Schwäbischen. Laut dem „Firmenwagen-Monitor“ der Vergütungsberatung Compensation Partner sind Dienstwagen im Vertrieb am weitesten verbreitet. Dort hat mehr als ein Viertel der Fachkräfte ein Dienstauto – und sogar 78,2 Prozent der Vertriebsleiter. Unter den Fachkräften sind Firmenfahrzeuge in der Technik und der IT noch relativ verbreitet. Wer mit wichtigen Aufgaben über Land fährt, benötigt ein modernes, gut gewartetes Automobil mit solider Ausstattung, das er für längere Zeit nutzen kann.

Hier rückt die Digitalisierung der Fahrzeuge immer stärker in den Vordergrund: Angebote wie Echtzeit-Wartungsinformationen, ortsbasierte Empfehlungen, dynamische Stauprognosen oder Musikstreaming gehören für immer mehr Dienstreisende zur gewünschten Grundausstattung ihres Fahrzeugs. 40 Prozent aller Vielfahrer, die mehr als 20 Stunden pro Woche im Auto verbringen, würden die Automarke wechseln, wenn sie dadurch an bessere Connectivity-Angebote gelangen, so stellte die aktuelle Marktumfrage von McKinsey & Company mit dem Titel „Connected Cars“ fest. Nimmt man die Gesamtzahl der Autokäufer, trifft dies auf immerhin 20 Prozent zu.

Bei Profis gefragt sind professionelle Lösungen. Angebote wie die von Audi shared fleet, von Daimler Fleet Management, BMW-Carsharing oder Ubeeqo passen da eher. Sie bieten Leasing-Verträge oder eine Abrechnung nach Nutzung an. Dabei sind die Angebote der klassischen Automobilhersteller oftmals wenig überzeugend. Das Company-Carsharing des angesehenen Herstellers BMW erinnert an ein klassisches Mietwagenportal: Kunden erhalten eine Mitgliedskarte und können fortan an der nächst gelegenen Abstellfläche, auch „Parkraumquartier“ genannt, direkt mit der Kundenkarte oder per Smartphone das Fahrzeug öffnen und losfahren. Bei Eingabe in Berlin stellt man fest, dass diese Abstellplätze recht weit voneinander entfernt sind und zum Teil schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar sind. Eine optimale Lösung für den Geschäftsreisenden sieht anders aus.

Ubeeqo hingegen, ein Tochterunternehmen der Europcar Gruppe, versucht sich an einer integrierten Mobilitätslösung, die über eine App zu buchen ist. In der integrierten Mobilität sehen viele Fuhrparkmanager die Zukunft des Corporate Carsharings: Man benutzt dasjenige Fahrzeug, das einen in einer bestimmten Situation schnell und bequem zum Ziel bringt. Viele Unternehmen arbeiten daran, scheitern aber noch an der Größe und Vielfalt des Datenpools. Aber die Chancen sind riesig: Visionäre träumen von selbstlernenden Systemen, die das Mobilitätsverhalten ihrer Nutzer analysieren, Reisewünsche mit persönlichen Vorlieben abgleichen, äußere Faktoren wie Wetter und Verkehrsaufkommen integrieren und individuell abgestimmte Vorschläge machen: „Heute, lieber Geschäftskunde, nehmen Sie einmal das Cabrio.“
 

Oder ein elektrisches Fahrzeug? Ubeeqo, der bereits in Frankreich viele Elektroautos betreibt, hat jüngst in einem „Firmenwagen-Effizienz-Test“ beklagt, dass sich der wirtschaftliche Einsatz von Elektroautos in Firmenflotten in Deutschland nicht lohne. Die Studie hat die Gesamtkosten ausgewählter E-Autos und Verbrenner über zehn Jahre betrachtet. Danach standen die E-Mobile immer schlechter da. Ausnahme: kleine Elektroautos mit einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern. E-Mobility-Verbände üben Kritik an der Studie. Das Anwenderportal E-Mobilität Online weist darauf hin, dass es durchaus günstigere E-Fahrzeuge als die dort ausgesuchten Elektroautos VW e-up!, VW e-Golf und das Tesla Model S gebe. Es verweist auf den neuen Online-Kostenrechner des Öko-Instituts (www.emob-kostenrechner.oeko.de) und seine Handlungsempfehlungen für Unternehmen zur Integration von Elektroautos in gewerbliche Flotten.

Wer keine Elektroautos in seine gewerbliche Flotte integrieren möchte, greift auf Carsharing zurück. Hier sehen Experten aufgrund der Nutzungseffizienz und der Infrastruktur den idealen Anwendungsfall für elektrische Fahrzeuge.

Nächster Artikel