Innovationen für die Energiewende

Seit fünf Jahren investiert KIC InnoEnergy in nachhaltige Energieprojekte und vernetzt Start-ups, Wirtschaft und Forschung. Ein Interview mit dem Geschäftsführer Dr. Christian Müller.
KIC InnoEnergy Germany GmbH
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Herr Müller, fünf Jahre KIC InnoEnergy: Was wurde erreicht?

 

Wir haben es nach anfänglichen Geburtswehen geschafft, eine erkleckliche Anzahl an Lösungen und Ideen auf den Markt zu bringen. Das ist erkennbar und bezifferbar an Bestellungen, Aufträgen und Umsätzen. Wir sind ja keine Forschungsförderung, sondern wollen in den Markt hinein wirken. Dazu nutzen wir zwei Instrumente: Zum einen investieren wir in Start-ups und unterstützen diese beim Geschäftsaufbau. Wir haben europaweit über hundert Start-ups auf den Weg gebracht und die Gründung von über 50 neuen Unternehmen mit initiiert. Das zweite Instrument sind unsere Innovationsprojekte, in deren Rahmen wir die Vernetzung von bestehenden Unternehmen mit der Forschung unterstützen. 25 Produkte und Lösungen sind hier neu auf den Markt gekommen. 

 

Wie funktioniert die Start-up-Förderung?

 

Wir bieten Unternehmern mit innovativen Ideen für die Energiebranche unsere Hilfe an. Das kann bereits in der frühen Phase geschehen, also wenn noch gar kein Unternehmen existiert, sondern nur eine Idee. Wir helfen ihnen typischerweise über einen Zeitraum von zwei Jahren, bis die Start-ups ihre ersten Umsätze machen. Wir bieten finanzielle Hilfe, wir sorgen für Vernetzung mit der Industrie und suchen potenzielle Geschäftspartner. Dadurch, dass wir als Erstfinanzierer auftreten, senken wir die Hürden für andere Finanzierer, in das Start-up einzusteigen. 

 

Sie engagieren sich zum Beispiel für das Karlsruher Start-up enOware. Warum?

 

EnOware hat eine innovative Lösung für den Einsatz in der oberflächennahen Geothermie entwickelt. Bislang konnte die Funktion von Erdwärmesonden, das sind die in den Boden hinein reichenden Rohre, in denen die Wärmeträgerflüssigkeit zirkuliert, nicht überwacht werden. Tritt dort Flüssigkeit aus, die womöglich auch noch den Boden belastet? EnOware hat eine kabellose miniaturisierte Messkapsel entwickelt, die innerhalb des Rohrsystems der Erdwärmesonde schwimmt und dabei Daten wie Druck und Temperatur erhebt. Damit können Leckagen entdeckt werden. 

 

Bei enOware sind vor kurzem auch der High-Tech Gründerfonds und LBBW Venture als Finanziers eingestiegen. Ihr Verdienst?

 

Zumindest wäre das Start-up ohne die Erstfinanzierung durch uns vielleicht nicht so weit gekommen. Wir sehen ein enormes Potenzial für die entwickelte Hardware-Lösung: Die der Messkapsel zugrunde liegende Sensorplatine kann auch im Smart Home zum Einsatz kommen. Dort wird eine Vielzahl von Sensoren benötigt, um Luftqualität, Feuchtigkeit, Helligkeit und andere Faktoren zu bestimmen. Statt mehrere Sensoren zu installieren, lässt sich mit enOware alles an einem Ort und an einem Anschluss versammeln. 

 

Der Innovationspreis Berlin-Brandenburg ging soeben an ZaaK Technologies. Das ist auch ein von Ihnen unterstütztes Start-up, richtig?

 

Ja. Das Unternehmen verwertet die Asche, die Kohlekraftwerke produzieren. ZaaK fertigt daraus ein ökologisches Baumaterial, einen leichten Sand, der zu Beton, Mörtel oder Putz verarbeitet werden kann und hoch wärmeisolierend ist. Eine tolle Idee, die zur Energiewende beiträgt, ohne gleich eine radikale Lösung zu forcieren. Ich bin sehr stolz darauf, dass Deutschland das Riesenprojekt Energiewende angepackt hat. Dennoch werden wir noch einige Jahre mit Kohlekraftwerken leben. Wir denken zudem grenzüberschreitend: In anderen Ländern wird es noch viel länger dauern, bis die Kohle von sauberen Energieträgern abgelöst wird. Sie investieren auch in Kollaborationsprojekte zwischen Forschung und Wirtschaft. Worauf achten Sie dort? 

 

Wir sind eine offene Plattform und entscheiden über ein mögliches Investment streng nach Inhalt, diskrimininerungsfrei und unabhängig. Die unterstützten Innovationen sollen die Kosten in der Energiewertschöpfungskette senken, die Sicherheit in der Versorgung steigern oder Kohlendioxid- und andere Treibhausgasemissionen reduzieren. Derzeit befindet sich zum Beispiel ein Kooperationsprojekt des internationalen Anlagenbauers Outotec mit der Universität Stuttgart in der Schlussphase. In diesem Projekt wird feuchte Biomasse, zum Beispiel Klärschlämme, zur Energiegewinnung genutzt. Als Nebeneffekt werden wichtige Rohstoffe aus dem Klärschlamm zurückgewonnen. Dazu gehört Phosphor, das als Düngemittel für die Ernährung der Menschheit unverzichtbar ist und dessen irdische Vorräte absehbar in den nächsten 150 Jahren zur Neige gehen werden. 

 

Woher beziehen Sie Ihre Mittel?

 

Wir erhalten etwa 80 bis 100 Millionen Euro im Jahr an Unterstützung vom European Institute of Innovation and Technology. Zusätzliche Mittel kommen von unseren Gesellschaftern, das sind unter anderem große europäische Energieversorger wie ABB, Vattenfall, EnBW, Areva, Electricité de France, Total. Dazu kommen unsere wissenschaftlichen Partner, das sind in Deutschland das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Universität Stuttgart. Mehrere internationale Forschungsorganisationen sind ebenfalls dabei. Die Gesellschafter geben etwa drei Millionen Euro pro Jahr.  

 

Sie sind in ganz Europa aktiv. Wie ist KIC InnoEnergy aufgestellt? 

 

KIC steht für Knowledge & Innovation Community. Wir sind an sechs Standorten und mit 160 Partnern in ganz Europa vertreten. Unsere Verpflichtung lautet: Wir wollen den nachhaltigeren Umgang mit Energie fördern und dabei internationale, nachhaltige und für Investoren attraktive Lösungen auf den Weg bringen. Dazu unterstützen wir innovative Ideen im Energiebereich und vernetzen Wissenschaftler, Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Unsere Mitarbeiter sind Experten in Sachen Unternehmensgründung. Sie agieren ähnlich wie Business Angels, helfen also Gründern von der Lösungsfindung bis zum Kontakt zu anderen Marktteilnehmern. 

 

Dr. Christian Müller; Geschäftsführer, KIC InnoEnergy Germany GmbH

 

www.kic-innoenergy.com 

 

 

Stichtag: 4. April 2016

Wer eine Geschäftsidee in die Praxis umsetzen möchte und dafür Mittel und fachliche Unterstützung benötigt, kann bei KIC InnoEnergy einen Projektantrag stellen. Zweimal im Jahr werden bei KIC InnoEnergy die bis dato eingegangenen Projektanträge evaluiert und über mögliche Investments entschieden. Am 15. Januar 2016 öffnet KIC InnoEnergy einen neuen Aufruf für Innovationsprojekte, für den bis zum 4. April 2016 Ideen eingereicht werden können.  KIC InnoEnergy strebt eine enge Zusammenarbeit mit den Projekten an.  

 

cip.kic-innoenergy.com

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