Aktuelles aus der Medizin

Innovationen, Studienergebnisse und neu bewertete medizinische Zusammenhänge in Schlaglichtern.
Illustrationen: Wyn Tiedmers
Illustrationen: Wyn Tiedmers
J.W. Heidtmann Redaktion

Covid-19-Impfstoff aus dem Drucker

Der Covid-19-Impfstoff des Tübinger Unternehmens Curevac steht kurz vor der Zulassung. Der Impfstoff, der das Botenmolekül mRNA enthält, soll mit mobilen Produktionsanlagen, einer Art Drucker, hergestellt werden. Sie sollen eine Grundfläche von vier bis fünf Quadratmetern haben und zwei Meter hoch sein. Die RNA-Drucker könnten in Krankenhäusern stationiert werden, um vor Ort personalisierte Medizin zu fertigen und anzubieten. Wie bei einem Druckauftrag werden genetische Informationen eines Virus in den Drucker eingespeist, der dann automatisch den passenden Impfstoff produziert. Dadurch könnte man schnell auf Krankheitsausbrüche reagieren. Um die Impfstoff-Drucker herzustellen, arbeitet Curevac mit der Tesla-Tochterfirma Grohmann Automation zusammen.

Innovative OP-Kontrolle

Das Start-up Klavant hat ein Gerät entwickelt, mit dem die Qualität bei konventionellen Aortenklappen-Operationen kontrolliert werden kann. Fehler bei OPs am offenen Herzen werden oft zu spät erkannt, weil die Kontrolle in der OP nur manuell erfolgt. Mit der Klavant-Entwicklung, den Intraoperativen Digitalen Aortografien, wird bei stehendem Herz die Dichtigkeit der Aortenklappe erstmals sicher ermittelt. Das System soll die Sterblichkeit bei Herz-Operationen nachweislich senken und damit Leben retten. Das Team aus Minden hat unter anderem den Venture Cup des Wettbewerbs Science4Life gewonnen.

Digitale Hausarztpraxis

Das Start-up docport möchte die Hausarztpraxen digitalisieren, damit sich die Ärzte besser auf die medizinische Versorgung konzentrieren können. Zum einen werden Prozesse standardisiert und automatisiert, Wartezeiten kürzer, die Praxen besser erreichbar. Termine werden automatisiert und konfliktfrei vergeben. Eine Cloud-Telefonanlage leitet eingehende Anrufe an Mitarbeiter im Homeoffice weiter. Zum anderen sollen Patienten profitieren, die sowohl digital als auch vor Ort in der Praxis behandelt werden können. Die Prozesse sind von erfahrenen Hausärzten und Abrechnungsexperten entwickelt worden, die technische Infrastruktur passt sich an die Bedürfnisse an. Infos unter www.docport.de

Drug on Demand

Das junge Unternehmen EpiBlock hat einen neuartigen molekularmedizinischen Ansatz für eine Behandlung der fokalen Epilepsie entwickelt. Dieser basiert auf einer Gentherapie, bei der die Erbinformation für ein spezielles Neuropeptid namens Dynorphin in die betroffene Hirnregion eingeschleust wird. Die Nervenzellen nehmen die Erbsubstanz auf und beginnen, Neuropeptide zu produzieren und zu speichern. Das Besondere: Die anfallshemmenden Wirkstoffe werden nur dann in die Umgebung ausgeschüttet, wenn das Nervengewebe in hochfrequenter Erregung ist – wie zu Beginn eines Anfalls. Das Team um die Berliner Virologin Regine Heilbronn und den Innsbrucker Neurobiologen Christoph Schwarzer  nennt diesen Ansatz eine „Drug on demand“-Gentherapie.

Bakteriophagen statt Antibiotika

Invitris, ein junges Team der TU München, entwickelt Therapien gegen antibiotikaresistente Infektionen. Hierfür wurde ein einzigartiges Herstellungsverfahren mittels synthetischer Biologie entwickelt, das auf der Basis von Bakteriophagen funktioniert. Bakteriophagen sind natürliche Feinde von Bakterien. Sie sind in der Lage, Bakterien gezielt und zuverlässig zu infizieren und abzutöten, für menschliche Zellen aber harmlos. Sie können daher Patienten als Heilmittel für bakterielle Infektionen verabreicht werden. Damit sollen personalisierte Therapien für Patienten mit chronischen, resistenten, bakteriellen Infektionen angeboten werden. Infos unter www.invitris.org

Gen-Schere: ungehobene Potenziale

Deutschland ist in der Genomchirurgie-Forschung, vor allem bezüglich der sogenannten Gen-Schere CRISPR/Cas, international führend, hat aber deutliche Defizite bei Anwendung und Kommerzialisierung. Zu diesem Fazit kommt die Expertenkommission Forschung und Innovation in ihrem diesjährigen Jahresgutachten, das sie am 24. Februar virtuell an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergab. Darin stellen die Experten, die seit 2008 die Bundesregierung wissenschaftlich beraten, die „komplexen und oft kleinteiligen Antragsverfahren zur Anzeige, Anmeldung und Genehmigung medizinischer Grundlagenforschung und präklinischer Forschung mit gentechnisch veränderten Organismen“ heraus, die nicht unerhebliche bürokratische und regulatorische Hürden für Forscherinnen und Forscher aufbauen, so der Vorsitzende der Expertenkommission, Uwe Cantner von der Universität Jena, im Ärzteblatt.

Neuartige Genomchirurgie

Während CRISPR/Cas das derzeit wohl bekannteste Genomchirurgie-Werkzeug ist, hat ein Dresdener Team unter dem Namen RECTECH nun eine völlig andersartige Genome-Editing-Technologie entwickelt, die den bekannten Verfahren überlegen sein soll: Sie basiert auf bestimmten Enzymen, den Sequenz-spezifischen Rekombinasen (SSR). In jahrelanger Forschungsarbeit ist es dem Team gelungen, diese Enzyme so zu optimieren, dass sie das Genom von Zellen mit größter Präzision bearbeiten und sehr sicher genutzt werden können. Mithilfe von eigens entwickelter Software in Kombination mit molekularer Evolution gelingt es den Biotechnologen, ihre Rekombinase-Enzyme auf eine bestimmte Zielregion im Genom maßzuschneidern. Mit den Designer-Rekombinasen ließen sich damit praktisch sämtliche genetisch-bedingten Erkrankungen adressieren.

Bei Krebstherapie gut vor Corona schützen

Vor allem während der Chemotherapie sollten sich Krebspatienten so gut wie möglich vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 schützen. Ihr Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf an Covid-19 ist einer aktuellen Meta-Studie in der Fachzeitschrift Cancer Medicine zufolge hoch. In der Analyse zeigte sich ein erhöhtes Sterberisiko an Covid-19 für die Patienten, die sich kurz zuvor einer antitumoralen Therapie unterzogen hatten. Das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei Covid-19 war bei Patienten, die eine Chemotherapie durchgeführt hatten, erhöht. Bei zielgerichteten Therapien, Strahlentherapie, Operation und Immuntherapie hingegen war ein solcher statistisch signifikanter Effekt nicht zu erkennen. Bei den antihormonellen Therapien waren die Daten unzureichend, um sie beurteilen zu können.

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