Die Energieeffizienz wird oft als der schlafende Riese der Energiewende bezeichnet. Zu Recht?
Unbedingt! Fakt ist: Es wird immer wichtiger für Unternehmen, Energie zu sparen. Einerseits aus ökonomischen Gründen, denn die Strompreise werden in den nächsten Jahren kaum fallen. Andererseits ist schon heute klar, dass die Klimaschutzziele, die sich die EU bis 2020 gegeben hat, ohne Energieeffizienzmaßnahmen nicht erreich-bar sind. Die Umstellung auf erneuerbare und dezentrale Energieerzeugung ist dazu alleine nicht in der Lage.
Also müsste das Thema Energieeffizienz relativ weit oben auf der politischen Agenda stehen?
Mittlerweile ist das auch so. Der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE), den das Bundesumweltministerium im Dezember letzten Jahres vorgelegt hatte, enthält tatsächlich eine Vielzahl wirksamer Ansätze, Energieeffizienz zu fördern und entsprechend günstige Rahmenbedingungen für Investitionen in diesem Bereich zu schaffen. Das hat in der Vergangenheit oft gefehlt. Allerdings gilt es jetzt, für diese Ziele auch die notwendigen Rahmenbedingungen auszugestalten.
Welche Einsparpotenziale ergeben sich konkret für Unternehmen?
Aktuelle Zahlen schwanken zwischen 8 und 25 Prozent. Dabei sind die technologischen Möglichkeiten vielfältig und man muss konstatieren, dass die deutsche Industrie hier auf einem guten Weg ist und sich durchaus erfinderisch zeigt. Nehmen Sie die Erzeugung von Druckluft, einer der teuersten Energiequellen in der Produktion. Viele Firmen sparen hier durch neue Konzepte schon große Mengen an Energie ein. Oder die Nutzung der Abwärme: auch hier wird die technologische Implementierung immer besser.
Dennoch gibt es immer noch eine Reihe von Unternehmen, die sich beim Thema Energieeffizienz schwer tun. Warum ist das so?
Deutsche Unternehmen stehen durch ihren Export-Fokus massiv im internationalen Wettbewerb. Sämtliche Einsatzfaktoren, zu denen auch die Energie zählt,
unterliegen einem starken Rationalisierungs- und Effizienzdruck. Investitionen werden in der Regel auf Basis sehr kurzfristiger Amortisationsvorgaben ohne Lebenszykluskosten entschieden. Da sich Effizienzmaßnahmen über die Lebenszeit des eingesetzten Produktes rechnen, haben sie Nachteile durch diese Bewertungssystematik.
Bietet nicht die Einführung von Energiemanagementsystemen eine Möglichkeit, hier regulativ einzugreifen?
Es ist richtig, dass Unternehmen, die in Zukunft Vergünstigungen bei Steuern und Abgaben auf Energie in Anspruch nehmen wollen, verpflichtet sind, sich im Rahmen von Energiemanagementsystemen einen Überblick über ihren spezifischen Energieverbrauch zu verschaffen. Erst dadurch können nachhaltige Maßnahmen ergriffen werden, mit denen man an der einen oder anderen Stelle Energie einsparen kann. Das ist vor allem deshalb sinnvoll, weil so ein einheitlicher Rahmen geschaffen wird, der es ermöglicht, Daten
sinnvoll miteinander zu vergleichen.
Warum ist ein solcher einheitlicher Rahmen so wichtig?
Nur dann haben Sie eine Chance, überhaupt zu überprüfen, ob geplante Effizienzziele am Ende auch erreicht werden. Das spielt für Investitionsentscheidungen ja eine entscheidende Rolle, denn natürlich möchte der Unternehmer möglichst auch messbare
Resultate sehen. Eine solche Analyse ist relativ anspruchsvoll. Sie benötigen Personal, das nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich in der Lage ist, Potenziale zu berechnen und sicherzustellen, dass die gewünschten Effekte auch eintreten.
Olaf Pick; Senior Manager KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft