Moderne Forschung? Ohne Tierversuche!

Biomedizinische Forschung und Tierversuche schienen lange untrennbar zu sein. Doch neueste Techniken zeigen: Es geht auch anders – und sogar besser.

Dr. Tina Stibbe, Beraterin für Wissenschaftspolitik bei PETA Deutschland e.V. © PETA-D
Dr. Tina Stibbe, Beraterin für Wissenschaftspolitik bei PETA Deutschland e.V. © PETA-D
PETA Deutschland e.V. Beitrag

Tierversuche stehen immer wieder in der Diskussion: Auf der einen Seite werden sie als ethisch verwerflich und unwissenschaftlich betrachtet. Andererseits werden sie oft noch als dringend notwendig betitelt. Doch wie sieht die Zukunft der Wissenschaft nun aus?
Experimente an Tieren sind sowohl in der Forschung als auch zur Testung von Substanzen in vielen Fällen immer noch Standardpraktik. Neugier und der Drang nach Fortschritt führten dazu, dass Tierversuche bereits seit Jahrhunderten angewandt werden. Sie schienen damals alternativlos zu sein und auch ethische Bedenken gab es noch weniger als heute. Doch wo früher ein Tierversuch als der einzige Weg galt, möglichst viel über die tierische Biologie herauszufinden, muss er heute lange nicht mehr die beste Methode sein. Insbesondere in der humanen biomedizinischen Forschung gilt sogar das Gegenteil: Durch die mangelnde Übertragbarkeit von Tierdaten auf die Spezies Mensch sind die Ergebnisse oftmals aussagelos. Beispielsweise kann sich die Biologie einer Maus erheblich von der menschlichen Biologie unterscheiden. Dies ist einer der wichtigsten Gründe, weshalb derzeit die Marktzulassung für einen Großteil neu entwickelter Medikamente für den Menschen scheitert, obwohl sie im Tierversuch vorher als wirksam und sicher eingestuft wurden. Das System ist offenkundig ineffizient. Es wäre wichtig, sich stattdessen auf Forschungs- und Testmethoden zu konzentrieren, die auf den Menschen ausgerichtet sind. Solche humanrelevanten Methoden bieten vielfältige Möglichkeiten für die Forschung. Zum Beispiel können Computer teils schon heute die giftige Wirkung von Chemikalien im menschlichen Organismus voraussagen. Dieses Feld wird sich durch den Gebrauch von künstlicher Intelligenz künftig massiv weiterentwickeln. Zudem verzeichnen auch Methoden, die menschliche Zellen und Gewebe im Labor kultivieren, enorme technologische Fortschritte. So können Lungenschnitte zur Erforschung von Erkrankungen wie Asthma oder Lungenentzündungen herangezogen werden. Miniaturgehirne („Mini-Brains“) können bei der Erforschung neurologischer Erkrankungen helfen.

Mithilfe von Multiorganchips können Forschende die Wirkung von Medikamenten auf mehrere verbundene Organe hin testen.

Besonders bei Testungen giftiger Substanzen nimmt das Wissen um die Fehlbarkeit von Tierversuchen zu. Somit steigt der Bedarf an humanrelevanten Verfahren gerade in diesem Bereich rapide an. Erst kürzlich erkannte dies auch die Europäische Kommission und verpflichtete sich dazu, einen Ausstiegsplan aus Tierversuchen für Giftigkeitstests von Substanzen zu erarbeiten. Damit setzt sie ein klares Signal, dass die Zukunft der Forschung tierversuchsfrei ist. Mit dem Research Modernisation Deal hat ein international vernetztes PETA-Wissenschaftsteam bereits ein Strategiepapier ausgearbeitet. Dieses kann Entscheidungsträgern weltweit helfen, einen Wandel der Wissenschaft hin zu einer modernen Forschung zu schaffen.

www.wissenschaft-statt-tierversuche.de
 

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